Dass die Vier-Tage-Woche gut für die Menschen ist, ist schon länger wissenschaftlich nachgewiesen: Weniger Stress und Krankheit, stattdessen mehr Produktivität. Doch auch auf das Klima würde sie sich positiv auswirken, wie neuere Forschung zeigt.
Kürzere Arbeitszeiten können zu niedrigeren CO2-Emissionen führen – zu diesem Ergebnis kommt die Forscherin Juliet Schor. Im Gespräch mit der Deutschen Welle (DW) schildert die Wirtschaftswissenschaftlerin und Soziologieprofessorin am Boston College in den USA ihre Forschungsergebnisse. „Wir haben festgestellt, dass Länder mit langen Arbeitszeiten hohe CO2-Emissionen haben, während Länder mit kurzen Arbeitszeiten niedrigere CO2-Emissionen aufweisen“, so Schor.
Zehn Prozent weniger Arbeit gleich 15 Prozent weniger Emissionen
In einer Studie von 2017 konnte Schor mit anderen Wissenschaftler:innen einen klaren Zusammenhang zwischen den Arbeitszeiten und der Klimabilanz von Staaten mit hohem Einkommen nachweisen. Das Team untersuchte OECD-Staaten in den Jahren von 1970 bis 2007. Das Ergebnis: Wenn die Arbeitszeit um zehn Prozent gesenkt wird, kann sich der CO2-Ausstoß um fast 15 Prozent reduzieren.
Vier-Tage-Woche in England: Bis zu 20 Prozent weniger Emissionen
Eine andere Studie von 2021 der britischen Umweltgruppe Platform untersuchte die Treibhausgase in England und wie sie durch eine Vier-Tage-Woche reduziert werden könnten. Demnach könnten um bis zu 20 Prozent und um zirca 127 Millionen Tonnen der Emissionen die verkürzte Woche bis 2025 senken. Das ist mehr als der ganze ökologische Fußabdruck Belgiens, wie die DW betont.
Platform resümierte, dass sich die Vier-Tage-Woche dreifach positiv auf’s Klima auswirken würde:
- Durch den freien Tag kann der Energieverbrauch am Arbeitsplatz gesenkt werden
- Durch weniger Pendler:innen-Verkehr entstehen weniger Emissionen
- Sie könne zudem zu einem nachhaltigen Lebensstil anregen
Zu weniger Emissionen aus dem Verkehr von Pendler:inen kann auch die vermehrte Arbeit im Homeoffice führen.
Reduzierte Emissionen schwer zu messen
In zwei vor kurzem durchgeführten Pilotprojekten zur Vier-Tage-Woche in über 90 Firmen in Großbritannien, Irland und den USA erforschten Schor und ihr Team die Reduzierung des Pendel-Verkehrs. Im Schnitt verkürzte sich die Pendelzeit pro Arbeitnehmer:in pro Woche um eine halbe Stunde, und so auch die Emissionen.
„Vor allem in den USA haben wir einen Rückgang des Pendlerverkehrs festgestellt“, sagt Schor über das Pilotprojekt. Für ein Viertel der gesamten Treibhausgasemissionen ist in den USA, Großbritannien und der EU der Verkehr verantwortlich.
Außerdem pendelten die Menschen nicht nur weniger – sie kamen auch generell seltener mit dem Auto zur Arbeit. In künftiger Forschung wollen die Wissenschaftler:innen die weiteren Auswirkungen der Vier-Tage-Woche auf die CO2-Emissionen messen. Die genaue Reduzierung der Emissionen zu messen sei jedoch gar nicht so leicht, sagte Schor der DW.
Wie gestalten Menschen den freien Tag?
Denn wie sich die Vier-Tage-Woche auf die CO2-Bilanz auswirkt, hängt auch stark davon ab, wie die Menschen ihren freien Tag nutzen. Unternehmen sie beispielsweise eine Reise mit dem Flieger oder mit dem Auto?
„Wir haben die Leute gefragt, wie sie ihren freien Tag verbringen, und es scheinen keine sehr CO2-intensiven Aktivitäten zu sein“, sagt Schor der DW. „Fliegen sie irgendwo hin, etwa in Ländern wie Irland und Großbritannien, wo es billige Flüge gibt? Das scheint nicht der Fall zu sein“, ergänzt die Wirtschaftswissenschaflerin.
Stattdessen würden die Menschen die freie Zeit nahe ihres Wohnorts verbringen – für Hobbies oder Hausarbeit. Es ließe sich also die Verschiebung hin zu einem nachhaltigeren Lebensstil beobachten, so Schor.
Produktiver, gesünder, glücklicher
Auch für Menschen hätte die Vier-Tage-Woche positive Auswirkungen. In den zwei von Schor geleiteten Pilotprojekten nahmen 3.500 Beschäftigte teil. Ihre Arbeitswoche wurde von fünf auf vier Tage verkürzt – bei gleichem Lohn.
In den vier Tagen sollten sie die gleiche Arbeit wie zuvor erfüllen, was den meisten auch gelang. Einige waren sogar noch produktiver und nahmen zudem weniger Urlaubstage in Anspruch. Die Angestellten fühlten sich generell glücklicher und gesünder.
Durchgeführt wurde die Studie von der Londoner NGO 4 Day Week Global, dem Think Tank Autonomy sowie der Universität Cambridge und dem Boston College. Nach der Pilotphase behielten deswegen mehr als 90 Prozent der Unternehmen die Vier-Tage-Woche bei – nur vier Prozent führten wieder das Fünf-Tage-Modell ein.
Weitere Forschung bestätigt Vorteile für Mitarbeiter:innen und Unternehmen
Auch in einer anderen Studie hatten Wissenschaftler:innen aus Boston und Cambridge zuvor die positiven Effekte der Vier-Tage-Woche erforscht: Neben anderen positiven Effekten gingen vor allem die Krankheitstage der Mitarbeiter:innen während dieses Pilotprojekts stark zurück – um rund zwei Drittel (65 Prozent).
Auch andere Pilotprojekte zur Vier-Tages-Woche kamen in den vergangenen Jahren zu durchweg positiven Ergebnissen, wie die DW berichtet. Auch in Japan, Neuseeland, Irland, Spanien, Island, und ebenfalls den USA und Großbritannien verbesserte sich das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Produktivität der Arbeitnehmer:innen.
Weitere Forschung bereits in der Planung
Auf diesen Themen lag bisher der Fokus der Forschung zur Vier-Tage-Woche, so Schor. In Zukunft müsse noch besser erforscht werden, wie sie sich auf CO2-Emissionen und den Energieverbrauch auswirken könnte. Schor plant hierzu bereits Forschungsprojekte für die kommenden Monate in Europa, Brasilien, Südafrika und Nordamerika. Sie ist überzeugt, dass die Vier-Tage-Woche, in unterschiedlichen Formen, die Zukunft sein wird.
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