Einsatzkräfte arbeiten bis zur Erschöpfung, Menschen bangen um ihre Häuser – die Hochwasser-Lage macht nicht nur direkt Betroffenen Angst. Müssen wir uns auf mehr davon einstellen?
Regen, Regen und nochmals Regen. Die Lage in den Hochwassergebieten ist kritisch, aufgeweichte Deiche bereiten den Einsatzkräften Sorgen. Besonders stark betroffen ist Niedersachsen. Ein Überblick über wichtige Fragen und Antworten.
Warum regnet es derzeit so viel?
Verkürzt gesagt liegt das an Tiefdruckgebieten, die vom Nordostatlantik gen Osten ziehen und über dem Meer Feuchtigkeit aufgenommen haben, wie eine Meteorologin des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auf Anfrage erläutert. „Dadurch, dass es recht milde Luftmassen sind, können diese mehr Feuchtigkeit aufnehmen und daher führt es zu größeren Niederschlagsmengen.“ In der kommenden Woche werde es in Norddeutschland kühler und die Niederschläge fielen geringer aus.
Klimaforscher:innen warnen schon lange davor, dass wegen des Klimawandels die Gefahr von Extremwetterereignissen steigt. Durch die Erderwärmung nähmen Extremniederschläge weltweit und auch bei uns zu, schrieb der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf kürzlich auf X, vormals Twitter. Anfang Januar erläuterte er dort, dass Extremniederschläge häufiger würden, weil wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und daher auch abregnen könne. Laut einer Studie im Fachjournal Climate and Atmospheric Science ist die Zahl der Niederschlagsrekorde stark gestiegen. Im Durchschnitt kann demnach einer von vier rekordhohen Tagesniederschlägen auf den Klimawandel zurückgeführt werden.
Passieren solche Hochwasser in Zukunft öfter?
Als Konsequenz aus dem Hochwasser fordern Expert:innen, beim Schutz vor Überschwemmungen umzudenken. „Im Zuge des Klimawandels, wo sich die Hochwasser-Prozesse ändern werden, werden wir sicher andere Arten von Hochwässern in Zukunft sehen“, sagte Ralf Merz, Hydrologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale), kürzlich im Deutschlandfunk. „Solche langen Hochwasser-Ereignisse wird es auch in Zukunft sicher öfter geben.“
Wann hört es auf zu regnen?
Der Dauerregen in Teilen Deutschlands soll noch bis Samstag andauern. Ursprünglich hatte der Deutsche Wetterdienst seine Warnungen bis Donnerstagnacht herausgegeben – doch am Mittwoch wurden sie verlängert. Die Lage in den Hochwassergebieten dürfte sich dadurch noch einmal zuspitzen.
Wovon hängt es ab, ob die Deiche halten?
„Bislang haben wir keine Deichbrüche gesehen, da der technische Hochwasserschutz gut funktioniert“, sagt der Leiter des Ludwig-Franzius-Instituts für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen an der Leibniz-Universität Hannover, Torsten Schlurmann. „Die Deiche schützen vor Hochwasser hinreichend gut, solange sich Wasser nicht über längere Zeit an ihnen staut.“ Die Standfähigkeit eines Deiches hänge dann etwa davon ab, aus welchem Material der Deich gebaut sei und auf welchem Untergrund er stehe. Es sei daher wichtig, dass die Einsatzkräfte die Deiche stetig beobachteten, zum Beispiel mit Deichläufern am Boden oder mit Drohnen aus der Luft.
Im besonders stark vom Hochwasser betroffenen niedersächsischen Lilienthal gelten Betretungsverbote. In der Allgemeinverfügung heißt es: „Die Deichanlagen, die deichnahen Bereiche und deren Zuwegungen sind aufgrund der starken Niederschlagsmengen und der anhaltend hohen Wasserstände aufgeweicht.“ Bei Betreten bestehe die Gefahr, dass die Deiche brächen, das Wasser sich unkontrolliert ausbreite und gefährdete Gebiete überschwemmt würden, insbesondere Wohnbebauung.
Wie sehr ist die Landwirtschaft vom Hochwasser betroffen?
Fast jede:r Landwirt:in in Niedersachsen ist dem dortigen Bauernverband zufolge derzeit von Überflutungen seiner Felder beziehungsweise von Nässeschäden betroffen. Hintergrund seien die großen Niederschlagsmengen der vergangenen Wochen, teilte das Landvolk Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur mit. „Es sind mehrere Hunderttausend Hektar Acker und Grünland überschwemmt“, sagte Landvolk-Präsident Holger Hennies. Auch Hunderte Hofstellen seien von Überschwemmungen betroffen, „glücklicherweise aber nur sehr wenige Betriebe so stark, dass auch Ställe betroffen sind und Vieh evakuiert werden musste“.
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