Die Supermarkt-Kette Kaufland sieht sich aktuell großer Kritik ausgesetzt. Der Grund: Artikel mit rechtsextremen Inhalten im Online-Marktplatz. Kaufland hat dazu ein Statement veröffentlicht, das die Empörung jedoch nur vergrößert.
Auf dem Online-Marktplatz der Supermarktkette Kaufland werden Bücher mit rechtsextremen Inhalten angeboten. Auf Twitter hat das eine Welle der Entrüstung ausgelöst. Kaufland wird im Zuge dessen Doppelmoral vorgeworfen – da das Unternehmen Produkte mit Antifa-Logo aus dem Shop entfernen ließ.
Der Online-Shop der Einkaufskette Kaufland ist denen von Marktplätzen wie Ebay und Co. sehr ähnlich. Auch externe Verkäufer:innen haben dort die Möglichkeit, ihre Produkte anzubieten. Das können zum Beispiel Einzelpersonen sein, jedoch auch Verlage. Laut eigenen Angaben verzeichnet der Online-Marktplatz ein rasantes Wachstum: Inzwischen würden mehr als 8.000 Händler:innen auf dem Global Marketplace verkaufen und mehr als 40 Millionen Produkte anbieten.
Somit werden viele der Produkte von unabhängigen Händler:innen angeboten, dennoch verantwortet Kaufland als Betreiber das Angebot und kann bestimmen, welche Produkte angeboten werden dürfen. Seit Jahren schon steht die dort erhältliche Auswahl aufgrund von kontroversen Inhalten in der Kritik.
Auswahl an rechtsextremer Literatur sorgt für medialen Shitstorm
Beispielsweise gab es bereits 2021 eine Online-Debatte, weil Kaufland in einigen seiner Filialen das rechtsextreme Magazin „Compact“ vertrieb. Schon damals berief sich der Einzelhändler auf Pressefreiheit.
Die jüngste Welle an Vorwürfen kam jedoch erst, nachdem jemand die bei Kaufland angebotenen Antifa-Produkte im Shop auf Twitter kritisiert hatte. Daraufhin entfernte Kaufland diese nämlich aus dem Sortiment – „nach eingehender Prüfung“, wie es hieß. Rechtsextreme Produkte würden wiederum weiterhin angeboten, wie User:innen auf Twitter offen anprangerten. Nicht wenige User:innen kündigten, wie aus einem Spiegel-Bericht hervorgeht, an, das Unternehmen und seine Produkte wegen dieser Doppelmoral von nun an boykottieren zu wollen.
Rechtsextreme Literatur, unter der sich auch eine unkommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“ befindet, kann auf der Kaufland-Plattform jedoch weiterhin ver- und gekauft werden. Auch andere, teils rechtsextreme Werke von Politiker:innen aus der NPD oder AFD sind auf dem Marktplatz erwerbbar.
Unter den Twitter-User:innen, die sich dazu äußerten, ist auch der Vorsitzende der Jusos Hamburg-Nord (Jugendverband der SPD), Leo Schneider. Er bezeichnete Kaufland als „moralisch verwirrten Einzelhandel“ mit fragwürdiger politischer Einstellung. Schneiders Begründung: Antifa-Produkte würden zensiert, rechtsextreme Artikel allerdings nicht.
So reagierte Kaufland auf die Kritik
In seiner Stellungnahme, die Kaufland am 8.Oktober auf Twitter veröffentlichte, heißt es:
„Es kommt hier viel Kritik, weil wir rechtsextreme Magazine verkaufen, dann aber linksextremen Merch auf unserem Marktplatz sperren. Um es deutlich zu sagen: Wir bei Kaufland lehnen extreme Meinungen ab. Sie sind schädlich für den Diskurs und schädlich für die Demokratie. Deshalb verbannen wir extreme Produkte dort, wo wir es können. Beim Marktplatz ist das einfacher, bei den Magazinen haben wir trotz intensiver Bemühungen bisher keinen Erfolg gehabt. Trotzdem bleiben wir an dem Thema dran.“
Kaufland verweist zudem auf das „Gut der Pressefreiheit“, das in manchen Fällen höher läge als ihr Recht, betroffene Produkte umgehend auszulisten.
Auf Anfrage des Spiegels kündigte die Supermarktkette an, weiterhin einzelne Produkte aus dem Sortiment zu nehmen und „die Prozesse sowie das Sortiment in den kommenden Tagen auf den Prüfstand“ zu stellen. Danach wolle man entscheiden, welche weiteren Produkte vom Marktplatz entfernt würden.
Verkauf von „Mein Kampf“ in Deutschland nicht verboten – so ist die Rechtslage
Angesichts der Stellungnahme von Kaufland stellt sich für viele User:innen die Frage, ob der Verkauf von rechtsextremer Literatur wie Hitlers „Mein Kampf“ in Deutschland verboten ist. Seit 2016 sind die Urheberrechte von „Mein Kampf“ gemäß § 64 UrhG ausgelaufen, womit der nun gemeinfreie Nachdruck der Schrift theoretisch wieder möglich wurde.
Das Buch an sich war in Deutschland entgegen weitläufiger Annahmen nie verboten. Das Verbot beschränkt sich hierzulande darauf, unkommentierte Neuausgaben von „Mein Kampf“ zu erstellen, zu verkaufen und zu erwerben. Für antiquarische und kommentierte Ausgaben wie der editierten Veröffentlichung vom Institut für Zeitgeschichte gilt diese Regelung nicht, so das ZDF.
Maßgeblich für diese Entscheidung ist § 86 des Strafgesetzbuches. Der Begriff „Propagandamittel“ wird vom Staat jedoch sehr eng ausgelegt, sodass der Bundesgerichtshof im Jahr 1979 schon einmal gegen ein Verbot von antiquarischen Ausgaben des Buches entschied. In der Begründung verwies der Bundesgerichtshof laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) auf das Veröffentlichungsdatum des Werkes in den 1920er Jahren, wonach sich die Intention nicht gegen die freiheitlich-demokratische Ordnung der Bundesrepublik richten könne. Somit können die rechtsextremen Werke zwar nicht als unkommentierte Ausgaben im Buchhandel, aber dennoch legal in deutschen Antiquariaten oder als fremdsprachige Ausgaben im Ausland erworben werden.
Die Rechte an dem Buch gingen nach Adolf Hitlers Tod an die amerikanische Militärregierung, und danach an Bayern über, denn Hitlers letzter offizieller Wohnsitz war München. Die englischsprachigen Rechte hat der Eher-Verlag, der der ursprüngliche Herausgeber war, jedoch schon in den 1930ern verkauft, sodass „Mein Kampf“ in Großbritannien und den USA die ganze Zeit über legal erhältlich war. In anderen Ländern ist es folglich sogar legal, unkommentierte Neuausgaben von „Mein Kampf“ zu bestellen.
Zudem ist die Schrift im Internet teilweise frei zum Download verfügbar. Laut Angaben der Süddeutschen Zeitung dürften die Downloads allein auf einer US-Amerikanischen Archiv-Plattform im sechsstelligen Bereich liegen.
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