An italienischen Schulen arbeiten deutlich mehr Frauen in Führungspositionen als Männer. Die Regierung hat deshalb beschlossen, bei der nächsten Verteilung von Schulleitungsposten männliche Bewerber zu bevorzugen.
„Wir sind der einzige Sektor, der keine rosa Quoten, sondern blaue Quoten braucht“, beklagte Bildungsminister Beppe Fioroni von der Mitte-links-Partei Partido Democratico bereits 2008. Der Ausdruck „Quota blu“, also „blaue Quote“ landete daraufhin sogar im italienischen Wörterbuch. Gemeint ist damit eine Männerquote – also die Bevorzugung männlicher Bewerber, um ein bestimmtes Geschlechterverhältnis im Berufsfeld zu erreichen – im Gegensatz zur häufiger diskutierten Frauenquote. Denn in Italien sind weibliche Lehrkräfte gegenüber ihren männlichen Kollegen deutlich in der Überzahl.
Beim kommenden Bewerbungsverfahren für Rektor:innen an italienischen Schulen wird die Quote deshalb nun zum Einsatz kommen. Dies entschied die rechtsnationale Regierung um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) mit einem entsprechenden Erlass im Juni, berichten italienische Medien übereinstimmend. Ziel ist, mindestens 30 Prozent der Rektor:innen-Stellen mit männlichen Bewerbern zu besetzen.
Viel mehr Frauen an italienischen Schulen
Laut der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera kommt die Männerquote nun in all jenen Regionen zum Einsatz, in denen der Geschlechterunterschied mehr als 30 Prozentpunkte beträgt. Dies treffe auf fast alle Regionen Italiens zu. Nur in Sardinien betrage das Verhältnis zwischen Rektorinnen und Rektoren 61 zu 39 – Frauen überwiegen also nur um 22 Prozentpunkte. Auch das Aostatal sowie die Region Molise seien von der Männerquote nicht betroffen, weil dort für die kommende Einstellungsrunde keine Plätze verfügbar seien.
Die Quote komme außerdem nur dann zum Tragen, wenn nach Berücksichtigung der anderen Kriterien ein Gleichstand zwischen einem männlichen Bewerber und einer weiblichen Bewerberin herrscht. Dann werde das Geschlecht bevorzugt, welches weniger vertreten ist, also aktuell ausschließlich das männliche.
Aufgrund der nur 587 offenen Stellen werde es nur sehr wenige Fälle geben, in denen die Paritätsregelung tatsächlich einen Einfluss auf das Ergebnis haben wird, spekuliert Corriere della Sera. Allerdings sei der Grundsatz nun etabliert und könne möglicherweise auch bei der nächsten Bewerbungsrunde für Lehrer:innen zum Einsatz kommen.
Quoten sollen Gleichstellung ermöglichen
Frauenquoten sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur fördern. Denn in hohen Positionen befinden sich Frauen oft in der Minderheit. Eine Auswertung von Ernest & Young zeigt beispielsweise, dass nur jedes sechste Vorstandsmitglied der 160 DAX-Unternehmen weiblich ist.
An Schulen scheint die Situation in Italien umgekehrt: Mehr Frauen als Männer besetzen Chefposten. Allerdings besteht auch der Lehrkörper laut Deutscher Presse-Agentur zu 83 Prozent aus Frauen, an Grundschulen sind es 95 Prozent. Es arbeiten also auch abseits von Spitzenpositionen deutlich mehr Frauen als Männer an Schulen. Laut Corriere della Sera gab es dieses Ungleichgewicht schon im 19. Jahrhundert – das Unterrichten von Kindern sei in Italien traditionell eher ein Frauenberuf.
Verwendete Quellen: Corriere della Sera, Ernest & Young, Deutsche Presse-Agentur
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