Die Vermächtnisstudie untersucht die Ungleichheit zwischen Geschlechtern in Familien und im Alltag. Das Ergebnis: Männer übernehmen in der Familie insbesondere drei Aufgaben.
Frauen regeln nach wie vor den Alltag in Familien: Einkaufen, kochen, Geschenke für Familienfeiern organisieren und klären, wer wann wohin muss. Zu diesem Ergebnis kam die vierte Auflage der repräsentativen Vermächtnisstudie, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaften und die Zeit gemeinsam auflegten.
Über 4.200 Personen nahmen an der Umfrage teil. Wissenschaftlich geleitet wurde sie von Jutta Allmendinger, Präsidentin des WZB. Das Thema der Studie ist die anhaltende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und ihre Folgen. Zum ersten Mal wurden die Teilnehmenden auch zu dem Thema Mental Load befragt – der unsichtbaren kognitiven Arbeit – und wie sie zwischen den Geschlechtern verteilt ist.
Ergebnis: Männer fühlen sich für drei Aufgaben verantwortlich
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass drei Aufgaben in Bezug auf Haushalt, Familienorganisation und Freizeitaktivitäten überwiegend oder ausschließlich in der Verantwortung der Männer liegen: Reparaturen, Handwerken und Finanzen. „Diese Dinge fallen meist nicht täglich an“, heißt es in der Studie. Währenddessen kümmern sich laut der Befragung Frauen gänzlich oder überwiegend um Kinderbetreuung, Putzen, Waschen und Einkaufen. Die Befragten sollten bei 21 Aktivitäten einschätzen, welche:r Partner:in jeweils dafür verantwortlich ist. Auch die Antwort „beide“ konnten die Befragten angeben.
Die Studienautor:innen haben beobachtet, dass die befragten Männer davon ausgehen, dass die mentale Arbeit fair verteilt ist. Frauen sehen das demnach anders. 78 Prozent der Männer sagten, dass die Erziehung der Kinder gleich geschultert werde. Doch nur 55 Prozent der Frauen konnten dem zustimmen.
Ein weiteres Ergebnis: Bei der Aufteilung der Organisation von Haushalt und Familie gibt es wenige Unterschiede bei Erwerbskonstellationen innerhalb der Partnerschaft. So sah die Verteilung bei Paaren mit zwei Vollzeit-Arbeitnehmer:innen fast genauso aus wie bei Familien mit Frauen, die in Teilzeit oder nicht erwerbstätig sind.
Befragte: Elternzeit habe negativere Auswirkungen auf Karriere der Männer
Doch wie die Arbeit in der Familie und im Alltag aufgeteilt werde, sei aus Sicht der Teilnehmenden nur eine von mehreren Hürden für die Gleichstellung. Als ein weiteres Hindernis sehen die Befragten die Auswirkung der Elternzeit auf die Karriere. Die Hälfte der Studienteilnehmer:innen (52 Prozent) gehen davon aus, dass die Elternzeit negative Folgen für die Berufslaufbahn der Väter habe. Frauen sahen Männer stärker benachteiligt als sich selbst. Nur 31 Prozent der befragten Frauen waren der Meinung, dass diese Benachteiligung auch für Frauen gelte.
Private Entscheidungen spielen Rolle im Berufsleben: Beispiel Nachnamen
Auch sogenannte „heimliche“ Hürden zur Gleichstellung untersucht die Studie, wie beispielsweise die Namenswahl. So müssen Frauen zwar seit 1976 nach der Hochzeit nicht mehr den Nachnamen des Mannes annehmen – viele tun es demnach dennoch. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass private Entscheidungen wie diese Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben.
Männer mit dem Nachnamen der Frau werden, so die Studie, „als weniger berufsorientiert wahrgenommen“ als Männer, die ihren Namen behalten. Nimmt die Frau den Namen des Mannes an, werde dem Mann im Schnitt nachgesagt, „seinen Beruf besonders wichtig zu nehmen„.
Bei Frauen konnte die Studie keine erheblichen Unterschiede ausmachen. Ihnen werden generell eine geringere Berufsorientierung zugeschrieben als Männern. Dabei ist es egal für welchen Nachnamen sie sich entscheiden, heißt es in der Studie.
Frauenquoten könnte Hindernis für Gleichstellung sein
Auch Frauenquoten und Mentoringprogramme können eine Hürde für die Gleichstellung sein, so die Studie. In Unternehmen, die Wert auf Frauenförderung legen, ist es laut Studie weniger wahrscheinlich, dass Intelligenz und Fleiß als Gründe für den Erfolg der Frauen gesehen werden als in Unternehmen, in denen das nicht der Fall ist.
Generell schätzten die Befragten die Beförderung von Frauen jedoch als fairer ein als von Männern. Deren Erfolg schreiben die Teilnehmenden im gleichen oder sogar höherem Maße ihrem Fleiß und ihrer Intelligenz zu als Männern.
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