Eine Runde in eiskaltem Wasser schwimmen: Eisbaden wird unter anderem in den Sozialen Medien empfohlen. Was aber bringt dem Körper die Überwindung? Und wie bereitet man sich auf das Eisbaden vor?
Immunsystem und Psyche stärken: Eisbaden werden viele positive Effekte nachgesagt. Was ist da dran?
„In der Wissenschaft gibt es keine sicheren Befunde zu positiven Gesundheitseffekten“, sagt der Sportmediziner Prof. Martin Busse mit Blick aufs Eisbaden. Aber: Es gebe viele Hinweise auf günstige Effekte – konkret darauf, dass es das Risiko für Atemwegsinfekte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren und zu einer verbesserten Stresstoleranz führen könnte.
„All dies gilt natürlich nur für regelmäßiges Kaltwasser-Baden, also nicht nur für ein einmaliges Baden bei irgendeinem speziellen Anlass“, stellt Busse klar, der die sportmedizinische Hochschulambulanz in Leipzig leitet.
Eisbaden: Herzrhythmusstörungen ist ein Risiko
Was genau passiert im Körper, wenn wir in kaltem Wasser baden? Beim Eisbaden finden zwei gegenläufige Effekte im Körper statt, wie Constantin Falcoianu vom Online-Portal eisbaden.de beschreibt. Die Herzfrequenz sinkt, der Blutdruck steigt an.
„Diese teilweise entgegengesetzten Reaktionen erhöhen das Herzrisiko“, erklärt Mediziner Busse. Besonders bei Untrainierten könnten dann Herzrhythmusstörungen auftreten. Grund genug, den ersten Versuch behutsam anzugehen – und sich vorher sicherheitshalber noch einmal von Ärzt:innen durchchecken zu lassen. Wer eine Herz- oder Gefäßerkrankung hat, sollte auf das Eisbaden komplett verzichten.
Wie bereitet man sich auf das Eisbaden vor?
Den ersten Schritt in Richtung Eisbad startet man am besten im heimischen Badezimmer – und zwar, indem man kalt duscht. Dazu rät Falcoianu, der selbst seit mehr als zehn Jahren regelmäßig Eisbaden geht.
„In der ersten Woche können es nur kurze Intervalle sein, die man dann sukzessive nach oben schraubt“, sagt Falcoianu. Dank der kalten Duschen kann sich der Körper nach und nach an Kälte gewöhnen.
Das kann heißen: In einer Woche duscht man 15 Sekunden am Stück kalt, in der folgenden verdoppelt man auf 30 Sekunden. Dann steigert man sich auf 45 Sekunden und schließlich auf 60 Sekunden. Wer nach diesem Schema vorgeht, sollte nach rund einem Monat bereit für das erste Eisbad sein.
Was sind die wichtigsten Regeln fürs Eisbaden?
Falcoianu rät zu flachen Gewässern. „Dadurch hat man einen leichten Einstieg und kann in einer Notsituation schnell reagieren und aus dem Wasser gehen.“ Gefährlich hingegen sind steil abfallende Ufer. „Grundsätzlich gilt: nie allein, nie ohne möglichen Bodenkontakt, Schwimmen nur direkt an der Uferlinie und immer für Helfer erreichbar sein“, fasst Martin Busse zusammen.
Übrigens: Auch die Regentonne oder das Badefass im Garten sind eine Option. Dort fällt der Einstieg ins Eisbaden oft leichter, weil man seine gewohnte Umgebung nicht verlassen muss.
Wie beim klassischen Schwimmen im Sommer gilt übrigens auch beim Eisbaden: nicht mit vollem Magen ins Wasser. „Die Verdauung wird beim Eisbaden unterbrochen und dadurch wird das Essen im Magen länger nicht verdaut“, sagt Falcoianu.
Wie lange darf man ins kalte Wasser?
Die Länge der ersten Badeeinheit ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab. In Wasser, das 12 Grad hat, hält man es schließlich länger aus als bei einer Wassertemperatur von 5 Grad.
Dabei muss man eine Unterkühlung unbedingt vermeiden, sagt Martin Busse. „Man erkennt sie durch beginnendes Kältezittern, das immer auf einen Abfall der Körperkerntemperatur schließen lässt.“ Tritt es auf, sollte man das Wasser unbedingt verlassen. „Im Zweifel können 30 Sekunden schon viel sein.“
Auch Falcoianu rät dazu, sich langsam heranzutasten und sich nicht zu überfordern. „In unseren Eisbade-Gruppen sagen wir immer, dass man primär nach dem Körpergefühl gehen sollte. Natürlich ist es eisig kalt und der Kopf sagt gleich: Es geht gar nicht.“ Trotzdem empfehle er, etwa zwei Minuten im Eiswasser zu bleiben. „Das ist in der Regel machbar und bringt den maximalen Benefit.“
Und danach?
Wenn man das Wasser verlässt, liegt der Bademantel bestenfalls schon bereit. Es kann auch helfen, nach dem Ankleiden sofort in Bewegung zu kommen. „Bei angemessener Dauer ist die Kerntemperatur ja nicht abgesunken und es kann ein nachhaltiges Wärmegefühl entstehen“, erklärt Busse.
Constantin Falcoianu hält das Aufwärmen für einen der wichtigsten Momente beim Eisbaden. „Nach dem Eisbad setzt der sogenannte „After Drop“ ein“, erklärt er. „Dabei öffnen sich die Blutgefäße wieder und das kalte Blut der Peripherie vermischt sich mit dem warmen Blut aus dem Körperinneren.“ Dadurch komme es erstmal zu einem deutlichen Kältegefühl.
Beim Aufwärmen sollte man dem Körper genug Zeit geben. „Wenn man sich zu schnell aufwärmt, löst sich die Verengung der Blutgefäße schlagartig und das kalte Blut aus der Körperschale fließt zu schnell zurück in den Körperkern. Dies kann lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen“, warnt Falcoianu.
Der richtige Weg sei, in einen angenehm temperierten Raum zu gehen und sich warm zu zittern. „Dabei kann man sich in eine Decke dick einpacken, eventuell auch ein Wärmekissen oder eine Wärmeflasche dazu nehmen.“ Und dann gilt: Einfach nur genießen – und stolz sein, dass man sich überwunden hat.
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