Das Leben in Deutschland ist deutlich teurer geworden, woran steigende Energiepreise großen Anteil haben. Der Staat will mit Preisbremsen helfen, die nun im Bundestag beschlossen wurden. Die Energiebranche sieht aber noch große Hürden.
Der Bundestag hat am Donnerstag die Energiepreisbremsen beschlossen. Damit sollen die Folgen der stark gestiegenen Preise für Verbraucher:innen und Unternehmen abgefedert werden. Die Preisbremsen müssen am Freitag noch den Bundesrat passieren.
Für private Haushalte und kleine und mittlere Firmen sollen die Preisbremsen ab März gelten, für Januar und Februar ist eine rückwirkende Entlastung geplant. Für große Industrieverbraucher soll die Gaspreisbremse ab Januar greifen.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, der russische Präsident Wladimir Putin habe Energie als Waffe eingesetzt, um die Solidarität mit der Ukraine zu brechen und die Gesellschaft zu spalten. Das werde nicht gelingen. „Wir lassen niemanden in dieser Krise alleine.“
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, die Politik gebe weiten Teilen der Bevölkerung und der Wirtschaft Sicherheit. Die Ampel werde sich anschauen, wo möglicherweise nachgesteuert werden müsse. Dagegen kritisierte etwa der Linke-Abgeordnete Klaus Ernst, trotz der Preisbremsen sei der Gaspreis noch immer doppelt so hoch wie vor der Krise.
Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme
Bei der Gaspreisbremse sollen Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert bekommen. Für Wärmekund:innen soll der Preis bis zur 80-Prozent-Grenze 9,5 Cent betragen. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der ganz normale Vertragspreis gelten – so soll ein Sparanreiz erhalten bleiben.
Für Industriekund:innen wird der Preis pro Kilowattstunde auf 7 Cent netto gedeckelt. Bei Wärme liegt er bei 7,5 Cent netto. Die gesetzlich festgelegten Preise gelten in der Industrie aber lediglich für 70 Prozent des Jahresverbrauchs im Jahr 2021.
Die Strompreisbremse funktioniert ähnlich. Sie sieht vor, dass Haushalte und kleinere Unternehmen 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Für Industriekunden liegt die Grenze bei 13 Cent für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs.
Die Entlastungen sind bis April 2024 befristet und sollen ab März des kommenden Jahres greifen. Bürger:innen und Unternehmen sollen aber rückwirkend auch für Januar und Februar entlastet werden, indem im März die Vergünstigungen für die beiden vorherigen Monate mitangerechnet werden.
Härtefall für Pellets, Öl und andere Heizstoffe
Auch wer mit Stoffen heizt, die nicht über Leitungen ins Haus fließen, soll entlastet werden. Davon profitieren könnten Nutzer:innen von Heizöl, Pellets, Flüssiggas oder auch von Kaminöfen. Details sollen später in einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern festgeschrieben werden, da der Bund zwar bis zu 1,8 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Verfügung stellen will, die Länder sich aber um die Anträge und Auszahlung kümmern sollen.
Maßgeblich ist der Zeitraum vom 1. Januar bis 1. Dezember 2022. Bis zu einer Verdopplung ihrer Heizkosten gegenüber dem Vorjahr stehen die Verbraucher:innen dabei noch allein in der Pflicht. Bei allen zusätzlichen Kosten will der Bund 80 Prozent übernehmen, vorausgesetzt, die Bedingungen für einen Zuschuss von mindestens 100 Euro sind erfüllt. Die Obergrenze pro Haushalt liegt bei 2000 Euro.
Auflagen für Boni und Dividenden
Unternehmen, die staatliche Unterstützung bekommen, müssen Auflagen bei Boni und Dividenden hinnehmen. Dividenden sind Ausschüttungen, mit denen Aktiengesellschaften ihre Anleger am Gewinn beteiligen. Bei den Boni geht es hier nicht um Prämien für normale Mitarbeiter, sondern um Zahlungen an Organe der Geschäftsführung.
Wer insgesamt mehr als 25 Millionen Euro an Staatshilfe bekommt, darf bereits vereinbarte Boni und Dividenden nicht mehr erhöhen. Ab 50 Millionen sollen keine Boni und Dividenden mehr ausgezahlt werden dürfen. Unternehmen müssen diese Unterstützung allerdings nicht in Anspruch nehmen und können in diesem Fall auch weiterhin Boni und Dividenden auszahlen.
Energie- und Wasserwirtschaft warnt
Im Vorfeld zeigte sich der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) entgeistert. „Die Gesetzentwürfe zu den Energiepreisbremsen sind so komplex geraten, dass ihre praktische Umsetzung eine Mammutaufgabe für die Energiebranche wird“, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae, voraus. Zwar werde die Branche alles tun, damit die Entlastungen so reibungslos wie möglich bei den Bürgerinnen und Bürgern ankämen. Unter anderem wegen der aufwendigen Umstellung von IT-Systemen könne ein reibungsloser Start zum 1. März nicht garantiert werden.
Es sei ein „absolutes Novum“, dass die Bundesregierung einer Branche Aufgaben übertrage, die eigentlich zum klassischen Kernbereich des Staates gehörten, so Andreae. „Der Staat muss schleunigst ein System schaffen, um selbst staatliche Unterstützung an die Bürgerinnen Bürger zielgerecht und einkommensabhängig auszahlen zu können.“ Einen solchen Kanal, über den alle Bürger erreicht werden könnten, gibt es bislang nicht.
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