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Affenpocken: Lauterbach will 21 Tage Isolation – WHO hält Massenimpfung für nicht notwendig

Affenpocken: WHO hält Massenimpfung für nicht nötig
Foto: dpa/ Martin Bühler

Die Affenpocken breiten sich auch in Deutschland aus. Expert:innen warnen vor Panikmache und sehen keine Notwendigkeit in einer Massenimpfung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plädiert unterdessen für drei Wochen Isolation von Infizierten.

Nach dem Auftreten erster Fälle von Affenpocken in Deutschland bereitet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Eindämmungsmaßnahmen vor. Für Infizierte soll generell eine angeordnete Isolation von mindestens 21 Tagen empfohlen werden. Das sagte Lauterbach am Dienstag am Rande des Deutschen Ärztetages in Bremen. Er betonte zugleich, was man aktuell mit den Affenpocken erlebe, sei „nicht der Beginn einer neuen Pandemie“. Es handele sich um einen bekannten Erreger, und man wisse, wie man ihn bekämpfen könne.

Am Rande der Weltgesundheitsversammlung in Genf sagte der SPD-Minister am Montag, dass zudem über Impfempfehlungen für besonders gefährdete Personen nachgedacht werde. Er habe schon Kontakt mit einem Hersteller aufgenommen, der Impfstoffe spezifisch für Affenpocken herstellt, so Lauterbach.

Massenimpfung nicht nötig

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab im Vorfeld bekannt, dass Massenimpfungen gegen die Affenpocken derzeit nicht nötig sind. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, braucht es Maßnahmen wie Hygiene und präventives Sexualverhalten, so Richard Pedoby, Leiter des Teams für Krankheitserreger bei der WHO Europa, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, ist wegen der höheren Risiken für Ungeimpfte dennoch für ein Impfangebot. „Es wäre deswegen sinnvoll, allen Jüngeren, die nicht mehr unter die Pockenimpflicht gefallen sind, jetzt ein Impfangebot zu machen“, sagte er der Funke Mediengruppe. „Wir sollten dabei in erster Linie an die aktuell besonders gefährdeten Gruppen denken – also in der Regel jüngere Männer mit vielen wechselnden Sexualkontakten.“

In der Bundesrepublik sei eine Pockenimpfung bis 1975 für Einjährige Pflicht gewesen, in der DDR sei die Impfpflicht 1982 aufgehoben worden, heißt es in dem Bericht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Eine Narbe einer Pockenimpfung ist an einem Oberarm sichtbar. Die Pocken zählten lange zu den gefährlichsten Krankheiten überhaupt für den Menschen. Impfstoffe brachten die Rettung, seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei.
Eine Narbe einer Pockenimpfung ist an einem Oberarm sichtbar. Die Pocken zählten lange zu den gefährlichsten Krankheiten überhaupt für den Menschen. Impfstoffe brachten die Rettung, seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

„Aktuell scheinen die Risikoexpositionen vorwiegend sexuelle Kontakte unter Männern zu sein“, hieß es auch vom BMG. „Expositionsorte der in Deutschland bislang bekanntgewordenen Fälle waren Party-Veranstaltungen, unter anderem auf Gran Canaria (Spanien) und in Berlin, bei denen es zu sexuellen Handlungen kam.“

Auch wenn die weltweit erfassten Infektionen derzeit in erster Linie Männer betreffen, die Sex mit anderen Männern hatten: Eine Übertragung ist generell bei engem Kontakt und über kontaminierte Materialien möglich. Die Weitergabe über die Luft spielt – anders als etwa bei Corona – hingegen kaum eine Rolle.

Expert:innen: Affenpocken keine neue Pandemie

Fachärzt:innen in Deutschland sehen, ebenfalls als Unterschied zu Corona, keine neue Pandemie aufziehen. „Die Gefahrensituation ist gering, weil das Virus nur durch engen Körperkontakt, also über Körperflüssigkeiten oder Krusten, weitergegeben wird und nicht durch Tröpfcheninfektion wie Niesen, Husten oder Sprechen“, sagte Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). Die coronabedingte Wachsamkeit werde dazu führen, Kontaktpersonen von Infizierten rasch zu identifizieren. Es komme „wahrscheinlich keine neue Epidemie auf uns zu“.

Keine große Auswirkung unter Kindern erwartet

Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, sagte der NOZ, das Affenpocken-Virus sei „weit weniger ansteckend als Corona“ und werde fast nur durch „engen Körperkontakt und Körperflüssigkeiten“ übertragen. Kinder, bei denen zumindest nach Daten aus Afrika eine höhere Sterblichkeit vorkommt, gehörten nicht zu denjenigen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko.

Auch Infektiologe Tenenbaum erwartet keine große Ausbreitung unter Kindern und Jugendlichen: „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich in der momentanen Lage in Europa Kinder mit Affenpocken anstecken.“ Es seien auch keine Fälle bekannt, „in denen sich Affenpocken in Europa innerhalb von Familien ausgebreitet haben“. Aus diesem Grund „brauchen sich Eltern aktuell keine Sorgen zu machen.“

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