Ein europäisches Bündnis von Umweltschutzorganisationen hat analysiert, wie oft EU-Abgeordnete für Klima-, Umwelt- und Naturschutzgesetze abstimmen. Unter den deutschen Parteien landen die Grünen aber nur auf Rang 3. Das habe jedoch eher formale als inhaltliche Gründe.
Am 9. Juni 2024 findet die nächste Europawahl statt. Jede:r Wahlberechtigte hat dann die Chance, ein Kreuz bei der Partei zu setzen, die die eigenen Interessen am besten vertritt. Doch Wahlversprechen können gebrochen werden. Wichtiger ist, wie die Parteien tatsächlich abstimmen, sobald sie ins EU-Parlament kommen.
Eine EU-weite Koalition aus Umweltschutzverbänden hat das Abstimmungsverhalten der EU-Abgeordneten in den vergangenen fünf Jahren anlässlich der kommenden Europawahl analysiert. Das Bündnis wird getragen vom WWF, BirdLife, dem Europäischen Umweltbüro, Transport & Environment und dem Climate Action Network,
Die Verbände untersuchten die Abstimmungen bei 30 Gesetzesverfahren zu Klima-, Natur- und Umweltschutz. Darunter befand sich etwa das EU-Renaturierungsgesetz, das die Renaturierung von Ökosystemen in der EU vorantreiben soll und das im Parlament nur eine hauchdünne Mehrheit erhielt. Oder auch das Pestizidgesetz, das unter anderem den Einsatz von Pestiziden in der EU bis 2030 halbieren sollte – aber im Parlament knapp gescheitert ist.
Bei allen Abgeordneten wurde einzeln analysiert, zu wie viel Prozent sie für die entsprechenden Gesetze abstimmten. Basierend auf den Individualwertungen hat das Umweltschutz-Bündnis den jeweiligen Durchschnitt der einzelnen nationalen Parteien ermittelt sowie den Durchschnitt der Fraktionen, zu denen sie sich im EU-Parlament zusammensetzen.
Deutsche Parteien: Volt auf Platz 1, AfD ist Schlusslicht
Zwar schneidet die europäische Fraktion der Grünen erwartungsgemäß am besten ab (dazu weiter unten mehr), doch bei der Bewertung der einzelnen deutschen Parteien erreicht die Partei Bündnis 90/Die Grünen mit 91 Punkten nur den dritten Platz. Die ÖDP schaffte es auf 97 Punkte, Volt fuhr sogar die Bestnote von 100 Punkten ein.
Ganz unten landet die AfD mit nur 6 Punkten, doch auch die Abgeordneten der FDP (17 Punkte), der CSU (18), der CDU (20) und der Freien Wähler (21) stimmten eher selten für Klima-, Natur- und Umweltschutzgesetze. Die SPD kommt in der Analyse auf 71 Punkte, die Linke auf 82. Hier das Gesamtranking aller im EU-Parlament vertretenen deutschen Parteien:
- Volt (100)
- ÖDP (97)
- Die Grünen (91)
- Piratenpartei (83)
- Die Linke (82)
- SPD (71)
- Die PARTEI (62)
- Familien-Partei (27)
- Freie Wähler (21)
- CDU (20)
- CSU (18)
- FDP (17)
- Bündnis Deutschland (7)
- AfD (6)
Warum sich Volt, ÖDP und Grüne schwer vergleichen lassen
Auffällig ist, dass die Abgeordneten von Volt für alle 30 untersuchten Gesetzesverfahren stimmten – und das zu 100 Prozent. Die ÖDP unterstützte 29 Vorhaben zu 100 Prozent und lehnte eines komplett ab. Die Abgeordneten der deutschen Partei Die Grünen haben alle 30 Gesetze mehrheitlich unterstützt, hier liegt die Zustimmung aber teilweise nur bei 71 Prozent.
Der Bund für Naturschutz und Umwelt Deutschland (BUND) ist Teil der Koalition, die das Ranking erstellt hat. Ein BUND-Sprecher erklärt gegenüber Utopia, dass sich die geringen Unterschiede zwischen Grünen, Volt und ÖDP weniger auf inhaltliche Differenzen zurückführen lassen. Stattdessen kämen sie vor allem aufgrund Fehlzeiten bei einzelnen Abgeordneten der Grünen zustande, etwa durch Krankheit oder Elternzeit. Volt stellt nur zwei Abgeordnete im EU-Parlament, die ÖDP gar nur eine einzige, die Grünen hingegen 21. Kleine Parteien seien hier volatiler, weil eine niedrige Anwesenheitsquote stärker ins Gewicht fällt, aber eben auch bei vollständiger Anwesenheit zu einer Bewertung von 100 Prozent führt.
Wichtiger als die geringen Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien seien ohnehin die großen Unterschiede zwischen denen, die Klima- und Umweltschutz voranbringen, und denjenigen, die ihn verhindern, so der BUND-Sprecher.
Bei den Fraktionen liegen die Grünen ganz vorne
Zwar wählen wir in Deutschland Abgeordnete deutscher Parteien in das EU-Parlament. Dort setzen sie sich jedoch gemeinsam mit ähnlichen Parteien anderer Länder zu europäischen Fraktionen zusammen – so ähnlich wie sich die bayerische CSU im Bundestag mit der CDU zusammentut, die im Rest Deutschlands gewählt wird. Die grüne EU-Fraktion heißt Greens/European Free Alliance und landet im Fraktionsranking von CAN Europe mit 92 Punkten auf dem ersten Platz. Hier das Ranking mitsamt aller deutschen Parteien, die in den jeweiligen Fraktionen vertreten sind:
- Greens/European Free Alliance (Volt, ÖDP, Grüne, Piratenpartei): 92 Punkte
- The Left (Die Linke): 84 Punkte
- Progressive Alliance of Socialists and Democrats (SPD): 70 Punkte
- Renew Europe (Freie Wähler, FDP): 56 Punkte
- European People’s Party (Familien-Partei, CDU, CSU) 25 Punkte
- European Conservatives and Reformists (Bündnis Deutschland): 10 Punkte
- Identity and Democracy (AfD): 6 Punkte
Auf der Website des BUND lässt sich das gesamte Ranking genauer betrachten. Dort finden sich auch die Wertungen der Parteien der anderen EU-Länder und es gibt Einzelwertungen für die Kategorien Klimaschutz, Naturschutz und Umweltverschmutzung. Außerdem kann man sehen, welche Partei bei welchem Gesetzesverfahren zu wie viel Prozent dafür gestimmt hat.
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