Die FSME-Infektion einer Frau, die in der Dübener Heide Blaubeeren sammelte, weckte die Neugier eines Forschungsteams der Universität Leipzig. Dieses untersucht das Gebiet nun genauer auf Zecken. Das Ergebnis? „Extrem.“
Steigende Temperaturen und Sonnenschein locken im Frühling viele Menschen in die Natur. Die Freude auf die Zeit im Grünen wird jedoch begleitet von der Sorge vor einem Zeckenstich. „Zecken bevorzugen nicht zu trockene Standorte mit Laub, Laubstreu, dichteren Wiesen, Gebüsch, Parks, die nicht sehr gut gepflegt sind, und eben auch Totholz. Und dort sind eben auch exponierte Stellen, wo sie sich dann drauf befinden“, sagt Lara Maas, Tierärztin und Doktorandin an der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Dort würden sie in circa 10 bis 50 Zentimetern Höhe auf ihren Wirt lauern. Zecken können weder springen noch von Bäumen fallen, wie die Forscherin betont. Sie warten am Wegesrand.
„Kinderstube der Zecken“
Maas untersucht in ihrer Doktorarbeit Gebiete, in denen Infektionen mit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) stattgefunden haben. Zu Maas‘ Forschungsgebieten gehört ein Stück Wald beim Doberschützer Ortsteil Battaune in der Dübener Heide in Sachsen.
Auf dieses Gebiet wurde Maas durch den Tipp einer Frau aufmerksam, die sich dort beim Heidelbeersammeln infiziert und das Team darüber informiert hatte. Ein idealer Standort für Zecken, denn die Heidelbeersträucher sind eine beliebte Nahrungsquelle für Nagetiere wie Mäuse, die den Spinnentieren besonders im Larvenstadium als Wirtstiere dienen und daher auch als „Kinderstube der Zecken“ gelten. Sie tragen das FSME-Virus oftmals in sich und geben es dann an die Zecken weiter, die sich von ihrem Blut ernähren. Diese übertragen das FSME-Virus dann auf den Menschen.
Zeckenpopulation wächst durch mildere Winter
Tatsächlich stellte sich heraus: In diesem Areal gibt es besonders viele Zecken. Das macht sich auch schnell auf den sogenannten Flaggtüchern bemerkbar. Die weißen Baumwolltücher sind etwa einen Quadratmeter groß und werden an langen Bambusstöcken befestigt. Mit ihnen streichen Maas und ihre Kollegin Sara Weilage über den Waldboden. Nach nur wenigen Metern haben sie bereits einige der Spinnentiere eingesammelt. „Hier ist es schon extrem. Hier haben wir sogar ganzjährig Zeckenaktivität. Selbst nach Schnee und Eis konnten wir im Januar sogar einige Zecken finden, aber das ist nicht immer so“, sagt Maas. Es komme auf die Vegetation und das Wirtsvorkommen an.
Erkennbar ist jedoch, dass die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen für die Zecken günstige Bedingungen mit sich bringen. Um die Spinnentiere abzutöten, seien Temperaturen unter minus zehn Grad über mehrere Wochen hinweg nötig, sagt Maas. „Das haben wir natürlich im Moment nicht aufgrund der immer milder werdenden Winter und dementsprechend wächst auch die Population der Zecken an.“
In Deutschland kommt der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) am häufigsten vor, daneben gibt es auch die Auwald- oder Wiesenzecke (Dermacentor reticulatus) und weitere Arten der Gattung Haemaphysalis, wie Maas erklärt. Im Forschungsgebiet in der Dübener Heide finden die Forscherinnen vor allem die Auwaldzecke. Sie ist vergleichsweise groß. Schon mit bloßem Auge lässt sich das Leopard-ähnliche Muster auf ihrem Schild am Rücken erkennen, das bei Männchen den ganzen Körper und bei Weibchen nur den vorderen Teil bedeckt.
Nur bei geringem Anteil der Zecken FSME-Virus
Die eingesammelten Zecken geben Maas und Weilage mit Pinzetten in kleine, mit dem Fundort beschriftete Röhrchen. Dann werden sie an ein Labor in München geschickt, das die Parasiten auf das FSME-Virus und Borrelien testet.
Der Anteil infizierter Zecken ist bei FSME gering: Nur etwa 0,5 bis 1 Prozent tragen das Virus in sich, wie Maas erklärt. Eine gute Nachricht, denn die Übertragung auf den Menschen erfolgt laut Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) schon innerhalb kurzer Zeit nach dem Stich. Hier kann es beim Entfernen der Zecke von der Haut schon zu spät sein, um eine Ansteckung zu verhindern. Anders ist es demnach bei Borrelien, bei denen die Übertragung ein bis zwei Tage dauert. Allerdings tragen bis zu 30 Prozent der Zecken diese Bakterien in sich.
Laut Informationen des RKI zählen bei Menschen die Bakterieninfektion Borreliose und FSME zu den bedeutendsten durch Zecken übertragenen Infektionskrankheiten. Borreliose ist eine Bakterienkrankheit, die mit Rötungen und grippeähnliche Symptomen einhergeht, aber auch Herz oder Hirn schädigen kann. FSME wiederum ist eine Viruserkrankung, gegen die man sich im Gegensatz zur Borreliose impfen lassen kann. Sie kann zu grippeähnlichen Symptomen führen und in besonders schweren Fällen zu einer Hirnhautentzündung. Fast ganz Sachsen zählt laut RKI zu den FSME-Risikogebieten, Leipzig und der Landkreis Nordsachsen, in dem Doberschütz liegt, jedoch bisher nicht.
Die Sorge vor den Zecken sollte aber nicht vom Waldbesuch abhalten, denn der Schutz ist vergleichsweise einfach. Maas empfiehlt: „Auf jeden Fall entsprechende Kleidung tragen, also geschlossene Schuhe, am besten helle Kleidung, damit Zecken auch sofort auffindbar wären, wenn man denn eine eingesammelt hat, und auch auf freie Hautstellen Repellenzien sprühen, also Anti-Zecken-Spray“. Nach dem Waldbesuch sollte man den Körper gründlich absuchen. Zum Schutz vor einer FSME-Erkrankung raten die Forscherinnen zur Impfung. Für Hunde empfehlen die Forscherinnen ganzjährigen Zeckenschutz, auch in Städten wie Leipzig.
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