Wie kann man sich vor Gedächtnisschwund im Alter schützen? Eine Studie aus China hat sechs gesunde Gewohnheiten identifiziert, die dabei helfen könnten. Dazu wurden mehr als 29.000 Menschen untersucht – über 10 Jahre hinweg.
Mit dem Alter wird das Gedächtnis tendenziell schlechter. Eine chinesische Studie hat untersucht, ob der eigene Lebensstil Einfluss auf diesen Prozess hat. Dafür haben Forscher:innen des Nationalen Zentrums für Neurologische Störungen in Peking 29.072 Senior:innen über einen Zeitraum von 10 Jahren immer wieder befragt und untersucht.
Die Ergebnisse machen Hoffnung: Sie legen nahe, dass eine Kombination aus gesunden Gewohnheiten dazu beitragen, den Gedächtnisschwund zu verlangsamen und das Demenzrisiko zu verringern. Die Studie ist kürzlich im Fachblatt BMJ erschienen.
Gesunde Gewohnheiten: Können sie vor Gedächtnisschwund schützen?
Das Experiment begann bereits im Jahr 2009: Die 29.072 Studienteilnehmer:innen waren zu diesem Zeitpunkt bereits 60 Jahre oder älter, mit als medizinisch „normal“ definierten kognitiven Fähigkeiten. Es handelt sich ausschließlich um Menschen aus China. Circa 20 Prozent der Senior:innen wiesen das APOE-Gen aus, das als stärkster Risikofaktor für Alzheimer gilt. Ausgeschlossen wurden Teilnehmer:innen mit einer lebensbedrohlichen Krankheit, Hör- oder Sehbehinderungen.
Die Proband:innen nahmen mehrmals an Tests teil, um ihre Gedächtnisfunktion zu messen – sowohl zu Beginn der Studie als auch während Nachuntersuchungen in den Jahren 2012, 2014, 2016 und 2019. Wenn bei diesen Nachuntersuchungen eine leichte kognitive Beeinträchtigung oder Demenz auftrat, wurden die Daten dieser Personen bei den Hauptanalysen nicht mehr berücksichtigt. Die Forscher:innen betonen, dass die Studie vor allem den normalen Gedächtnisschwund im Alter untersucht, nicht Demenz.
Demenz ist eine Krankheit, bei der Betroffene nach und nach die während ihres Lebens erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten verlieren. Die Ursache liegt meist bei Durchblutungsstörungen im Gehirn. Alzheimer ist eine häufige Form von Demenz, die auf dem Verlust von Nervenzellen beruht. Darüber hinaus gibt es noch Altersvergesslichkeit, die bei älteren Menschen häufig auftritt. Bei ihr handelt es sich um eine leichte Störung, die reversibel ist und stabilisiert werden kann.
Studie misst sechs gesunde Gewohnheiten
Außerdem füllten die Proband:innen immer wieder einen Fragebogen zu ihrem Lebensstil aus. Die Forscher:innen bewerteten diesen anhand von sechs Faktoren für eine gesunde Lebensweise und teilten die Teilnehmer:innen je nach Ergebnis in verschiedene Gruppen ein.
Die Ergebnisse zeigten: Die einzelnen Gewohnheiten konnten den Gedächtsnisverlust unterschiedlich stark beeinflussen:
- Gesunde Ernährung war demnach am einflussreichsten: Als gesund zählte die Ernährung, wenn Teilnehmer:innen täglich Nahrungsmittel aus mindestens sieben von zwölf Gruppen aßen. Nämlich Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Milchprodukte, Salz, Öl, Eier, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Tee.
- Auch kognitive Aktivität konnte Gedächtnisschwund maßgeblich verlangsamen. Teilnehmer:innen galten als kognitiv aktiv, wenn sie mindestens zweimal pro Woche schreiben, lesen, Karten oder andere Spiele spielen.
- Körperliche Bewegung war die drittwichtigste Gewohnheit. Dafür müssen sich Proband:innen mindestens 150 Minuten die Woche moderat bewegen oder 75 Minuten pro Woche Sport machen.
- Darauf folgten soziale Kontakte: Pflegen die Senior:innen mindestens zweimal pro Woche soziale Kontakte, beispielsweise durch Besuche bei Familie und Freund:innen?
- Auch Rauchen spielte eine Rolle. Als gesunde Gewohnheit galt nur das Nichtrauchen.
- Keinen Alkohol zu trinken hatte den geringsten Einfluss der untersuchten gesunden Gewohnheiten.
Zusammenhang zwischen gesunden Gewohnheiten und Gedächtnisschwund?
Die Forscher:innen fassen ihre Ergebnisse wie folgt zusammen: „Eine Kombination positiver gesunder Verhaltensweisen ist mit einer langsameren Geschwindigkeit des Gedächtnisschwunds bei kognitiv normalen älteren Erwachsenen verbunden“. Wer mehrere gesunde Gewohnheiten ausübte, hatte eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine fortschreitende leichte kognitive Beeinträchtigung und Demenz. Der positive Effekt von gesunden Gewohnheiten ließ sich auch bei Proband:innen mit APOE-Gen beobachten.
Wie der Guardian schreibt, hatten Menschen mit vier bis sechs der genannten gesunden Gewohnheiten eine um fast 90 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, eine Demenz oder eine leichte kognitive Beeinträchtigung zu entwickeln als diejenigen, die keiner oder nur einer davon nachgingen. Wer zwei bis drei Gewohnheiten verfolgte, bei dem sank das Risiko um 30 Prozent.
Wie belastbar sind die Studienergebnisse? Die Forscher:innen weisen selbst auf einige Beeinträchtigungen hin. Zum Beispiel beruhe die Bewertung der Gewohnheiten auf Selbstauskünften und sei deshalb anfällig für Messfehler. Dr. Susan Mitchell von der Organisation Alzheimer’s Research UK lobt die Durchführung der Studie gegenüber dem Guardian. Sie „ergänzt die umfangreichen Beweise dafür, dass ein gesunder Lebensstil dazu beitragen kann, Gedächtnis und Denkvermögen im Alter zu unterstützen.“
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