Utopia Image

Neue Studie: Die meisten Kinder werden in Zukunft extreme Hitzewellen erleben

Studie: Die meisten Kinder werden Hitzewellen erleben
Foto: CC0 Public Domain / Unplash.com – Simon White

Die Klimakrise ist kein fernes Zukunftsszenario: Viele Menschen leiden bereits heute unter den Folgen der Erwärmung. Eine neue Studie zeigt jetzt: Die meisten Kinder von heute werden in Zukunft von Wetterextremen wie Hitzewellen betroffen sein.

Wer 2020 geboren wurde, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit extreme Hitzewellen erleben als ältere Menschen. Selbst wenn die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau gehalten werden könnte, werden etwa 52 Prozent der heute rund Fünfjährigen in ihrem Leben in beispielloser Weise Hitzewellen ausgesetzt sein. Bei Menschen des Jahrgangs 1960 beträgt der Anteil nur 16 Prozent. Das berichtet ein Team um Luke Grant von der Vrije Universiteit in Brüssel im Fachjournal “Nature”.

Hitzewellen, Überschwemmungen, Ernteausfälle

Im Zuge des Klimawandels kommt es demnach messbar zu mehr und heftigeren Extremwetterereignissen. “Einflüsse des Menschen wurden bei Hitzewellen, Flussüberschwemmungen, Dürren, Ernteausfällen sowie bestimmten Aspekten von Waldbränden und tropischen Wirbelstürmen festgestellt”, schreibt das Team.

Bisher sei jedoch kaum untersucht, wie stark einzelne Menschen von solchen Ereignissen betroffen sein werden. Die Forschenden verwendeten unter anderem Klimamodelle und demografische Daten, um die Anzahl der Menschen zu prognostizieren, die im Laufe ihres Lebens einer beispiellosen Belastung durch Extremereignisse ausgesetzt sind.

Je stärker die Erde sich erhitzt, desto mehr Menschen leiden

Grant und Kolleg:innen betrachteten drei Szenarien, bei denen die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde im Jahr 2100 um 1,5 Grad, 2,5 Grad und 3,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erhöht ist. Sie modellierten, was die verschiedenen Szenarien für die Menschen unterschiedlicher Jahrgänge bedeuten.

Weltweit betrachtet werden von den Menschen, die 2020 zur Welt gekommen sind, im 1,5-Grad-Szenario 52 Prozent (etwa 62 Millionen) in ihrem Leben einer beispiellosen Belastung durch Hitzewellen ausgesetzt sein. Beim 3,5-Grad-Szenario wären es sogar 92 Prozent (111 Millionen). 29 Prozent erlebten dann eine beispiellose Belastung durch Ernteausfälle und 14 Prozent durch Flussüberschwemmungen.

Beim 2,5-Grad-Szenario wären knapp 80 Prozent der heutigen Fünfjährigen von einer beispiellosen Belastung durch Hitzewellen betroffen.

Derzeit bewegen wir uns auf eine stärkere Erwärmung zu: Werden alle Zusagen zur Bekämpfung der Erderwärmung eingehalten, die Staaten im Zuge der Klimakonferenzen gemacht haben, wird sich die Erde nach wissenschaftlichen Angaben bis 2100 um 2,7 Grad erwärmen.

1,5-Grad-Ziel würde hunderte Millionen Menschen schützen

Wenn stattdessen weitere Einsparungen bei Treibhausgasen die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Jahr 2100 drücken würden, würde 613 Millionen Menschen, die zwischen 2003 und 2020 geboren wurden, eine beispiellose Belastung durch Hitzewelle erspart. Im Hinblick auf Ernteausfälle wären es 98 Millionen, bei Flussüberschwemmungen 64 Millionen, bei tropischen Wirbelstürmen 76 Millionen, bei Dürren 26 Millionen und bei Waldbränden 17 Millionen.

“Unsere Ergebnisse mahnen eine umfassende und nachhaltige Reduzierung der Treibhausgasemissionen an, um die Belastung der heutigen jungen Generationen durch den Klimawandel zu verringern”

Luke Grant, Wim Thiery und Kolleg:innen

Als beispiellose Belastung durch Extremereignisse definiert das Team eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 1 zu 10.000, dass ein Mensch im Leben dieselbe Belastung durch die jeweiligen Extremereignisse in einer Welt ohne Klimawandel erleben würde. Die Autor:innen weisen auch auf gewisse Einschränkungen der Studie hin – etwa darauf, dass Faktoren wie Binnenmigration nicht berücksichtigt wurden.

Ärmere Menschen sind Hitzewellen stärker ausgesetzt

Das Team um Grant fand auch Unterschiede zwischen Menschen in ärmeren und wohlhabenderen Staaten. Diesen Aspekt betonen Rosanna Gualdi und Raya Muttarak von der Università di Bologna (Italien) in einem Kommentar, ebenfalls in “Nature”, besonders: “Bei einem Szenario mit einer Erwärmung von 2,7 Grad und der aktuellen Politik sind Menschen der sozioökonomisch am stärksten gefährdeten Gruppe – diejenigen mit hohem Armutsniveau und niedrigem Bruttoinlandsprodukt – Hitzewellen durchweg stärker ausgesetzt als andere Gruppen.”

Die Studie unterstreiche, wie dringend notwendig es sei, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren “um die Zukunft der heutigen jungen Generationen zu sichern”, so das Fazit der Autor:innen.

Utopia meint: Wir müssen jetzt handeln

Im globalen Süden sterben schon heute Kinder an den Folgen von Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen, für deren Ursache – die Erderhitzung – vor allem wir hier im Norden verantwortlich sind. Auch, wenn die ganze Welt jetzt sofort ihre Emissionen drastisch reduzieren würde, werden die Temperaturen bis mindestens Mitte des Jahrhunderts weiter ansteigen. 

Wir können den Temperaturanstieg aber sehr wohl für die nachfolgenden Generationen Ende des Jahrhunderts abmildern. Die aktuelle Studie zeigt, wie viele Millionen Menschen das vor Hitzewellen und anderen Extremwettern retten könnte. Das allein sollte alle, die sich für die Zukunft ihrer (Enkel-)kinder und deren Kinder interessieren, dazu motivieren, alles Menschenmögliche für den Klimaschutz zu tun.

** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.

War dieser Artikel interessant?

Vielen Dank für deine Stimme!