Die Energiewende vorantreiben! Was als große Vision einer kleinen Region im bayerischen Fichtelgebirge begann, ist heute ein Leuchtturmprojekt für nachhaltige Energiezukunft. Inzwischen ist Wunsiedel Vorbild für Expert:innen aus aller Welt.
Klimaexpert:innen blicken begeistert auf die nordbayerische Kleinstadt Wunsiedel mit rund 10.000 Einwohnern. Denn dort ist die Energiewende keineswegs mehr eine abstrakte Zukunftsvision, sondern Alltag! Die gesamte Region ist so gut vernetzt, dass sie sich weitestgehend autark über erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Biomasse versorgen kann. Die Wunsiedler Bürger:innen sprechen bei diesem Prozess zur Energiewende vom „Wunsiedler Weg“.
Alles Begann mit einem Problem: Wunsiedel kam mit seiner traditionellen Industrie den rasanten internationalen Entwicklungen nicht mehr hinterher. Die Porzellan- und Textilindustrie musste dicht machen, auf einen Schlag verloren mehr als 600 Menschen ihre Arbeitsplätze. Damit standen viele Existenzen auf der Kippe. Eine Arbeitslosenquote von 15 Prozent und schwindende Bevölkerungszahlen zwang die Kleinstadt zum Umdenken. Die Lösung: In nachhaltige Energien investieren und dabei niemanden zurücklassen!
Doku „Alles auf Grün“ trägt die Idee von Wunsiedel in die Welt
Der Dokumentarfilm „Alles auf Grün – Dieser Weg führt ins Morgen“ erzählt, wie die Wunsiedler Bürger:innen gemeinsam mit Intelligenz und Hartnäckigkeit an der zukunftsweisenden Idee der dezentralen Energieversorgung festgehalten haben – einer Idee, von der heute eine gesamte Region profitiert.
Nicht nur die Energieversorgung ist in Wunsiedel nachhaltig gewährleistet, es wurden auch zahlreiche neue Stellen geschaffen. Damit wuchs der Zusammenhalt der Bürger:innen und es gibt seit langem wieder einen Bevölkerungszuwachs. Sprich: Wunsiedel hat alles richtig gemacht, eine Krise selbstständig erfolgreich bewältigt und dabei den Weg zur Energiewende geebnet.
Mutter Natur als Lobbyistin der Energiewende
Eine lebenswerte Zukunft für Nachkommen gestalten, Ressourcen schonen, Arbeitsplätze für die örtliche Bevölkerung schaffen und Zukunftsvisionen in die Gegenwart tragen: mit dieser Vision hat Marco Krasser, Geschäftsführer der Stadtwerke Wunsiedel SSW Wunsiedel GmbH, ein dezentrales Energiesystem entwickelt, das auf Solar- und Windenergie sowie Biomasse und neuerdings auch auf Wasserstoff basiert.
Marco Krasser hat erkannt, dass wir mit den Ressourcen der Erde auf Pump leben und man umdenken muss, um das Klima zu schonen und die Auswirkungen des Klimawandels zu stoppen. Das Beispiel von Wunsiedel zeigt, dass es weder abstrakt noch weit weg ist, auf erneuerbare Energien zu setzen. Im Gegenteil! Die Energiewende ist umsetzbar und noch besser, es funktioniert!
So gestaltet Wunsiedel die Energiezukunft
Das Besondere an Wunsiedel ist der Grundgedanke, alles so nachhaltig zu nutzen, wie nur möglich. Nichts soll verschwendet werden, weder Ressourcen noch die daraus gewonnene Energie.
Der Kreislauf der dezentralen Energieversorgung basiert dabei auf drei Säulen:
- Erzeugung
- Verteilung
- Speicherung
Sonne, Wind, Wasserstoff und Biomasse erzeugen Wärme und Strom. Die gewonnene Energie wird über smarte Technologien und Netzwerke verteilt und mittels Batteriespeichersystemen gespeichert.
Umgeben von den Wäldern des Fichtelgebirges profitiert Wunsiedel, parallel zu Fotovoltaik- und Windanlagen, von der Ressource Holz. Mit Pelletproduktion lassen sich Strom und Wärme erzeugen, verteilen und speichern. Und auch hier steht Nachhaltigkeit im Vordergrund: Für die Produktion der Pellets muss kein Baum extra gefällt werden, denn die Pellets entstehen aus Holzresten, die in den Betrieben der Umgebung ohnehin anfallen.
Üblicherweise werden diese kleinen Holzpellets zum Heizen genutzt. In Wunsiedel werden sie aber auch eingesetzt, um ein brennbares Gas herzustellen, das wiederum Wärme und Strom erzeugt. Mit dieser Sektorenkopplung, also der Vernetzung von Industrie und Energiewirtschaft kann sich Wunsiedel über das gesamte Jahr mit erneuerbaren Energien versorgen. Im Sommer erzeugt die Sonne über Solaranlagen Strom, im Winter wird Wärme und Strom der verbrannten Pellets genutzt. Und auch der Wind ist bei der Energiegewinnung nicht zu unterschätzen.
Vorreiter: Dezentrale Energiegewinnung im Energiepark Wunsiedel
Rund 100 Millionen Euro wurden über 12 Jahre mittlerweile in den Energiepark Wunsiedel investiert. Eine satte Summe, wenn man bedenkt, dass die Kleinstadt zu Beginn des Wunsiedler Wegs noch nicht einmal einen Investor für eine kleine Solaranlage auf dem Dach der Stadtwerke gefunden hat.
Doch das Konzept ging auf, der Energiepark ist nach und nach gewachsen und hat Partner wie Siemens für sich gewinnen können. Der nächste Schritt zur Produktion von grünem Wasserstoff war logisch: Siemens unterstützte den Bau der Wasserstoffproduktionsanlage. Die Anlage soll bis zu 1.350 Tonnen Wasserstoff pro Jahr produzieren – ausschließlich mit erneuerbarer Energie von Solar oder Wind.
Weil für Siemens der Wunsiedler Weg ein perfektes Beispiel dafür ist, wie die Energiewende gelingen kann, hat das Unternehmen auch die Doku „Alles auf Grün“ produziert, damit die Vision von Wunsiedel mutmachend in die Welt hinaus getragen wird – Im besten Fall lassen sich viele Changemaker dieser Welt davon inspirieren.
In Wunsiedel wird bereits am nächsten Projekt gearbeitet: einer Trockenanlage für Klärschlamm, also den Abfall von Abwasser von Kläranlagen. Durch die Trocknung von Klärschlamm wird Wärme erzeugt und weitergeleitet, um Strom zu erzeugen. Und so entsteht wieder eine sinnvolle Vernetzung der Energiegewinnung und Nutzung.
Mit großer Hartnäckigkeit und der Initiative der Bürger:innnen hat es die Kleinstadt Wunsiedel geschafft und geht ihren nachhaltigen Weg zur smarten Energie-City weiter.
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