Auf dem Weg von Teneriffa zum spanischen Festland wurde eine Segeljacht von Orcas attackiert. Verletzt wurde niemand, doch das Schiff ging unter. Ein Betroffener berichtet von dem Vorfall.
Was sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag auf der Seeroute zwischen Teneriffa und Südspanien ereignet hat, klingt wie das Horrorszenario aus Frank Schätzings Roman „Der Schwarm“: Wie aus dem Nichts haben Wale ein Schiff angegriffen und es versenkt, berichtet unter anderem das Schweizer Onlinemedium Blick. Anders als in der Sci-Fi-Geschichte ging die reale Situation jedoch glimpflich aus. Die Seenotrettung kam rechtzeitig, um alle Bootsinsass:innen in Sicherheit zu bringen. Die Segeljacht „Alboran Champagne“ ging dennoch unter.
Drei Orcas attackierten das Boot
Gegenüber Blick schildert Skipper Werner Schaufelberger, der das Boot zum Zeitpunkt des Angriffs führte, die Situation. Gemeinsam mit seiner Crew habe er sich auf dem Weg zur südspanischen Stadt Benalmádena befunden, als kurz nach Mitternacht einige Schwertwale das Boot attackierten. „Im ersten Moment dachte ich, dass wir etwas gerammt hatten“, erinnert sich der 72-jährige Skipper: „Aber schon nach kurzer Zeit war uns klar, dass es Orcas sind.“
Unmittelbar darauf habe die Besatzung den Motor angestellt. Doch die Orcas, zwei kleinere und ein größerer, ließen nicht locker: „Die beiden Kleinen rüttelten hinten am Ruder. Der Große nahm immer wieder Anlauf und rammte das Schiff mit voller Wucht“, berichtet Schaufelberger. Irgendwann hätten dann auch die kleineren beiden Wale damit angefangen, das Schiff mit Anlauf zu rammen.
Zwei Stunden nach dem Angriff habe die Besatzung dann Löcher im hinteren Teil der Jacht entdeckt. Als der Versuch scheiterte, sie notdürftig abzudichten, habe die Crew die Küstenwache alarmiert. Ein Rettungsboot brachte sie in Sicherheit. Der Versuch, die Jacht zu retten, scheiterte jedoch. Kurz vor der Einfahrt in den Hafen sei das Wasser bis zum Deck gestanden, bis irgendwann nur noch der Mast aus dem Meer ragte.
„Dass Orcas Schiffe so zerstören, gibt es eigentlich nie“
„Ich habe zum ersten Mal ein Schiff sinken sehen“, sagt der erfahrene Segler. Zwar käme es in der Gegend immer mal wieder zu Angriffen durch Orcas. Doch „dass Orcas Schiffe so zerstören, gibt es eigentlich nie“. Die Deutsche Stiftung Meeresschutz weiß immerhin von drei Fällen seit 2020, in denen Schiffe von Schwertwalen komplett zerstört wurden.
Insgesamt habe es von Juli 2020 bis Oktober 2022 laut Angaben der Organisation GT Orca Atlántica insgesamt 456 Begegnungen zwischen Orcas und Segelschiffen zwischen der marokkanischen Küste und der Straße von Gibraltar gegeben. Hierzu zählen aber nicht nur Angriffe, sondern alle „Momente, in denen die Anwesenheit eines Bootes eine Reaktion bei Orcas hervorruft“.
Warum greifen Orcas Boote an?
Noch gibt es keine eindeutige Erklärung für das Verhalten der Schwertwale, das in der Gegend um Gibraltar besonders häufig vorkommt. Laut Spektrum gebe es zumindest keine Anzeichen darauf, dass die Tiere versuchen, Menschen anzugreifen oder Boote zu versenken. Stattdessen würden sie die Boote nur zur Umkehr bewegen wollen. Womöglich deshalb, weil sie aufgrund von Fischfangaktivitäten große Boote mittlerweile als starke Nahrungskonkurrenten betrachten.
Spektrum zufolge seien sich Forschende zumindest darin einig, dass Gibraltar-Schwertwale unter starkem Stress stünden, da sie von Fischerbooten gestört oder verletzt würden, sich teils in deren Netzen verfangen oder sogar gezielt von Fischer:innen angegriffen würden.
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