Der Deutsche Bundestag macht den Weg frei für legales Cannabis. Kurz vor der Abstimmung warb Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) um Zustimmung der Abgeordneten – und nannte Cannabis ein „Gehirngift“.
Der Bundestag hat die Teil-Legalisierung von Cannabis beschlossen. Dafür stimmten 407 Abgeordnete, mit Nein 226 Abgeordnete, es gab 4 Enthaltungen. Das Gesetzt sieht eine Freigabe mit zahlreichen Regeln und Vorgaben vor. Anbau und Besitz bestimmter Mengen für den Eigenkonsum sollen demnach für Volljährige vom 1. April an erlaubt sein. Das beschlossene Gesetz muss abschließend in den Bundesrat, zustimmungsbedürftig ist es dort aber nicht.
Das gilt bald für Cannabis
Für Erwachsene ab 18 Jahren ist dann grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Freiverkäuflich wird Cannabis durch das Gesetz aber nicht sein. Vielmehr sollen nur lizenzierte Geschäfte ausschließlich in sogenannten Modellregionen die Droge verkaufen dürfen.
Das Gesetzt sieht außerdem nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ für Volljährige vor, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben dürfen – im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.
Lauterbach warb um Zustimmung – Cannabis könne wie „Gehirngift“ wirken
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zuvor um Unterstützung für die geplante teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland geworben. Die Lage derzeit sei “in keiner Weise akzeptabel“, sagte der SPD-Politiker am Freitag im Bundestag mit Blick auf steigende Zahlen von Konsument:innen und „toxische Konzentrationen“ in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel.
„Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels.“ Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle mit dem Gesetz zur kontrollierten Freigabe ein legales Angebot geschaffen werden.
Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor. „Wir verharmlosen nicht.“ Viele junge Menschen wüssten bisher nicht, dass Cannabis-Konsum für das wachsende Gehirn wie ein „Gehirngift“ wirke. Die Entwicklung des Frontalhirns gilt laut Mediziner:innen zufolge erst mit Mitte 20 als abgeschlossen.
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Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther sagte: „Wir beenden die schädliche Verbotspolitik. Wir geben das Hanf frei.“ Dies stärke den Gesundheits- und Jugendschutz. Die FDP-Fachpolitikerin Kristine Lütke sprach von einem „historischen Wendepunkt“ der Cannabispolitik hin zu einem Umgang, der der gesellschaftlichen Realität entspreche.
Mit Cannabis aus Eigenanbau wüssten Konsument:innen, woher es komme. Zudem werde der Weg zum Dealer:innen und anderen, weitaus gefährlicheren Drogen deutlich länger.
Kritik am neuen Gesetz
Ärztepräsident Klaus Reinhardt widerspricht. Er hatte vor der Abstimmung im Bundestag vor den Gefahren der Droge Cannabis gewarnt. „Cannabis ist eine Substanz, die erstens ein Abhängigkeitspotenzial hat, circa zehn Prozent der regelmäßigen oder der Nutzer von Cannabis haben eine Abhängigkeit“, sagte Reinhardt am Freitag im Morgenecho von WDR5.
Zweitens könne es bei regelmäßigem Konsum bis zum 25. Lebensjahr zu bleibenden Schäden im Hirnreifungsprozess kommen. „Das ist eine Droge, die ein hohes Gefahrenpotenzial besitzt und die kann man nicht legalisieren.“
Die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt sprach am Freitag im Parlament von einem „völlig unnötigen, verworrenen Gesetz“. Ärzt:innen, Polizist:innen und Psychotherapeut:innen hätten vor den Plänen gewarnt – alle Innenminister der Bundesländer hätten sich dagegen ausgesprochen. „Und Sie, liebe Ampel, machen trotzdem, was Sie wollen“, sagte sie. „Der Kinder- und Jugendschutz ist in Ihrem Gesetz nicht mehr als ein reines Lippenbekenntnis.“
Borchardt sagte, der dann erlaubte Anbau von Cannabis zu Hause sei nicht zu kontrollieren. Das gelte genauso für den Plan, dass das Kiffen auf Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen und auch in Sichtweite davon untersagt werde.
Mit Material der dpa
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