Shein steht für seine Ultra-Fast-Fashion in der Kritik. Ein Schweizer Sender hat nun Retouren der chinesischen Produkte per GPS-Tracker verfolgt. Die Ergebnisse zeigen neue Dimensionen des Retouren-Wahnsinns auf.
Der Schweizer Sender SRF hat für seine Format Kassensturz ein Experiment durchgeführt: Das Team versteckte im November 2022 GPS-Tracker in drei Shein-Produkten, und sendete sie von Genf aus anschließend als Retouren zurück. Dann verfolgten sie die Wege, die die Kleidungsstücke zurücklegten. Shein bietet Ultra-Fast-Fashion an: besonders billige Kleidung, die Näher:innen im Akkord herstellen müssen.
GPS-Tracker zeigt: Shein-Retouren reisen um die Welt
Bei den drei retournierten Produkten handelte es sich um eine schwarze Jeansjacke, einen Rucksack und eine kleine gelbe Tasche. Wie der SRF berichtet, werden alle Gegenstände zunächst zu einem Lager nach Bern geschickt und kontrolliert, wonach das Team das für die Produkte gezahlte Geld zurückerhält. Dann reisten die Produkte durch Häfen in Rotterdam, Hamburg, Brügge und Valencia. Nach Europa geht es nach Asien, erst nach Singapur, dann Hong Kong. Dort werden die Produkte laut GPS-Daten mehrere Tage lang auf dem Hafenareal bewegt und dann in verschiedene Richtungen verschickt.
Die Jeansjacke wird von Hong Kong nach Anchorage geflogen, die größte Stadt Alaskas, und anschließend wieder per Flugzeug nach Mexico City. Auf dem Landweg reist sie weiter in ein Wohngebiet, wo sie im Februar ankommt.
Der Rucksack reist per Flugzeug von Hong Kong nach Sydney, laut GPS-Daten bleibt er in einem Wohngebiet im Vorort der australischen Stadt. Die gelbe Tasche wird nach Taipeh in Taiwan geflogen, dann nach Los Angeles, USA durchquert die Vereinigten Staaten, bis zu einem Wohngebiet in Lancaster, Pennsylvania.
Alle Objekte scheinen also weitererkauft worden zu sein. Um sicher zu gehen, schickt das Schweizer Fernsehteam eine US-Korrespondentin zu der Adresse in Lancaster. Mithilfe des GPS-Trackers schafft sie es, die Tasche in einem Privathaus aufzuspüren. Die Bewohner:innen geben an, die Tasche vor kurzem auf Shein gekauft zu haben.
Retouren legten fast 100.000 Kilometer zurück
Die drei per GPS-Tracker verfolgten Produkte haben seit der Retour sehr weite Strecken zurückgelegt. Laut SRF kommen sie gemeinsam auf fast 100.000 Kilometer. Zum Vergleich: Auch Retouren des Online-Händlers Zalando wurden im März per GPS getrackt, wie Utopia berichtete. Für Recherchen des SWR-Investigativ-Formats Vollbild, der Zeit und des Recherche-Startups Flip wurden 10 Produkte verfolgt, die insgesamt mindestens 28.822 Kilometer zurücklegten – also nur ein Drittel der Strecke der Shein-Retouren. Schon diese Strecke wurde als „ökologische Katastrophe“ bezeichnet. Die Zalando-Produkte konnten jedoch nicht zu Privathaushalten weiterverfolgt werden – keines der Kleidungsstücke wurde im Zeitraum der Recherche offenbar weiterverkauft.
Der Transport von Retouren über weite Strecken, per Schiff und Flugzeug, produziert viele klimaschädliche Emissionen. Laut SRF habe alleine der Transport der kleinen, gelben Tasche 6 Kilo CO2-Emissionen verursacht, die Emissionen durch die Produktion schätzt das Team auf 1 Kilo CO2. 7 Kilo mögen nach nicht viel klingen, doch der chinesische Online-Händler soll allein 2021 16 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht haben. Die Marke ist für günstige Kleidung bekannt, es werden also jährlich zahllose Kleidungsstücke verkauft – und retourniert.
Das Experiment von SRF gibt es als Ausschnitt auf YouTube zu sehen:
Vielseitige Kritik an Shein
Der Modehändler Shein gilt als noch günstiger als etablierte Fast-Fashion-Marken wie H&M. Die Kleidung besteht überwiegend aus Polyester, Lieferketten sind intransparent. NGOs haben zudem bereits bei einigen Firmen, die für Shein produzieren, schlimme Arbeitsbedingungen aufgedeckt. Eine Greenpeace-Analyse fand gefährliche Chemikalien auf Kleidung von Shein.
Verwendete Quellen: YouTube/ SRF Kassensturz, Statista
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