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„Liebschaften am Arbeitsplatz“: Juraprofessor empört mit Seminar

Foto: Unsplash Nathan Dumlao / Screenshot LMU

Die Ankündigung für ein Jura-Seminar an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität stößt auf Widerstand. Die Fachschaft zeigt sich über die „frauenverachtenden“ Formulierungen des zuständigen Professors empört. Doch der hält dagegen.

In einem Seminar an der juristischen Fakultät der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) will ein Professor „Liebschaften am Arbeitsplatz“ behandeln. Die Ankündigung für den Kurs sorgte jedoch für Wirbel. Der Grund ist die Ankündigung für das Seminar im Wintersemester 2023/2024: „Darf frau sich ‚hochschlafen‘, also eine Einstellung oder Beförderung mit Sex erkaufen?“, heißt es unter anderem in der ursprünglichen Version.

Vor allem die Fachschaft stört sich an der Formulierung, sie wirft dem Juraprofessor „diskriminierende“, „frauenverachtende“ Sprache vor – und findet den Text zum Seminar abstoßend, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet.

Beanstandet wurde außerdem eine Passage mit Bezug zum früheren „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt, dem Machtmissbrauch in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen mit Mitarbeiterinnen vorgeworfen wird. Reichelt selbst weist das bislang zurück. In der ersten Version der Seminarankündigung schrieb der Professor: „Was ist ‚Machtmißbrauch‘ rechtlich (Fall Reichelt, jedenfalls in der Skandalisierungs-Wahrnehmung)?“.

Fachschaft findet Seminarankündigung „frauenverachtend“

Die Fakultät kritisiert laut SZ, der Arbeitsrechtler würde Geschlechter diskriminieren und Missbrauchsopfer geringschätzen. Es würde ein Stereotyp aufgegriffen und reproduziert, wonach Frauen versuchen würden, sich über sexuelle Beziehungen Vorteile zu verschaffen. Außerdem würde der Eindruck entstehen, Frauen, die sich gegen sexuelle Übergriffe zur Wehr setzen, würden „häufig dramatisieren und übertrieben empfindlich reagieren“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur (dpa) die Fachschaft.

Der Juraprofessor hält dagegen. Auf der Website der Jura-Fakultät findet sich nun neben der ursprünglichen Ausschreibung eine „veränderte“ Version. Darin nimmt der Jurist Stellung zu den Vorwürfen, denen sich auch die Dekanin und der Studiendekan angeschlossenen haben sollen.

„Ich ‚verachte‘ niemanden“, heißt es in seiner neuen Seminarankündigung. Und weiter: „Arbeitnehmer setzen in der realen Arbeitswelt neben ihrer Leistung Sex, Intrigen, Geld oder Gefälligkeiten für berufliche Vorteile ein. Die studentischen Aktivisten mögen sich fragen, ob sie eigene Vorurteile und Emotionen projizieren. Der Wissenschaftler begegnet seinem Erkenntnisgegenstand mit fachlichem Interesse und nicht mit Gefühlen.“

Juraprofessor: „Aufstiegsbeischlaf“ sei „Waffe der Frau“

Personalverantwortliche in Unternehmen sähen den „Aufstiegsbeischlaf“ überwiegend als „Waffe der Frau“, das wisse er aus fast 35 Jahren Praxiskontakt und der Befassung mit konkreten Compliancefällen, erklärt der Juraprofessor in der überarbeiteten Ankündigung. Soziologisch gut belegt sei auch der Geschlechtsunterschied in der Partnerwahl: „Frauen orientieren sich nach ‚oben‘, Männer nach ‚unten‘“. Den Fall Reichelt habe er gewählt, da er eine publizistische, jedoch keine „keine (arbeits-)rechtliche Aufarbeitung“ erfahren habe. Dies soll sich mit dem Seminar ändern.

Weiter betont der Juraprofessor: „Professoren unterliegen keiner Fachaufsicht, insbesondere keiner Sprachaufsicht, erst recht nicht auf unangemessene Wortwahl, Sinnfreiheit oder Langeweile. Die Lehre ist frei.“ Zur Wissenschaft gehöre „Irritation und Provokation“, findet der Jurist.

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