Eine Studie legt nahe, dass Frauen nicht nur aufgrund gesünderer Gewohnheiten statistisch länger als Männer leben. Die Forschenden vermuten, dass auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Molekularbiologie eine Rolle spielen.
Dass Frauen* durchschnittlich länger leben als Männer führten Gesundheitsexpert:innen bislang vornehmlich auf einen gesundheitsbewussteren Lebensstil zurück. Denn: Frauen nehmen häufiger Vorsorgeangebote wahr und suchen bei Beschwerden eher ärztliche Hilfe auf. In manchen Ländern leben Frauen mehr als 10 Jahre länger. Auch unabhängig davon, ob ihnen ein gut ausgebautes Gesundheitssystem zur Verfügung steht.
Eine Studie des Kölner Max-Planck-Instituts für die Biologie des Alterns legt nun in Kooperation mit einem Team vom University College in London nahe, dass das höhere Alter von Frauen auch biologisch erklärbar sein könnte: Im Fruchtfliegenversuch konnte das Anti-Aging-Präparat Rapamycin die Lebensspanne der weiblichen Tiere verlängern, nicht jedoch das der männlichen.
Die Forschenden vermuten, dass physiologisch-biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern den Alterungsprozess und damit die Lebensdauer beeinflussen. Auch weibliche Fruchtfliegen leben länger als die männlichen. Da Fruchtfliegen in der Regel nur drei Monate alt werden, können Alterungsprozesse an ihnen sehr viel schneller untersucht und Ergebnisse kurzfristiger erreicht werden.
*Hinweis: Mit „Frauen“ und „Männer“ ist im Kontext dieses Artikels das biologische Geschlecht gemeint.
Das Recycling-System der Zellen wurde beeinflusst
Konkret geht es um einen zellulären Prozess im Darm, der nur bei den weiblichen Fruchtfliegen durch das Anti-Aging-Präparat verstärkt wurde. Dieser in Zellen natürlich stattfindende Prozess, auch Autophagie genannt, ist für das Recycling-System der Zellen verantwortlich.
Umgangssprachlich ist auch von der „Müllabfuhr der Zelle“ die Rede. Da sie durch Rapamycin angekurbelt wurde, so das Resümee der Forschenden, wurde auch der Alterungsprozess in den weiblichen Fliegen aufgehalten.
Die bisherige Erklärung laut Studie: Das Geschlecht diverser Zellen der Darmschleimhaut bestimmt nicht nur die Basalrate der Autophagie, sondern auch die Verlängerung der Lebensspanne als Reaktion auf Rapamycin. Möglicherweise funktioniert bei weiblichen Fruchtfliegen die Autophagie also anders.
Auch Versuch mit Mäusen legt ähnlichen Schluss nahe
Das ist offenbar nicht trivial, da die Autophagie mit zunehmendem Alter schlechter funktioniert, wie Ina Huppertz vom Kölner Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns im Gespräch mit der Tagesschau erzählt. Sammelt sich dadurch fehlerhaftes zelleigenes Material im Körper an, kann das Krankheiten wie Diabetes, Parkinson oder Alzheimer begünstigen.
Ein Versuch mit Rapamycin bei Mäusen am Max-Planck-Institut in Köln hatte zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Fliegen-Studie geführt. Bei den weiblichen Mäusen konnte ebenfalls Autophagie durch Rapamycin intensiviert werden. Auch hier wurde der Alterungsprozess nur bei den Weibchen gehemmt.
Weitere Studien erforderlich
Seit Längerem ist bekannt, dass die Autophagie die Alterungsprozesse von Lebewesen beeinflusst. Doch inwieweit das biologische Geschlecht auch beim Menschen Einfluss auf die Lebensspanne nimmt, erfordert weitere Studien.
Dass Frauen statistisch gesehen älter als Männer werden, liegt Wissenschaftler:innen zufolge auch daran, dass sie in vielen Bereichen ein gesundheitsbewussteres Verhalten an den Tag legen. Das gilt insbesondere in reichen Ländern, in denen man im Rahmen der staatlichen Gesundheitsversorgung Zugang zu Vorsorge- und Routineuntersuchungen hat. Frauen nehmen diese häufiger wahr als Männer. Außerdem würden sich Frauen oft gesünder ernähren, seltener rauchen und weniger Alkohol trinken.
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