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Warnstufe rot: Italienisches Urlaubsparadies droht, zur Wüste zu werden

Dürre in Sizilien
Foto: Andrew Medichini/AP/dpa

Extreme Trockenheit bedroht derzeit ein beliebtes Urlaubsparadies: Seen trocknen aus und Wasser wird mancherorts für die Einwohner:innen ein knappes Gut. Prognosen für die Zukunft verheißen nichts Gutes. Urlauber:innen sollen jedoch von alledem nichts merken.

Auf Sizilien ist man Trockenheit in den heißen Sommermonaten gewohnt, dieses Jahr ist sie aber so katastrophal wie lange nicht mehr. Ausgetrocknete Seen und von der sengenden Hitze verdorrte Felder prägen das Bild auf der italienischen Mittelmeerinsel. Einige Landschaften sind diesen Sommer kaum wiederzuerkennen: Seen, die einst türkis schimmerten, sind inzwischen verschlammt oder trocken gefallen.

Landwirt:innen beklagen dezimierte Ernten und stehen wegen des Wassermangels vor der schwierigen Entscheidung, ob und wie viele ihrer Tiere sie schlachten müssen, bevor diese weiter abmagern. Für die Einwohner:innen vieler Gegenden Siziliens – besonders betroffen ist die südliche Provinz Agrigent – ist das Leitungswasser streng rationiert. In langen Schlangen stehen sie mit Wasserkanistern an, um an öffentlichen Brunnen Wasser zu holen.

Auswärtiges Amt warnt vor Dürre auf Sizilien

In dem Urlaubsparadies herrscht Dürre-Notstand: Siziliens Regierung hat bereits früh den Katastrophenfall ausgerufen. Indes meldet die italienische Umweltbehörde Ispra die höchste Warnstufe für die Mittelmeerinsel. Ausgelöst wird der extreme Wassermangel von der aktuell großen Hitze sowie ausbleibendem Regen. Das Auswärtige Amt hat seine Reisehinweise aktualisiert, um Urlauber:innen auf die Risiken der Dürre aufmerksam zu machen.

Die Sizilianer:innen haben sich in den vergangenen Jahren mit langen Dürre-Perioden ohne Regen arrangiert: In unterirdisch gelegenen oder auf Dächern angebrachten Zisternen, also Wasserbehältern, speichern sie Wasser und in großen Tankwagen wird Wasser in abgelegene Orte geliefert. Doch all die Bemühungen halfen diesen Sommer nicht mehr. Vom Festland rücken Marine-Tankschiffe an, um die Einwohner:innen mit Wasser zu versorgen. 

Dürre-Notstand hat auch menschliche Ursachen

Dieses Jahr fiel nach Angaben des Zivilschutzes so wenig Regen wie schon sehr lange nicht mehr. Und die Prognosen für die kommenden Jahre lassen nichts Gutes erahnen: Einem Bericht des Umweltingenieurs Leonardo Noto von der Universität Palermo zufolge wird es in Zukunft immer seltener, aber dafür umso stärker regnen, während leichter und konstanter Regen, der tief in den Grundwasserspiegel eindringt und den Boden sättigt, nachlassen wird.

Laut Expert:innen ist der Wassermangel auf Sizilien zum Teil auch menschengemacht: Viele Wasserleitungen auf der Insel sind marode, wodurch viel Wasser verloren geht. Außerdem fehlten seit Jahren Strategien, um das Problem in den Griff zu bekommen. Expert:innen beklagen politische Untätigkeit und schlechtes Wassermanagement, zusammen mit dem wenigen Regen in den Wintermonaten und der Hitze zeigt dies nun seine bitteren Folgen.

Landwirt:innen und Einwohner:innen auf Sizilien sind sauer auf die Politik

Von Jahr zu Jahr übertreffe sich die Politik zwar mit Ankündigungen, beklagen Landwirt:innen und Bewohner:innen. Ihnen zufolge passiert am Ende jedoch kaum etwas. „Ich frage mich, was die Politik macht“, empört sich Giovanni Bonanno, der bei Agrigent Kaktusfeigen anbaut. In Rom und Palermo werden Millionen Euro freigemacht. „Das ist nicht das, was wir brauchen. Wir brauchen bessere Stauseen und Brunnen“, sagt Bonanno. „Der echte Bauer liebt sein Land, er steht jeden Morgen auf und schuftet. Wir wollen in der Lage sein, zu arbeiten.“

Der Unmut der Sizilianer:innen wird dadurch verstärkt, dass auf der einen Seite die Stauseen austrocknen und auf der anderen Seite in vielen touristischen Gegenden die Pools prall gefüllt sind. Der Fanaco-See, der mehrere Gemeinden mit Wasser versorgt hatte, geht zur Neige, der Pergusa-See, Siziliens größter natürlicher See, ist auch fast ausgetrocknet.

Sorge über Auswirkungen auf Tourismus

Tatsächlich setzen die sizilianischen Behörden viel daran, Urlauber:innen nichts von dem Wassermangel und der Trockenheit merken zu lassen. Im besonders betroffenen Süden Siziliens gehört vor allem das sogenannte Tal der Tempel bei Agrigent zu den beliebtesten Attraktionen für Tourist:innen. Die lokalen Behörden versuchen Urlauber:innen zu beruhigen, dass sie keine Auswirkungen der Dürre zu befürchten haben. Die Wasserversorgung werde priorisiert. Allerdings geht italienischen Medienberichten zufolge auch ersten Hotels das Wasser aus.

Auswirkungen auf den Tourismus sind in der aktuellen Situation laut Hotellerieverband Federalberghi nicht zu spüren. Der Unternehmerverband Confcommercio schlägt jedoch Alarm und warnt vor der Bedrohung des Wassermangels für den Tourismus. Der Verband appellierte, die Folgen für eine wichtige Einnahmequelle Siziliens nicht zu unterschätzen.

Neue Strategien von den Behörden gefordert

Werden die Behörden für die nächsten Jahre Schlüsse aus diesem extremen Sommer ziehen? Prognosen von Forschern verheißen nichts Gutes. Manche Expert:innen sagen gar voraus, dass sich ein Drittel Siziliens bis 2030 in eine Wüstenlandschaft verwandeln könne. Leonardo Noto von der Universität Palermo geht in seinem Bericht hingegen davon aus, dass die Insel bis Ende des Jahrhunderts immer trockener und wüstenähnlicher wird. 

Einig sind sich Expert:innen und auch die Einwohner:innen Siziliens, dass das Wassermanagement dringend geändert werden muss. Bis dahin müssen sich die Sizilianer:innen neue Lösungen suchen. Manche sammeln dieses Jahr schon behelfsmäßig Wasser in Badewannen oder in Behältern auf dem Balkon – zusätzlich zu den Zisternen im Untergrund, die sie sich schon vor Jahren angeschafft hatten.

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