Zwei Wochen wurde auf der UN-Klimakonferenz diskutiert, ob die Weltgemeinschaft einen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas festschreiben soll. Nun ruft die COP28 erstmals zur Abkehr von fossilen Energien auf – der Beschluss sei aber zu vage, wie Umweltschützer:innen im Vorfeld kritisierten.
Erstmals ruft die Weltgemeinschaft bei einer UN-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Der zuvor von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg („Phase out“) kommt in dem am Mittwoch in Dubai verabschiedeten Abschlusstext nicht vor. Stattdessen ist von einem Übergang weg von fossilen Energien („Transition away“) die Rede.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) falle ein „riesen Stein vom Herzen“, hieß es aus der deutschen Delegation in Dubai. „Große Freude in der deutschen Delegation und bei der Außenministerin, dass die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen hat.“ Und weiter: „Dieser Text ist für uns als Europäische Union, als Deutschland nur ein Anfang“, so Baerbock im Plenum in Dubai.
Ein Entwurf der Abschlusserklärung wurde am Mittwochmorgen veröffentlicht. In dem 21-Seiten-Papier werden die Staaten lediglich aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen in ihren Energiesystemen abzuwenden. Mehr als hundert Staaten hatten zuvor eine weitergehende Formulierung gefordert, nämlich einen Ausstieg („Phase out“).
Unklar blieb zunächst, ob der Bezug auf Energiesysteme Sektoren wie den Verkehr ausnimmt, wo ebenfalls viele klimaschädliche Treibhausgasemissionen anfallen. Im Entwurf enthalten war zudem das Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und das Tempo bei der Energieeffizienz in diesem Zeitraum zu verdoppeln. Die G20-Staaten haben sich dies bereits vorgenommen.
COP28: Proteststurm vieler Staaten zum Textentwurf
Am Montagabend hatte die Präsidentschaft der sogenannten COP28 einen Textentwurf veröffentlicht, der einen Proteststurm vieler Staaten und Empörung unter den Umweltorganisationen auslöste. Deutschland und die EU bezeichneten ihn als enttäuschend und inakzeptabel. Daraufhin wurde das UN-Treffen der knapp 200 Staaten verlängert. Es sollte eigentlich Dienstagvormittag enden.
Der Entwurf kam diesen Kritiker:innen nun ein stückweit entgegen. Um offiziell beschlossen zu werden, musste er von allen Staaten einstimmig im Plenum angenommen werden.
Die Vize-Präsidentin der Umweltorganisation Global Citizen, Friederike Röder, sagte, der neue Text sei zwar besser, aber in den Formulierungen zu vage, um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung zu schaffen. „Dies ist nicht das historische Ergebnis, das angesichts des krisenhaften Notfalls erforderlich wäre.“ Es fehle die erforderliche Dringlichkeit und Klarheit, um eine globale Kurskorrektur auszulösen.
„Erstmals fordert eine Weltklimakonferenz alle Staaten auf, sich von Kohle, Öl und Gas weg zu bewegen“
Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, sagte im Vorfeld: „Wenn dieser Text so angenommen wird, sendet er ein starkes Signal an die Welt. Erstmals fordert eine Weltklimakonferenz alle Staaten auf, sich von Kohle, Öl und Gas weg zu bewegen.“ Damit würden Investitionen in neue Öl- und Gas-Projekte riskanter. Allerdings werde ein solcher Beschluss nicht ausreichen, die Welt auf den angestrebten 1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Auch Jan Kowalzig, Klimadiplomatie-Experte von Oxfam, nannte es sehr zweifelhaft, ob der Text reiche, um die 1,5-Grad-Grenze einhalten zu können, zumal es bei der finanziellen Unterstützung für die ärmeren Länder keine Zugeständnisse gab. Doch sei der Text eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Version – allerdings mit Abstrichen. Denn der Entwurf enthalte nach seiner Einschätzung „problematische Schlupflöcher“, darunter etwa der Verweis auf die Rolle von Erdgas als Übergangslösung. „Das werden einige Länder und die fossile Industrie als Rechtfertigung für den weiteren Ausbau der Gasförderung verstehen werden.“ Auch die Betonung der Rolle von Abscheidung und Speicherung von Treibhausgasen, eine teure und in großem Maßstab gar nicht verfügbare Technologie, diene letztlich fossilen Interessen und lenke vom dringend nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien ab.
Tom Evans von der Umweltorganisation E3G kommentierte den jüngsten Entwurf, der nun verabschiedet wurde: „Wenn dieser Text später im Plenum angenommen wird, zeigt er die kollektive Erkenntnis, dass wir uns von fossilen Brennstoffen abwenden und uns auf eine sauberere Zukunft konzentrieren müssen.“ Der Entwurf könne helfen, eine Katastrophe in Dubai zu verhindern. „Aber er verhindert keine Katastrophe für den Planeten.“
„Dass alle gehört werden und alle Positionen berücksichtigt werden“
Der Gastgeber, Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber und sein Team, hatten sich seit Montagabend bis weit in die Nächte hinein mit den Vertretern der Staaten und Ländergruppen getroffen. „Damit soll sichergestellt werden, dass alle gehört werden und alle Positionen berücksichtigt werden“, sagte eine Sprecherin.
Der Präsident der Konferenz COP28 ist gleichzeitig Präsident des staatlichen Ölkonzerns. Trotzdem hatte er während der Konferenz mehrfach betont, einen ehrgeizigen Abschluss erreichen und das international vereinbarte Ziel in Reichweite halten zu wollen, das die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen soll.
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