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Luisa Neubauer kündigt Klage gegen Regierung an: Klimaschutz kein „Häkelclub“

Luisa Neubauer von Fridays for Future
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Fünf Umweltverbände und auch Mitglieder von Fridays-For-Future kündigen bei der Bundespressekonferenz an, die Bundesregierung zu verklagen. Luisa Neubauer kritisiert die aktuelle Klimapolitik scharf und fordert Nachbesserungen – sonst könnten die Folgen vor allem Menschen treffen, die in ländlichen Regionen leben.

„Leute es ist ein großer Tag“, schreibt Klimaaktivistin Luisa Neubauer in ihrer Instagram-Story. Der Anlass: Mit der Klimaschutzbewegung Fridays-For-Future (FFF) und einigen Umweltverbänden soll erneut gegen die Bundesregierung geklagt werden. Das wurde bei der heutigen Bundespressekonferenz bekannt gegeben.

Greenpeace und Germanwatch planen eine gemeinsame Sammelklage, genau wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will außerdem gemeinsam mit dem Solarenergie-Förderverein Deutschland klagen. In einer Mitteilung kündigten die Verbände an: Alle drei Klagen sollen eingereicht werden, sollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Änderung des Klimaschutzgesetzes (KSG) unterschreiben. Dieser kann seine Unterschrift verweigern und somit verhindern, dass ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz in Kraft tritt. Im April hatte eine Mehrheit der Abgeordneten eine Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen, die unter anderem ändern würde, wie überprüft wird, ob Klimaziele eingehalten werden. Utopia berichtete.

Luisa Neubauer zu Klage: Klimaschutz kein Häkelclub

„Wir verklagen die Bundesregierung darauf, dass sie Klimaschutzmaßnahmen, die heute möglich und notwendig wären, auch heute umsetzt“, sagte Luisa Neubauer bezüglich der Klage im Interview mit der Zeit. Dabei gehe es vor allem um zwei Punkte: Die Lage im Verkehrsministerium und die Abschwächung des Klimaschutzgesetzes, in das die Bundesregierung sich in den Augen von Fridays for Future „verfassungswidrige Schlupflöcher“ eingebaut habe. In ihrer Instagram-Story kritisiert Neubauer die Haltung der Regierung zum Klimaschutz scharf. Dieser sei immerhin kein kleiner Häkelclub, den man bei Interesse besuche, auch wenn die Regierung ihn teilweise so behandle, betont die Aktivistin.

Mit der im April bekannt gegebenen Reform des Klimaschutzgesetzes soll die Einhaltung der Klimaziele nun nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Entscheidend ist dann, dass Klimaziele insgesamt erreicht werden.

Auf die Änderung hatte vor allem Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gedrängt. Denn: Im vergangenen Jahr verfehlten der Verkehrs- sowie der Gebäudebereich die Vorgaben. Der FDP-Politiker hatte mit drastischen Einschnitten für Autofahrer:innen gedroht, falls die Ampel-Koalition sich nicht zügig auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes einigen würde. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bezeichnete die Gesetzesreform in einer Pressemitteilung als „Schlag ins Gesicht junger Menschen und zukünftiger Generationen“ und kündigte an „alle rechtlichen Mittel zur Durchsetzung wirksamen Klimaschutzes zu prüfen und zu ergreifen.“

Auch Menschen aus dem ländlichen Raum beteiligen sich diesmal vermehrt als Mitkläger:innen an dem Vorhaben, wie Luisa Neubauer im Zeit-Interview hervorhob. Für sie haben die Entscheidungen der Regierung mitunter weitreichende Auswirkungen. Besonders betroffen seien Pendler:innen, für die es aktuell keine Busanbindung gebe. Auch Baro Vicenta Ra Gabbert, Greenpeace-Sprecherin für sozial-ökologische Gerechtigkeit, betont: Handle das Verkehrsministerium jetzt nicht, seien in Zukunft umso härtere, unverhältnismäßige Maßnahmen erwartbar. „Besonders betroffen sind dann Menschen auf dem Land mit geringem Einkommen, die bereits heute kaum Mobilitätsangebote haben und vom sozialen Leben abgeschnitten sind„, sagt die Sprecherin. Dabei dürfe Freiheit nicht vom Geldbeutel abhängen.

Verbände fordern höhere Priorität von Klimaschutz in der Regierung

Auch die anderen Kläger:innen machen in einer Mitteilung des BUND deutlich: Mit dem neuen Klimaschutzgesetz verstoße die Bundesregierung nach Auffassung der Kläger:innen gegen das Grundgesetz. Maßstab des Handelns müsse die rechtlich verankerte Grenze von global 1,5 Grad maximaler Erderhitzung sein. „Die Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind da, aber die Umsetzung braucht endlich Priorität in der Regierung. Bislang bleibt sie die erforderlichen Maßnahmen schuldig. Und weil die Bundesregierung nicht ausreichend handelt, handeln wir“, schreiben die Verbände in der Mitteilung.

Bei den Klagen handelt es sich jeweils um Sammelklagen. Das heißt: Die Verbände klagen nicht allein, sondern mit zahlreichen Einzelpersonen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Auch mehrere Mitglieder von Fridays for Future sind beteiligt. Greenpeace ruft auf der Internetseite der Organisation dazu auf, mitzumachen. Die Umweltrechtlerin Dr. Roda Verheyen biete an, alle in Deutschland lebenden Menschen bei einer Klage gegen die Klimapolitik der Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht zu vertreten, heißt es auf der Website. Auch die Deutsche Umwelthilfe sucht noch Mitkläger:innen und schreibt in einer Mitteilung, sie wünschten sich „100.000 Klimahelden, die sich unserer Verfassungsbeschwerde anschließen und damit ein starkes Signal nach Karlsruhe senden.“

2021 hatten Verbände bereits Erfolg mit Klage

Bereits 2021 haben die Verbände gegen die Bundesregierung geklagt. Damals hatten sie Erfolg: Die Bemühungen des Staates in Sachen Klimaschutz wurden vom Bundesverfassungsgericht als unzureichend eingestuft. Daraufhin musste die Regierung das Klimaschutzgesetz verschärfen.

Verwendete Quellen: BUND, Greenpeace, Deutsche Umwelthilfe, Zeit, Bundesverfassungsgericht, Instagram/ luisaneubauer

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