Traditionelle Rollenbilder sind bei jungen Männern in Deutschland weit verbreitet, wie eine repräsentative Umfrage zeigt. Und sogar Gewalt gegen Frauen findet jeder Dritte akzeptabel, lautet ein weiteres alarmierendes Ergebnis. Knapp die Hälfte stört offen gezeigte Homosexualität.
Traditionelle Rollenbilder sorgen bei jungen Männern in Deutschland zum Teil für eine hohe Akzeptanz von Gewalt gegen die Partnerin. Zu diesem Ergebnis kommt die bundesweit repräsentative Umfrage der Organisation Plan International Deutschland. Befragt wurden 1000 Männer zwischen 18 und 35 Jahren.
Ein Drittel der befragten Männer, 33 Prozent, finden es demnach „akzeptabel“, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin hin- und wieder „die Hand ausrutscht„. 34 Prozent seien bereits handgreiflich gegen Frauen gewesen, um ihnen „Respekt einzuflößen“, wie es weiter in der Umfrage heißt.
Auch Abneigung gegen Homosexualität stark verbreitet
Alarmierend sind auch die Antworten in anderen Themenbereichen. Die befragten Männer äußerten eine hohe Abneigung gegen das öffentliche Zeigen von Homosexualität. 48 Prozent sagten, dass sie dies „störe“ und über 40 Prozent würden gegenüber „feminin“ wirkenden Männern „schon mal einen Spruch“ abgeben.
Über die Hälfte geprägt durch klassische Rollenbilder
Zudem herrscht bei den Befragten ein überwiegend klassisches Rollenverständnis vor. Die Hälfte sieht sich in einer heterosexuellen Beziehung as „Versorger“ an, der „das Sagen“ habe.
52 Prozent sehen ihre Aufgabe der Umfrage zufolge in einer solchen Partnerschaft darin, das Geld zu verdienen – während die Frau den Haushalt übernehmen solle. Knapp die Hälfte möchte bei Entscheidungen das letzte Wort haben.
Fast 40 Prozent erwarten zudem, dass ihre Partnerin ihre eigenen Ansprüche zurückstellt, um ihnen den Rücken freizuhalten. Nicht mehr als ein paar Wochen in Elternzeit gehen zu wollen gaben ebenfalls zirka 40 Prozent an.
Ungleiche Ansprüche beim Sexualleben
Jeder zweite befragte Mann möchte keine Beziehung mit einer Frau haben, die bereits viele Sexualpartner hatte. 37 Prozent finden es gleichzeitig reizvoll, mit möglichst vielen Frauen zu schlafen.
Gefühle zu zeigen sei bei vielen nicht erwünscht. Wenn sie Gefühle äußerten, fühlten sie sich „schwach“ und „angreifbar“, gaben 51 Prozent der Befragten an. 63 Prozent fühlten sich manchmal traurig, einsam oder isoliert.
Probleme alleine lösen
71 Prozent wollen zudem persönliche Probleme selbst lösen – ohne Hilfe von anderen. Die Hälfte gab an, gesundheitliche Probleme zu ignorieren, da sie schon von selbst weggingen.
Update, 12. Juni, 16.35 Uhr: Inzwischen sind kritische Stimmen an der Erhebung der Umfrage laut geworden. Wie unter anderem BuzzFeed News berichtet, ist die Befragung von Plan International über das Online-Tool Myiyo erstellt worden. Hierbei erhalten die Teilnehmer Geld für ihre Selbstauskunft. Das kann, so die Kritik, zu einer Verzerrung – einem sogenannten Bias – der Ergebnisse führen. Das heißt: Männer aus einer bestimmten soziodemografischen Gruppe könnten an der Umfrage teilgenommen haben. Offen sei zudem, ob man auch Direkt-Links zu einzelnen Umfragen mit Freunden teilen könne, was den verfälschenden Effekt verstärken würde. Die Studienautor:innen selbst schreiben: „Erfahrungsgemäß befinden sich in Online-Panels eher Personen mit etwas höherer Bildung, einer gewissen Computer-Affinität und einer natürlichen Neugierde und Mitteilungsbereitschaft“, gegen die man „durch die Bildungsquote ohne Schulabschluss / Hauptschulabschluss / mittlerer Schulabschluss“ gegengesteuert habe.
Hinweis: Betroffene Frauen können das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 116 016 kontaktieren. Der vom Bundesfamilienministerium geförderte Verein Frauenhauskoordinierung e.V. bietet zudem eine bundesweite Übersicht über freie Plätze in Frauenhäusern und Schutzwohnungen.
Männer, die Gewalt erleben, können sich unter 0800 1239900 an das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ wenden.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Lernen, Nein zu sagen: Das Problem mit Abgrenzungscoach:innen
- Vermächtnisstudie: Männer übernehmen vorrangig drei Aufgaben in der Familie
- Harald Lesch kritisiert Polizei-Razzia: „Mit gezogener Waffe vor dem Bett stehen“
War dieser Artikel interessant?