Auch wenn noch Winter ist, produzieren die ersten Frühblüher bereits kräftig Pollen. Mit dem Klimawandel ändert sich auch die Pollensaison. Was das für Allergiker:innen bedeutet.
Viele Allergiker:innen haben es durch tränende Augen oder Niesreiz bereits zu spüren bekommen: Der Pollenflug in Deutschland ist wegen der milden Temperaturen schon voll im Gang. Hasel und Erle sind als Frühblüher bereits seit einigen Wochen in der Luft und stäuben nach Angaben der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst mit zum Teil hoher Intensität.
Auch die Pollen von Eiben, Zypressengewächsen, Pappeln oder Ulmen fliegen demnach an immer mehr Orten. „Mit der milden Frühlingsluft ploppen reihenweise die Blüten frühblühender Baumarten auf und schicken ihre staubige Fracht … auf Reisen“, wie die Stiftung vergangene Woche in ihrer wöchentlich veröffentlichten Pollenvorhersage berichtete. Wegen zeitweiligen Regenfällen müssten sich Allergiker:innen allerdings auf große Belastungsschwankungen einstellen. Bei Regen reduziert sich die Pollenkonzentration.
Einer Befragung des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge, die von 2008 bis 2011 stattfand, leiden rund 15 Prozent der Deutschen an Heuschnupfen, knapp neun Prozent an Asthma bronchiale. Während bei Heuschnupfen die oberen Atemwege in Mitleidenschaft gezogen sind, ist es bei Asthma die Lunge: Betroffene haben zum Beispiel Anfälle von Atemnot. Dem RKI zufolge hat die Häufigkeit allergischer Erkrankungen seit den 1970er Jahren in Ländern mit westlichem Lebensstil stark zugenommen und sich auf einem hohen Niveau stabilisiert. Die Häufigkeit von Asthma steige weiter an.
Pollensaison: Welche Rolle der Klimawandel spielt
Früher galten die Wintermonate als Verschnaufpause für Allergiker:innen. Mittlerweile beobachten Fachleute, dass sich wegen des Klimawandels beinahe die Zeiten überschneiden, in denen die letzten Pollen der Vorsaison verschwinden und die ersten der neuen Saison auftauchen. Das beeinflusst Auftreten, Häufigkeit und Schwere allergischer Erkrankungen. „Allergiker haben im Prinzip das ganze Jahr Symptome“, sagte Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Umweltmedizin am Uniklinikum Augsburg, der Deutschen Presse-Agentur. „Sie leiden länger und sie leiden mehr, weil mehr Pollen pro Tag fliegen.“
Eine weitere Folge des Klimawandels sei, dass Pollen mehr Allergene freisetzten. Das hängt der Allergologin zufolge nicht nur mit gestiegenen Temperaturen, sondern auch mit einer höheren Schadstoffbelastung zusammen. Vor allem in Städten sei zu beobachten, dass Pflanzen bei einer hohen Schadstoffkonzentration mehr Pollen produzierten – eine Stressreaktion, wie Traidl-Hoffmann erklärte. „Das ist eine Überlebensstrategie der Pflanze.“ Schließlich diene der Pollenflug der Fortpflanzung. Ebenfalls zur Belastung werden könne die Tatsache, dass der Klimawandel neue Pflanzen und damit auch neue Pollen und neue Allergien nach Deutschland bringe.
Zahl der Allergiker:innen wird laut Prognosen zunehmen
Die Entwicklung ist nach Angaben der Ärztin vor allem für schwere Asthmatiker und für ältere Menschen ein Problem. „Aber gerade auch unsere Kinder leiden natürlich wahnsinnig darunter.“ Wer ständig niesen muss oder sich erschöpft fühlt, kann sich auch in der Schule schlechter konzentrieren. Wie sieht der Trend für die kommenden Jahre aus? „Die größte Allergiegesellschaft der Welt, die Europäische Akademie für Allergologie und klinische Immunologie, erwartet, dass im Jahr 2050 die Hälfte der Europäer allergisch ist“, sagte Traidl-Hoffmann.
Gegen die Symptome können Betroffene Nasensprays, Augentropfen und Tabletten nutzen. An der Ursache setzt eine Immuntherapie etwa mit Spritzen oder Tabletten (Hyposensibilisierung) an. Allergiker:innen sollten die Hyposensibilisierung aber beginnen, bevor die jährlichen Allergiebeschwerden einsetzen, empfahl Traidl-Hoffmann.
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