Vielerorts in Deutschland häufen sich Beschwerden über Verzögerungen bei der Briefzustellung. Wer Abo-Zeitschriften oder wichtige Unterlagen erwartet, sitzt auf heißen Kohlen. Lässt sich etwas tun?
Ob Rentenbescheid, Arbeitsunterlagen oder Rechnungen: Wenn wichtige Post nicht ankommt, kann das für Empfänger:innen teils unangenehme Folgen haben. In der Regel haben sie nicht einmal eine Handhabe gegen den Dienstleister. Und doch müssen sie nicht alle Konsequenzen selbst ausbaden. Antworten auf wichtige Fragen.
Wie viel Zeit darf zwischen Briefaufgabe und Briefzustellung vergehen?
Wie lange Briefsendungen unterwegs sein dürfen, schreibt die Post-Universaldienstleistungsverordnung vor. Demnach müssen 80 Prozent der inländischen Briefsendungen am Tag nach dem Versand zugestellt werden, 95 Prozent bis zum zweiten Werktag nach Aufgabe. Sendungen, die bis 17 Uhr in einen Briefkasten eingeworfen oder in einer Filiale abgegeben werden, gelten am selben Tag als aufgegeben.
Laut Bundesnetzagentur muss nicht jeder einzelne am Markt tätige Postdienstleister diese Forderung erfüllen. Die Deutsche Post hat allerdings in einer Selbstverpflichtung erklärt, allen Anforderungen der Verordnung zu entsprechen.
Die Bundesnetzagentur überprüft die Einhaltung der Standards in regelmäßigen Abständen und stellt Mängel bei der Zustellung oder andere Verschlechterungen der Postversorgung durch eingehende Beschwerden fest. Nimmt sie Auffälligkeiten wahr, fordert sie das jeweilige Postunternehmen nach eigenen Angaben auf, die Mängel abzustellen. Sanktionsmöglichkeiten hat die Bundesnetzagentur aber nicht.
Was können Empfänger:innen tun, wenn sie länger als zwei Tage auf ihre Post warten müssen?
Wer lange auf seine Post warten muss, sollte sich zunächst an den jeweiligen Postdienstleister wenden. Dauern die Probleme länger an oder wiederholen sich, ist es sinnvoll, eine Beschwerde bei der Schlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur einzureichen. Das Verfahren ist kostenfrei und soll helfen, eine Einigung im Streit zwischen Kunde und Postunternehmen zu erzielen, wenn der direkte Weg erfolglos geblieben ist.
Wie finde ich heraus, wo die Post abgeblieben ist?
Als Empfänger:in gar nicht. Einen Nachforschungsantrag, um herauszufinden, wo die Sendung abgeblieben ist, können bei geeigneter Versandart – etwa einem Einschreiben – nur Versender:innen stellen. „Da der Postempfänger nicht Auftraggeber der Post ist, ist die Post ihm nicht auskunftspflichtig; aber auch nicht auskunftsfähig, denn nur der Absender weiß, wann und wo er den Brief eingeliefert hat“, sagt Harald Rotter, Rechtsanwalt und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwalt des Deutschen Anwaltvereins.
Kann ich Postunternehmen als Empfänger:in bei verspätet oder gar nicht eingetroffenen Briefen haftbar machen?
„Eine Haftung der Post besteht nur gegenüber deren Vertragspartner, dem Absender“, sagt Rotter. Dann aber auch nicht bei einfachen Briefen, sondern nur zum Beispiel bei Einschreiben oder Wertbriefen. In welchem Umfang der Brief- oder Paketversender haftet, steht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – in der Regel ist die Haftungshöhe begrenzt, die Haftung für Folgeschäden ausgeschlossen.
Wie kann ich nachweisen, dass zum Beispiel eine Rechnung nicht angekommen ist?
Empfänger:innen können keinen Beweis erbringen, dass eine Postsendung nicht angekommen ist. „Man kann nicht ein Nichts beweisen“, sagt Rechtsanwalt Rotter.
Was, wenn ich aufgrund von verspäteter Post Zahlungsfristen verpasse?
Dann haben Empfänger:innen rechtlich keine Konsequenzen zu fürchten. Kommt ein solches Dokument nicht an, kann der Rechnungssteller keine Mahn- oder Inkassogebühren verlangen. „Tut er es doch, muss er beweisen, dass mir die Rechnung zugegangen ist“, sagt Rechtsanwalt Rotter. Und das funktioniert nur, wenn die Rechnung per Einschreiben auf Sendung gegangen ist und die Nachverfolgung ergibt, dass die Zustellung erfolgreich war. Dasselbe gilt für eine per Mail verschickte Rechnung. Der Nachweis, dass eine E-Mail abgeschickt worden ist, genügt nicht.
Wer tatsächlich auf eine Rechnung wartet, ist laut Harald Rotter nicht dazu verpflichtet, beim Rechnungssteller nachzufragen. Wer allerdings eine Mahnung erhält, dem empfiehlt der Rechtsanwalt, das ausstellende Unternehmen zu kontaktieren, es auf die nicht erfolgte Zustellung der Rechnung hinzuweisen und eine neue anzufordern. Andernfalls laufe man Gefahr, im Fall einer Klage die Kosten tragen zu müssen.
Wem weder Rechnung noch Mahnung zugegangen ist, plötzlich aber eine Klage im Briefkasten findet, der sollte dem Gericht das umgehend mitteilen und wegen der fehlenden Rechnung eine Klageabweisung beantragen, rät Rotter.
Reichen Kläger:innen eine korrekte Rechnung nach, sollte man dem Gericht ein sogenanntes sofortiges Anerkenntnis schreiben und den Rechnungsbetrag unverzüglich bezahlen. Mit diesem Schritt erkennen Beklagte den Anspruch der Kläger:innen als berechtigt an, entgehen so aber den Gerichtskosten. Denn dafür, und gegebenenfalls auch für die gegnerischen Anwaltskosten, müssen laut Rotter dann die Kläger:innen aufkommen. Der Grund: An der eigentlichen Ursache der nicht bezahlten Rechnung, der nicht erfolgten Postzustellung, sind die Beklagten ja nicht schuld.
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