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Will Shein jetzt nachhaltig werden? Konzern investiert 250 Millionen

Will Shein jetzt nachhaltig werden? Konzern investiert 250 Millionen
Foto: Monika Skolimowska/dpa

Mit Direktlieferungen aus China wirbelt Shein den Onlinehandel durcheinander und ruft viele Kritiker:innen auf den Plan. Nun versucht das Portal, mit Investitionen in die Kreislaufwirtschaft zu kontern.

Der umstrittene asiatische Online-Händler Shein will in den kommenden fünf Jahren 250 Millionen Euro in der Europäischen Union und Großbritannien in eine „zukunftsfähige Modeindustrie“ investieren. Das „Herzstück des Investitionsprogramms“ ist nach Angaben des Unternehmens aus Singapur ein „Zirkularitätsfonds“ (Kreislaufwirtschaftsfonds), für den Shein ein Startkapital von 200 Millionen Euro bereitstellt.

Der Fonds baue auf bereits bestehenden Initiativen des Modehändlers zur Förderung von Forschung und Entwicklung sowie Innovationen im Bereich der Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie auf. „Damit werden Start-ups und Unternehmen in Europa unterstützt, die die Technologien und Lösungen von morgen entwickeln.“

Weitere 50 Millionen Euro sind nach Angaben des Konzerns für die Förderung von Marken, Designer:innen und Kunsthandwerker:innen bestimmt. Sie sollen ihnen dabei helfen, ihre Online-Geschäfte über die Dienste des „Shein Marketplace“ auszubauen. Außerdem soll ausgelotet werden, ob und wie Shein-Produktionsanlagen in der EU oder in Großbritannien entstehen können.

Shein in Kritik wegen „manipulativer Designs“ und Co.

In der Vergangenheit hatte sich das Shopping-Portal vor allem als Anbieter von Ultra-Fast Fashion einen Namen gemacht – also als Anbieter von Kleidungsstücken, die vor allem in China billig produziert und von den Verbraucher:innen meist nach kurzer Zeit durch neue ersetzt werden. Die Produktionszyklen sind noch kürzer als bei Fast-Fashion-Konzernen wie H&M und Zara. Shein ist stark auf Social-Media-Plattformen wie Instagram, Tiktok oder YouTube präsent und in der Lage, die Produktion rasch der Nachfrage anzupassen, um somit die Menge unverkaufter Kleidungsstücke kleinzuhalten.

Kritiker:innen stellen die Nachhaltigkeit dieses Geschäftsmodells infrage. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) warf dem Online-Händler Ende April vor, auf seiner Website manipulative Designs zu verwenden, um die User:innen zum Einkauf zu drängen. Zudem bemängelten die Verbraucherschützer:innen komplizierte Beschwerdewege und versteckte Kontaktmöglichkeiten. Damit verstoße Shein mehrfach gegen den Digital Services Act (DSA). 

Zudem wurden in der Vergangenheit Ausbeutung bei der Produktion und schlechte Qualität bemängelt. Auf einigen Produkten fand man zudem Schadstoffe in bedenklichen Konzentrationen. Hinzu kommt, dass der weltweite Lufttransport durch chinesische Ultra-Fast-Fashion-Händler beeinträchtigt wird und die Unternehmen Kosten für Zoll und Steuern mit Tricks umgehen – Utopia berichtete. Auf Anregung der EU-Kommission könnten entsprechende Zoll-Schlupflöcher bald geschlossen werden, wie Medien übereinstimmend berichten.

Verstoß gegen EU-Gesetz?

Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) der Europäischen Union verpflichtet Online-Plattformen EU-weit zu mehr Verbraucherschutz und Transparenz. Designtricks sind verboten. Die Europäische Kommission verlangte Ende Juni von den Online-Händlern Temu und Shein mehr Informationen in dieser Angelegenheit.

Shein ging in seiner Investitionsankündigung nicht auf die Kritik ein. Die millionenschwere Förderung umfasse Investitionen in Start-ups, die sich mit Innovationen im Bereich Textil-zu-Textil-Recycling und ähnlichen Themen beschäftigen, erklärte der Konzern. Die Förderung umfasse auch den Abschluss von Abnahmevereinbarungen oder anderen kommerziellen Partnerschaften mit etablierten Start-ups, die bereits über Produktionskapazitäten für recycelte Textilien oder neuartige und umweltschonendere Fasern verfügten.

Utopia meint: Investitionen täuschen nicht über wahres Geschäftsmodell hinweg

Textil-zu-Textil-Recycling findet derzeit kaum statt – geht ein Kleidungsstück kaputt, wird es meist downgecycelt oder verbrannt. Um das zu ändern, bedarf es Forschung, das stimmt. Und die Summe von 250 Millionen für den Zweck wäre bestimmt nicht zu verachten, auch wenn sie gerade mal einen kleinen Bruchteil des geschätzten Umsatzes des Konzerns ausmacht. (2023 soll er bei circa 30 Milliarden Euro gelegen haben.) Aber: Die Tatsache, dass Shein Geld für diesen Zweck investiert, macht den Konzern nicht grüner – und die Auswirkungen seines Geschäftsmodells nicht weniger drastisch.

Denn Shein kann Kleidung nur deshalb so billig anbieten, weil entlang der Lieferkette an allen Ecken gespart wird. Die Qualität der Produkte ist deshalb oft sehr minderwertig, Teile gehen teils nach wenigen Waschgängen kaputt. Das verursacht große Mengen an Textilmüll, der sich wie gesagt derzeit kaum recyceln lässt. Doch selbst wenn dies möglich wäre, würde das das Unternehmen nicht nachhaltig machen. Denn sowohl Produktion als auch Recycling kosten Resssourcen und Energie – die man gar nicht verbrauchen müsste, wenn man stattdessen langlebige hochwertige Kleidung verkaufen würde. Investitionen können nicht über das wahre Geschäftsmodell des Konzerns hinwegtäuschen: Überproduktion auf Kosten von Mensch und Umwelt.

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