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Klima-Kampf nicht „auf dem Rücken der Menschen mit wenig Einkommen austragen“

Wer sollte für den Klimaschutz belastet werden?
Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ Ioann-Mark Kuznietsov

Wochenlang haben die Spitzen der Koalition über die Neuauflage des Haushalts 2024 gestritten. Nun ist es geschafft und die Kritik groß. 

Sozial- und Wohlfahrtsverbände haben den Kompromiss der Ampel-Regierung im Streit um den Haushalt für das Jahr 2024 kritisiert. „Die Bundesregierung hat heute noch zu wenig Konkretes zu Einsparungen gesagt. Aber 1,5 Milliarden Euro bei Sozialausgaben zu sparen, ist nicht das richtige Zeichen“, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, am Mittwoch.

„Wer am Sozialen spart, sendet keine Botschaft für Zusammenhalt und für echte Armutsbekämpfung.“ Den CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien auf das Niveau aus der Zeit der großen Koalition anheben zu wollen, sei wenig sozial, sagte Bentele. Sie forderte die Einführung eines Klimageldes, damit der Kampf gegen den Klimawandel nicht „auf dem Rücken der Menschen mit wenig Einkommen ausgetragen“ werde.

Kritik an der Haushaltseinigung der Ampel-Regierung

Auch der Paritätische Gesamtverband zeigte sich unzufrieden über die Einigung. „Das Mindeste, was wir erwartet hätten, wäre eine sofortige Aufhebung der aktuellen Haushaltssperre für die sozialen Dienste gewesen. Ein zeitlicher Fahrplan zur Verabschiedung des Haushalts wurde jedoch noch immer nicht vorgelegt. Viele soziale Träger wissen damit noch immer nicht, wann sie Planungssicherheit erhalten werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Die Ampel habe mit Blick auf Einsparungen lediglich Beispiele genannt. „Für uns als Wohlfahrtsverband stellt sich so die dringliche Frage, was ist mit den Freiwilligendiensten, was ist mit der Migrationssozialarbeit, mit der Unterstützung von Sozialverbänden oder wie sieht es mit Einsparungen bei Sozialtransfers aus.“

Scholz: „Sehr geringe zusätzliche Belastungen“

Unterdessen haben die Spitzen der Ampel-Koalition die soziale Verträglichkeit ihres Kompromisses betont. Mit Blick auf die Auswirkungen des vereinbarten höheren CO2-Preises sprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) davon, dass es beim Benzinpreis „sehr geringe zusätzliche Belastungen“ gebe. Er, Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hoben hervor, dass es im Bundeshaushalt 2024 zugleich bei den geplanten Steuerentlastungen bleibe. Wirtschaftsexpert:innen und Verbände kritisierten hingegen, dass das versprochene Klimageld als Sozialausgleich für steigende Klimaschutz-Belastungen immer noch nicht kommt.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm appellierte ebenfalls für die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Zahlung eines Klimagelds an die Bürger:innen: „Das wäre eine sehr wichtige Maßnahme, um Akzeptanz für den Klimaschutz zu schaffen“, sagte sie dem Sender Welt TV. Menschen mit wenig Einkommen würden davon besonders profitieren: Sie hätten in der Regel einen kleinen CO2-Fußabdruck, würden pro Kopf aber so viel zurückbekommen wie alle anderen auch.

Bundeshaushalt 2024 – die Eckpunkte

Nach wochenlangem Streit, hat sich die Bundesregierung beim Haushalt 2024 auf folgende Eckpunkte geeinigt:

  • Schuldenbremse: Sie soll 2024 zunächst nicht ausgesetzt werden, es soll aber eine Ausnahme für die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal geprüft werden. Auch für den Fall einer veränderten Lage in der Ukraine behält sich die Ampel das spätere Aussetzen und das Aufnehmen zusätzliche Kredite vor.
  • Milliardenzuschüsse für Industrieprojekte in Ostdeutschland wie die Chipfabrik von Intel bei Magdeburg: Daran will die Ampel festhalten – ebenso wie am Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft.
  • CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien: Dieser soll zum 1. Januar 2024 nicht wie bisher geplant auf 40 Euro pro Tonne steigen – sondern auf 45 Euro und 2025 dann auf 55 Euro.
  • E-Auto-Förderung: Sie soll früher enden – wann, ist offen.
  • Energiesteuer: Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel sollen abgeschafft werden.
  • Entgelte für die Stromnetze: Der 5,5-Milliarden-Euro-Bundeszuschuss wird gestrichen. Strom wird also teurer.

Wegen der Haushaltskrise kürzt die Ampel außerdem bis 2027 Klimaschutz- und Transformationsprojekte im Volumen von 45 Milliarden Euro. Der Klima- und Transformationsfonds bleibe das zentrale Instrument des Bundes für den klimaneutralen Umbau des Landes, so Kanzler Scholz. Er habe noch immer ein Gesamtvolumen von 160 Milliarden Euro. Allein im nächsten Jahr würden die Ausgaben infolge des Karlsruher Haushaltsurteils aber um zwölf Milliarden Euro verringert.

Nötig geworden war die neue Etatplanung, weil nach einem Verfassungsgerichtsurteil zum Haushalt von 2021 die alte Planung mit Sondervermögen als nicht mehr verfassungsgemäß galt. Damit fehlten der Koalition für 2024 rund 30 Milliarden Euro.

Mit Material der dpa

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