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Mensch versus Elefant – ein nicht enden wollender Konflikt?

Mensch versus Elefant - ein nicht enden wollender Konflikt?
Foto: Carola Frentzen/dpa

Schon lange schwelt in Thailand ein Konflikt zwischen Elefant und Mensch. Nun gibt es neue Opfer – auf beiden Seiten. Das Problem: Während der Lebensraum der Tiere schrumpft, nimmt ihre Zahl dank Schutzmaßnahmen wieder zu. Und die Dickhäuter haben Hunger.

Inhaltswarnung: Der Artikel handelt von toten Tieren und Menschen.

Den herbeigeeilten Ranger:innen bietet sich nahe des Tai Romyen Nationalparks im Süden Thailands ein erschütterndes Bild. Zwei wilde Elefanten, ein ausgewachsenes Weibchen und ein kräftiger Bulle, liegen niedergestreckt von der Stromladung eines Elektrozauns tot auf dem Boden. An ihren Rüsseln klaffen Brandwunden von den Drähten. Der Tod der geschützten Tiere machte in vielen thailändischen Medien Schlagzeilen. Denn dies ist nur das jüngste Kapitel im schwelenden Konflikt zwischen Mensch und Elefant im südostasiatischen Königreich. Opfer gibt es auf beiden Seiten.

Der natürliche Lebensraum der Elefanten schrumpft

Für die Besitzerin der Durian-Plantage, die mit dem Zaun ihre Früchte schützen wollte, könnte der Tod der Tiere am vergangenen Donnerstag eine lange Haftstrafe oder eine hohe Geldbuße bedeuten. So sieht es der „Wildlife Conservation and Protection Act“ von 2018 vor. Die Installation solcher Zäune sei ein „schwerwiegendes Vergehen“, sagte der örtliche Naturschutzbeamte Pornchai Sitthikaset.

Jedes Mal, wenn Tote zu beklagen sind – ob auf Seiten der Thais oder der Tiere – werden die Ausmaße des Problems auf tragische Weise deutlich. Denn effektive Lösungen, mit denen beide Parteien friedlich leben könnten, werden noch gesucht. Der natürliche Lebensraum der Elefanten schrumpft, aber ihre Zahl steigt wegen der Schutzmaßnahmen der Regierung seit einigen Jahren wieder. Die Folge: Da es in den Wäldern oft nicht mehr genug Nahrung für die Dickhäuter gibt, dringen sie auf Farmland vor und machen sich an der Ernte zu schaffen.

Erst Anfang Oktober war in der Provinz Chon Buri im Zentrum Thailands eine Frau auf einer Kautschukfarm von einem wilden Elefanten tödlich attackiert worden. „Ihr Tod könnte als Kehrseite der erfolgreichen Schutzmaßnahmen betrachtet werden„, kommentierte die Zeitung Bangkok Post. Denn unter anderem dank Anti-Wilderer-Patrouillen hätten sich die Waldelefanten wieder stark vermehrt.

16 Menschen fielen aggressiven Tieren zum Opfer

Allein in diesem Jahr seien schon 16 Menschen aggressiven Elefanten zum Opfer gefallen, seit 2012 seien es 105 gewesen, schrieb das Blatt unter Berufung auf die Behörde für Nationalparks, Wildtier- und Pflanzenschutz (DNP). Viele weitere Landwirte wurden verletzt. Auf Seite der Elefanten kamen im gleichen Zeitraum 92 Tiere in dem Konflikt ums Leben. Elektrisch geladene Zäune stellen neben Strommasten eines der größten Risiken für sie dar.

Elefantenschutzorganisation wie EleAid zufolge streiften Anfang des 20. Jahrhunderts vermutlich bis zu 300.000 wilde Dickhäuter durch Thailand. Als die Bevölkerungszahl explodierte, wurde ihr Lebensraum massiv gerodet. Zudem dezimierten Wilderer, die scharf auf das Elfenbein der Bullen waren, den Bestand und fingen Kälber, um sie an Elefantenshows für Tourist:innen zu verkaufen. Wie viele Tiere heute in freier Wildbahn leben, ist unklar – Schätzungen gehen von 3000 bis 3700 Elefanten aus.

Ähnliche Probleme gibt es vielerorts in Asien und auch in Afrika. Aber kaum irgendwo werden Elefanten gleichzeitig so tief verehrt wie in Thailand. Sie sind das Nationaltier und gelten als Glücksbringer. In vielen Tempeln und Schreinen stehen Elefanten-Statuen, Unternehmen werben mit Elefantensymbolen, und eine der beliebtesten Biermarken heißt Chang – das Thai-Wort für Elefant. Frühere Nationalflaggen aus der Zeit, als Thailand noch Siam hieß, wurden von Elefanten geziert. Und als 2016 der fast gottgleich verehrte König Bhumibol starb, gab es ihm zu Ehren eine Parade mit elf weißen Elefanten.

„Müssen dafür sorgen, dass es genug Nahrung für sie gibt“

Der Monarch hatte sich zu Lebzeiten für den Schutz der Tiere stark gemacht und Lösungen geboten. „Elefanten sollten im Wald leben und wir müssen dafür sorgen, dass es genug Nahrung für sie gibt“, sagte er in einer Rede anlässlich der Eröffnung des Kui Buri Nationalparks südlich von Bangkok. Der Park gilt als Vorreiter bei der Bewältigung des Problems. Den Farmern wurden etwa alternative Anbauflächen angeboten, die ursprüngliche Landschaft wurde unter großen Anstrengungen wiederhergestellt – und die Elefanten bekamen wieder ein attraktives Zuhause mit reichlich Futter- und Wasserstellen.

Solch aufwendige Projekte großflächig durchzuführen, sei aber so gut wie unmöglich, hieß es in einem Leitartikel der Bangkok Post. Und Freiwilligen-Trupps, die Elefanten aus Plantagen verscheuchen, sowie Zäune ohne Stromladung hätten die Tiere bisher kaum von ihren Vorstößen in menschliche Siedlungen abhalten können. „Wilde Elefanten brauchen mehr als unsere Liebe“, schrieb das Blatt. Die Tiere bräuchten vor allem sachkundigen Naturschutz und eine nachhaltige Landbewirtschaftung, um friedlich mit den Menschen zu leben. Bis dahin sind Farmer:innen und Elefanten aber weiter auf Konfrontationskurs.

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