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„Eine Mutation in diesem Gen“: Wieso erkranken Männer schwerer an Corona?

"Eine Mutation in diesem Gen": Wieso erkranken Männer schwerer an Corona?
Foto: CC0 / Pixabay - OrnaW

Drei Viertel aller Corona-Erkrankten mit schwerem Verlauf sind Männer. Auch ihr Risiko, an Covid zu sterben, ist höher als bei Frauen. Eine Studie hat mögliche Gründe ermittelt.

Die Zahl der im Labor bestätigten Corona-Infektionen in Deutschland steigt wieder an – wenn auch auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Diese Entwicklung lasse sich seit etwa einem Monat erkennen, wie die Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch-Institut (RKI) in ihrem aktuellen Bericht zur Bewertung der epidemiologischen Lage erläutert. Utopia berichtete.

Laut Tagesschau sind etwa drei Viertel aller Covid-Intensivpatient:innen Männer. Auch ist deren Risiko, an Covid-19 zu sterben, im Vergleich deutlich höher als das von Frauen. Ursachen für die beobachteten Unterschiede hat es bisher nicht gegeben. Nun aber zeigt eine Studie eines internationalen Forschungsteams, veröffentlicht im Fachmagazin Cell Reports Medicine, dass die Schwere einer Covid-Infektion bei Männern mit einem metabolischen Ungleichgewicht zusammenhängt.

Vor allem „niedrige Testosteron-Werte beim Mann korrelierten mit einem schweren Infektionsverlauf“, erklärt Gülsah Gabriel, Virologin am Leibniz Institut für Virologie in Hamburg und der Stiftung Tierärztliche Hochschule in Hannover, gegenüber der Tagesschau. 

Dieses Gen spielt eine zentrale Rolle

Um die Ursachen des Phänomens greifbar zu machen, untersuchte das von Gabriel geleitete Forschungsteam die Gene von nahezu 3000 an SARS-CoV-2 erkrankten Personen. Dabei analysierten sie vor allem ein Gen genauer, das den Stoffwechsel von Testosteron beeinflusst: CYP19A1.

Dieses Gen ist bekannt dafür, eine sogenannte Aromatase anzustoßen – einen Prozess, bei dem der Körper Testosteron abbaut und in Östrogen umwandelt. Denn auch der männliche Körper benötigt das weibliche Hormon Östrogen, etwa zum Zweck des Knochenstoffwechsels oder der Fruchtbarkeit.

Offenbar könne dieser Prozess aber durch eine Mutation von CYP19A1 gestört werden, wie das Forschungsteam bei der Auswertung von Daten feststellte, die eine Gruppe von Humangenetiker:innen der Universität Siena in Italien während der Pandemie gesammelt hatte.

So haben die Forscher:innen im Rahmen genetischer Untersuchungen an den Erkrankten herausgefunden, dass vor allem Männer, die im dortigen Krankenhaus behandelt werden mussten, auffällig oft „eine Mutation in diesem Gen“ tragen, betont Studienleiterin Gabriel gegenüber der Tagesschau.

Genetische Mutation steht im Zusammenhang mit schweren Covid-Verläufen

Laut Tagesschau ist diese genetische Mutation in der allgemeinen Bevölkerung relativ selten. Von den Männern, die aufgrund eines schweren Covid-Verlaufs intensivmedizinisch behandelt werden mussten, sei sie jedoch in 69 Prozent der Fälle aufgetreten, berichtet Gabriels Forschungsteam.

Bei vergleichenden Experimenten mit anderen Viren wie SARS-CoV-1 oder Influenza kam es nicht zu einem intensiveren Abbau von Testosteron. Hieraus folgerten die Forschenden, dass die genetische Variante durch eine Infektion mit SARS-CoV-2 dazu angeregt wird, die Umwandlung von Testosteron in Östrogen zu intensivieren. 

Anschließend untersuchten die Forschenden auch Proben von Patient:innen, die aufgrund einer Coronavirus-Infektion verstorben sind. Sie entdeckten, „dass auch im Lungengewebe der Männer, die an Corona verstorben sind, die Aktivität dieses Gens immer noch sehr stark ausgeprägt ist“, hält die Virologin Gabriel gegenüber der Tagesschau fest.

Das könnte auch erklären, so die Forschenden, warum eine Erkrankung mit dem Coronavirus bei Männern oft zu schweren Lungenproblemen führe und überproportional häufig tödlich verlaufe.

Verwendete Quellen: Tagesschau, Cell Reports Medicine, Arbeitsgemeinschaft Influenza (Robert-Koch Institut)

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