Luftverschmutzung kann diverse negative Auswirkungen haben. Auch auf die Psyche? Eine Studie hat Daten von 389.185 britischen Bürger:innen ausgewertet – und stellte einen Zusammenhang zwischen Depressionen, Angstzuständen und Luftverschmutzung fest.
Forscher:innen der Universitäten Oxford und Peking sowie des Imperial College London haben den Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und Luftverschmutzung untersucht. Ihre Studie, welche in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association Psychiatry veröffentlicht wurde, kommt zu folgendem Schluss: Bei Proband:innen, die in Gebieten mit höherer Luftverschmutzung lebten, traten häufiger Depressionen oder Angstzustände auf. Dafür reichten schon niedrige Luftverschmutzungswerte, die geltende Grenzwerte nicht überstiegen. Die Forscher:innen fordern deshalb strengere Grenzwerte.
Studie untersucht Auswirkungen von Luftverschmutzung im vereinigten Königreich
Die Studie basiert auf Daten der UK-Biobank. Dabei handelt es sich um ein Forschungsprojekt, das seit 2006 Gesundheitsdaten vom Bürger:innen des Vereinigten Königreichs sammelt. Die Forscher:innen identifizierten 389.185 Testpersonen, die zwischen 2006 und 2010 in die Datenbank aufgenommen wurden und zu diesem Zeitpunkt nicht unter Depressionen oder Angstzuständen litten.
Da die Datenbank auch Informationen zum Wohnort enthält, konnten die Wissenschaftler:innen die jährliche mittlere Luftverschmutzung vor Ort schätzen – über einen Zeitraum von 11 Jahren. Dabei betrachteten sie verschiedene Formen der Luftverschmutzung, darunter Feinstaub, Stickstoffdioxid (NO2) und Stickoxid (NO). Über die Biobank konnten sie nachvollziehen, ob bei den Proband:innen in den 11 Jahren nach Aufnahme in die Datenbank psychische Erkrankungen festgestellt wurden. 13.131 erkrankten demnach an einer Depression and 15.835 erlebten Angstzustände. Auf dieser Basis untersuchten die Forscher:innen statistische Zusammenhänge.
Statistischer Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Depressionen sowie Angstzuständen
Die Forscher:innen stellten fest, dass mit zunehmender Luftverschmutzung auch die Fälle von Depressionen und Angstzuständen zunahmen. Dies galt aber nur bis zu einem gewissen Grad an Verschmutzung. Auch stellte die Studie schon bei geringen Verschmutzungswerten steile Anstiege bei Diagnosen fest. Die Forscher:innen kommen zu dem Schluss, dass es reicht, niedrigen Schadstoffwerten langfristig ausgesetzt zu sein. Dies führe genauso wahrscheinlich zu einer Diagnose wie die Aussetzung gegenüber höheren Werten.
Wie kann sich Luftverschmutzung auf die Psyche auswirken? Die Forscher:innen weisen unter anderem auf direkte Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem hin – zum Beispiel über Entzündungswege. Besonders kleine Feinstaubpartikel können demnach unter anderem die Blut-Hirn-Schranke schädigen. Stickstoffdioxid könne indirekt zu oxidativem Stress führen, was zum Auftreten von Depressionen und Angstzuständen beitragen kann. Die Studien-Autor:innen betonen jedoch, dass weitere Forschung nötig sei, um zu klären, welche Mechanismen den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und psychischer Gesundheit hervorrufen.
Großbritannien will Grenzwert für Feinstaub anheben
Die Studienautoren plädieren in der Studie dafür, „künftig strengere Standards und Vorschriften für die Luftreinhaltung einzuführen“. Dafür gibt es einen aktuellen Anlass.
Im Vereinigten Königreich wurden die Grenzwerte für Luftverschmutzung vor kurzem angehoben. Wie der Guardian berichtet, sollen ab 2028 Feinstaubwerte (für Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser von 2,5 Mikrometer) von 12 Mikrogramm pro Kubikmeter als Jahresdurchschnitt erlaubt sein. Der Wert ist doppelt so hoch wie der, der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegt wurde – sie erlaubt 5 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die EU hat 2022 angekündigt, entsprechende Grenzwerte zu verschärfen: von derzeit 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auf 10 Mikrogramm.
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