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Warum einige Weihnachtsmärkte dieses Jahr anders klingen werden

Weihnachtsmarkt
Foto: CC0 / Unsplash - Niklas Ohlrogge

Die Gema hat die Tarife für die Nutzung von Musikstücken auf Weihnachtsmärkten zuletzt deutlich erhöht. Sollte es zu keiner Lösung kommen, wollen einige Städte dieses Jahr auf moderne Weihnachtssongs verzichten.

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) vertritt die Rechte Musikschaffender. Sie sorgt unter anderem dafür, dass bei der öffentlichen Aufführung lizensierter Musiktitel Geld an die Urheber:innen fließt. Auch Städte müssen für Stadtfeste, Weihnachtsmärkte und andere Veranstaltungen Gebühren an die Gema entrichten, um bestimmte Lieder spielen zu dürfen. Diese Gebühren sind zuletzt aber deutlich gestiegen.

In einem Schreiben, das dem Bayerischen Rundfunk vorliegt, beschwerte sich die Stadt Bayreuth bei der Gema. Die Rechnung für den Weihnachtsmarkt 2022 habe 40.000 Euro betragen. 2019 seien es nur 493 Euro gewesen – eine Steigerung ums 80-fache. Die „wucherartige Erhöhung sei völlig überraschend und ohne Reaktionsmöglichkeiten der Stadt gekommen“, heißt es in dem Schreiben.

Manche Städte planen mit Gema-freier Musik

Gegenüber dem Redaktions-Netzwerk Deutschland erklärte ein Sprecher der Stadt Bayreuth, dass man sich noch im Austausch mit der Gema befinde. Sollte es aber zu keiner „vernünftigen Lösung“ kommen, werde „in Zukunft nur noch Gema-freies Liedgut an Veranstaltungen und Märkten der Stadt Bayreuth gespielt werden.“

Die Stadt Braunschweig hat in einer Pressemitteilung sogar angekündigt, „bis auf weiteres keine Auftritte regionaler Chöre und Musikgruppen“ zu planen. Die Gema verlange nämlich eine Kostensteigerung um das 15-fache. „Das wären rund 18.000 Euro zusätzliche Kosten. Das ist weit mehr als die Musikgruppen selbst bekommen“, erklärt Gerold Leppa, Geschäftsführer des Stadtmarketings, das den Braunschweiger Weihnachtsmarkt veranstaltet.

Wie der NDR berichtet, plane auch Hannover, auf Gema-freie Musik auszuweichen, sollte keine andere Lösung gefunden werden. Hameln hingegen werde nur an drei bis vier Tagen Gema-pflichtige Musik abspielen und die restlichen Tage darauf verzichten. Die Stadt Zittau wird als Reaktion auf die steigenden Gebühren die Live-Musik innerhalb der Woche stark einschränken und sie auf das Wochenende konzentrieren, berichtet der MDR.

Welche Songs sind betroffen – und welche nicht?

Da die Gema eine Art Monopolstellung in Deutschland hat, landen die meisten urheberrechtlich geschützten Musikwerke in deren Obhut. Ist ein Musikstück urheberrechtlich geschützt, müssen also in aller Regel Gebühren an die Gema gezahlt werden, wenn dieses öffentlich aufgeführt oder abgespielt wird. Bekannte Weihnachtslieder, die davon betroffen sind, sind zum Beispiel „Last Christmas“ von Wham! oder „All I Want for Christmas“ von Mariah Carey.

Das Urheberrecht verfällt jedoch, wenn der oder die Urheber:in des Stücks bereits seit mehr als 70 Jahren tot ist. Viele traditionelle Weihnachtslieder wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „O du fröhliche“ können daher ohne Gema-Gebühren kommerziell verwendet werden. Außerdem gibt es auch lizenzfreie Songs, bei denen sich die Urheber:innen bewusst dafür entscheiden, sie zur kostenfreien Nutzung freizugeben.

Was ist der Grund für die Preiserhöhung?

Wie ein Sprecher des Nürnberger Marktamtes gegenüber der Bild-Zeitung erklärt, sei die Gebühr bisher nur für den Platz vor der Bühne berechnet worden und nicht für die gesamte Fläche des Veranstaltungsortes.

Die Gema selbst erklärt auf ihrer Website, man habe sich bisher auf „korrekte Angaben der Veranstalterinnen und Veranstalter verlassen und keine Prüfung vorgenommen.“ Nach der Coronapandemie habe die Gesellschaft aber begonnen, die Flächen über Tools wie „Planimeter“ und „Google Maps“ zu messen und dabei „deutliche Diskrepanzen“ festgestellt. Daher sei es in Einzelfällen zu solchen Steigerungen der Lizenzkosten gekommen.

Wie das RND klarstellt folgt die Neuberechnung der Flächen einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2011. Der neue Tarif selbst sei 2018 ausgehandelt und 2022 dann erstmals umgesetzt worden. Das RND vermutet, dass es Kommunikationsprobleme zwischen der Gema und den Städten gab und deshalb die Preiserhöhung teils mit Überraschung aufgenommen wurde.

Die Gema lenkt auf ihrer Website ein: „Dies hätten wir umfassend kommunizieren müssen. Das ist nicht in dem gewohnten Maße erfolgt und das bedauern wir.“

Verwendete Quellen: BR, Stadt Braunschweig, NDR, MDR, Bild, RND, Bundesgerichtshof, Gema

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