„Klimaneutral“, „umweltneutral“, „nachhaltig produziert“ – kaum ein Marketingversprechen wird derzeit so kritisch beäugt wie grüne Claims, deutsche Gerichte habe sie zuletzt reihenweise einkassiert. Was steckt dahinter, und was lässt sich aus den UWG-Abmahnungen lernen?
Zwischen 2022 und 2025 wurden auffallend viele Unternehmen wegen Greenwashing verklagt. Süßwarenhersteller Katjes warb beispielsweise mit „klimaneutralen“ Produkten, die Drogeriekette dm mit „umweltneutralen“ Cremes, der Mineralölkonzern Shell sogar mit „CO₂-neutralem Autofahren“. Dazu kamen „Net-Zero“-Versprechen bei TUI-Kreuzfahrten und „klimaneutrale“ Wandfarben bei Obi, um nur einige zu nennen.
Hinter den Klagen standen meist NGOs wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) oder Verbraucherzentralen. Ihre Motivation: Verbraucher:innen werden ihrer Ansicht nach durch solche Claims in die Irre geführt (nach UWG, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), etwa weil die Details fehlen oder die Aussage zu allgemein ist. Und die Gerichte gaben ihnen in vielen Fällen Recht. Eine Liste der Fälle finden Sie z.B. hier: Greenwashing: UWG-Abmahnungen von Umwelthilfe und Verbraucherzentrale.
UWG-Abmahnungen gegen Greenwashing: ein Schema zeichnet sich ab
Betrachtet man die Fälle im Detail, zeichnen sich doch einige Gemeinsamkeiten heraus, aus denen die nachhaltige Unternehmenskommunikation klare Learnings mitnehmen kann.
Greenwashing wird branchenübergreifend wahrgenommen
Lebensmittel, Mode, Kosmetik, Finanzen, Energie, Tourismus: Es gibt keine Branche, die nicht betroffen wäre. Die Abmahnungen zeigen, dass jedes Nachhaltigkeitsversprechen auf die Goldwaage gelegt werden kann.
Die Greenwashing-Abmahnungen betreffen nicht nur Konzerne, die Nachhaltigkeit vor allem als Marketinginstrument sehen, sondern auch Unternehmen, die Nachhaltigkeit sehr ernst nehmen und als Pioniere gelten.
Das spricht aber nicht gegen Nachhaltigkeitsversprechen als solche – sondern nur gegen schlecht gemachte.
Neutralitätsaussagen sind problematisch
Der Begriff „klimaneutral“ und ähnliches klingt eindeutig, ist aber sowohl sachlich als auch rechtlich mehrdeutig. Unternehmen müssen mindestens klarstellen, ob sie Emissionen wirklich reduzieren oder nur kompensieren – und wie. Ein QR-Code oder eine Website genügt nicht, die Info muss direkt an der Werbeaussage stehen.
Und mit der EmpCo-Richtlinie sind Umweltaussagen der Art, dass ein Produkt „neutrale“, „reduzierte“ oder „positive“ Auswirkungen auf die Umwelt habe, grundsätzlich verboten, wenn sie auf Offsets und Kompensationen außerhalb der Wertschöpfungskette beruhen.
Unmissverständlichkeit ist gut
Gerichte entscheiden nicht selten auf Basis dessen, was die Zielgruppe – also ganz normale Konsument:innen – an einer Umweltaussage verstehen oder missverstehen können. Unternehmen müssen also stets davon ausgehen, dass Kund:innen kein Expertenwissen haben und das ein Missverständnis zum Problem wird, wenn es zugunsten des Produkts ausfällt.
Zu komplexe Sachverhalte können verschleiern, was eigentlich gemeint ist – und sind daher einem Irreführungsverdacht ausgesetzt. Gleiches gilt für vage, allgemeine Begrifflichkeiten. Und wenn die Aussagen ganz präzise und detailliert sind, müssen sie eben auch im Detail belegbar sein.
Cherrypicking ist gefährlich
Cherrypicking ist ein traditionelles Kommunikationsmittel: Man stellt bestimmte positive Aspekte des Produktes in den Vordergrund, negative Aspekte oder möglicherweise relevantere, weiterhin bestehende Probleme werden nicht behandelt.
