Die Wirtschaftsministerin hat ihren lange erwarteten Monitoringbericht vorgestellt. Sie sieht die Energiewende an einem Scheideweg und schlägt zehn „Schlüsselmaßnahmen“ vor, um Kosten zu sparen. Details zu ihren Plänen gibt es aber noch kaum.
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche spricht sich – wenig überraschend – für eine Neuausrichtung der Energiewende mit einer Senkung der Kosten aus. Man stehe bei der Transformation des Energiesystems an einem „Scheidepunkt“, sagte die CDU-Politikerin in Berlin bei der Vorstellung des Monitoringberichts. Angekündigt hatte sie bereits bei Amtsantritt einen „Realitätscheck“ der Energiewende.
Damit die Energiewende ein Erfolgsmodell bleibe, müssten Verlässlichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Kostentragfähigkeit des Energiesystems für den Wirtschaftsstandort ins Zentrum rücken, so Reiche. Am Ziel, dass Deutschland 2030 80 Prozent seines Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien deckt und am Klimaziel 2045 hält sie fest.
Reiche will Photovoltaik-Förderung abschaffen
Auf Grundlage des Monitoringberichts schlägt die Ministerin zehn „Schlüsselmaßnahmen“ vor. So sollen erneuerbare Energien weiter gefördert werden – die bisherige fixe Einspeisevergütung für neue private Photovoltaikanlagen soll aber abgeschafft werden. „Aufdach-PV rechnet sich ohne Förderung“, so Reiche bei der Presskonferenz. Sie deutete zudem einen langsameren Ausbau der Offshore-Windenergie und eine gezieltere Standortwahl erneuerbarer Energieanlagen an.
Beim Netzausbau biete die Nutzung von Freileitungen bei neuen Vorhaben erhebliche Einsparungspotenziale, so das Ministerium. Subventionen sollten systematisch gesenkt werden.
Das Stromsystem müsse flexibler und digitaler werden. Das bedeutet auch, dass Smart Meter, die meist Voraussetzung für einen flexibleren Energieverbrauch sind, möglichst schnell Verbreitung finden sollen.
„Perspektivisch“ wasserstofffähige Gaskraftwerke
Wie erwartet plant das Wirtschaftsministerium mit Blick auf den Bericht den möglichst schnellen Bau von Gaskraftwerken, die der Versorgungssicherheit dienen sollen – diese sollen aber „perspektivisch“ wasserstofffähig („H2 ready“) sein, so die Ministerin. Beim Wasserstoff dagegen wolle man künftig stärker auf Importe setzen und auch blauen (also mittels Erdgas erzeugten) Wasserstoff berücksichtigen.
Den Bericht haben zwei Institute im Auftrag des Ministeriums erstellt, er war seit Ende August erwartet worden. Dabei geht es zum Beispiel um den erwarteten Strombedarf, den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze.
Der erwartete Strombedarf ist demnach geringer als zuvor berechnet – auf dieser Grundlage steht die Planung für den Ausbau von erneuerbaren Energien, Netzen und Speichern. Aufgezeigt werden im Monitoringbericht vor allem Potenziale für mehr Kosteneffizienz.
Reiche hatte bereits deutlich gemacht, dass sie vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur in der Energiepolitik einen stärkeren Fokus auf die Kosten und die Versorgungssicherheit legen will. Ihr Amtsvorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Es kommt aber zunehmend zu Eingriffen ins Netz, damit dieses nicht überlastet wird. Diese Eingriffe erhöhen die Netzentgelte als Bestandteil des Strompreises.
Die heutigen Energiepreise belasteten die Wirtschaft, so Reiche. Sie will den Ausbau der Erneuerbaren besser steuern. Allerdings bleibe der Strompreis in voraussichtlich höher als in europäischen Nachbarländern.
„Energiepolitische Rückschritte“: Kritik an Reiches Plänen
Kritik an den Schlussfolgerungen und Vorhaben der Wirtschaftsministerin kommt von diversen Umweltschutzorganisationen.
„Die Bundesregierung wünscht sich Kosteneffizienz bei der Energiewende, doch ignoriert dabei langfristige Kosten und Klimaschäden“, sagt etwa Mira Jäger, Energieexpertin bei Greenpeace. „Geld sparen will die Bundesregierung mit einem Bilanztrick: Der Energiebedarf wird klein gerechnet, um das Ziel, 80 Prozent erneuerbaren Stromverbrauch bis 2030, weiterhin zu halten. Um die deutschen und europäischen Klimaziele zu erreichen, müssen aber Wärmepumpen, Elektromobilität und Elektrifizierung der Industrie massiv ausgebaut werden.“ Die Flexibilisierung dürfe nicht auf fossilen Abhängigkeiten basieren.
Auch Caroline Gebauer, Leiterin für nationale Klimaschutz- und Energiepolitik beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), warnt: „Versäumnisse bei der Elektrifizierung dürfen von Frau Reiche nicht für energiepolitische Rückschritte instrumentalisiert werden.“
Mit Material der DPA