Doch schon mit dem vorhandenen UWG lässt sich das als Irreführung deuten. Mit der EmpCo wird sich das weiter verschärfen: Unzulässig ist es dann, eine auf das gesamte Produkt bezogene Umweltaussage zu treffen, „obwohl die Umweltaussage tatsächlich nur für einen Teilaspekt des beworbenen Produkts zutrifft“, so der Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EmpCo im Wortlaut.
Allgemeine Umweltaussagen sind irreführend
Worte wie „umweltfreundlich“ oder „umweltneutral“ wirken positiv. Doch sie sind so unscharf, dass Gerichte sie regelmäßig als irreführend werten. Das wird künftig durch das durch die EmpCo verschärfte UWG noch stärker der Fall sein.
Der aktuelle Entwurf der UWG nennt hier ganz konkret Begriffe wie „umweltschonend“, „grün“, „naturfreundlich“, „ökologisch“, „umweltgerecht“, „klimafreundlich“, „umweltverträglich“, „CO2-freundlich“, „energieeffizient“, „biologisch abbaubar“ und „biobasiert“ und ähnliche Aussagen, sofern sie ohne nähere Erläuterung verwendet werden.
Konkrete Umweltaussagen brauchen Belege
Nicht jede allgemeine Umweltaussage ist pauschal verboten; sie ist nur dann unzulässig, wenn „die mit ihr herausgestellte hervorragende Umweltleistung nicht nachgewiesen werden kann“. Und bei Green-Claims-Allgemeinplätzen ist das eben häufig der Fall.
Nun könnte das Gegenteil ein Ausweg sein: Einfach sehr konkret und spezifisch sein. Ja – aber nur, wenn die konkrete Umweltaussage tatsächlich belegt werden kann: mit anerkannten, wissenschaftsbasierten Methoden.
Keine Zukunftsversprechen ohne Umsetzungsplan
Klimaziele wie „Emissionsreduktion um 50% bis 2050“ klingen beeindruckend. Doch daran ist prinzipiell schon aus Kommunikationssicht auszusetzen, dass diese Zukunft noch zu fern ist. Schlimmer noch ist aber, dass solche Versprechen derzeit eher als irreführend bewertet werden. Bloße Absichtserklärungen reichen also nicht mehr.
Wenn „eine Umweltaussage eine noch nicht erbrachte, zukünftige Umweltleistung anpreist“, muss hinter ihr ein belastbarer, detaillierter, öffentlich einsehbarer Umsetzungsplan stehen. Er muss klar, objektiv, öffentlich zugänglich und überprüfbar sein und „regelmäßig von einem unabhängigen externen Sachverständigen überprüft werden“.
Hier können SBTi und ähnliche Systeme helfen, lesen Sie dazu auch das SAIM Whitepaper Die 6 Elemente eines erfolgreichen Klimamanagements.
Trotz UWG-Abmahnungen: Richtig werben mit Green Claims
Die meisten Abmahnungen und Klagen gegen Umweltaussagen berufen sich auf das aktuelle UWG. Die EmpCo-Richtlinie der EU ist 2024 in Kraft getreten, die deutsche Umsetzung als Teil des UWG wird spätestens März 2026 erwartet, die Anwendung im UWG ab Ende September 2026. Dann wird sich die Situation verschärfen: Vage, unbelegte oder irreführende Claims haben dann kaum noch Chancen.
Für Greenhushing, also für das Verschweigen von Umwelt- und Nachhaltigkeitsengagement, besteht kein Anlass. Wohl aber gibt es Anlass zur Eile: Denn wer weiter mit Nachhaltigkeit werben, zugleich die damit verbundenen Risiken vermeiden will, sollte seine Kommunikation jetzt auf den Prüfstand stellen – und gegebenenfalls nachjustieren.
Vertiefende Informationen finden Sie im Utopia-Whitepaper zu Green Claims
Werbung mit Umweltvorteilen ist nicht verboten – sie muss nur besser werden
Ihre Kaufentscheidungen fällen Konsument:innen nach wie vor auch auf Basis nachhaltiger Produkteigenschaften, wie die UTOPIA-Studie 2024 gezeigt hat. Es wird allerdings nicht leichter werden, Umweltvorteile zu kommunizieren, wenn das verschärfte UWG viele der heute übliche Umweltaussagen abräumt.
Werbung muss dann präziser, substanzieller und treffender sein. Umso wichtiger ist, diese Werbung im richtigen Kontext für affine Zielgruppen zu platzieren und so das 71-Prozent-Potential der Nachhaltigkeitskommunikation zu erreichen.
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Auch das Werbeumfeld muß stimmen
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