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Datenschutz? Ist wie Umweltschutz!

Foto: imago images / Westend61
Viele langweilt das umfangreiche Thema Datenschutz. Dabei ist es für uns alle längst von entscheidender und nachhaltiger Bedeutung. Alexander Baetz, der den Blog PrivacyTutor mitbetreibt, erklärt im Interview, warum und wie wir unsere Privatsphäre online besser schützen können.

Seit Ende 2019 gibst du, gemeinsam mit deiner Freundin Lena Gruber, auf eurem Blog PrivacyTutor User*innen einfache Tipps zum Thema Datenschutz. Warum?

Alexander Baetz: Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert, auch um zu verstehen, warum und wie digitale Technik mittlerweile unseren Alltag dominiert. Diese Zusammenhänge verständlich zu erklären, macht mir Spaß. Wir haben als digitale Konsument*innen gelernt, dass wir bequem und einfach unsere Daten gegen hübsche und hilfreiche Programme und Apps, die uns viel Zeit im Alltag ersparen, tauschen können. Den Leuten ist oft nicht klar, welche Risiken es geben kann, wenn man seine Daten einfach so weitergibt. Passwörter sollte man etwa nie im Browser speichern.

Welche Risiken gibt es?

Die beste Motivation ist, sich ein Worst-Case-Szenario vorzustellen, das sich durch simple Basics verhindern lässt. Also, dass ein Virus die eigene Festplatte verschlüsselt, dass sich Hacker zu sämtlichen Accounts Zugriff verschaffen oder, dass alle persönlichen Bilder verloren gehen, weil die Festplatte kaputtgegangen ist. Deshalb empfehle ich allen Computer- und Smartphone-Nutzer*innen, sich mit den Grundlagen auseinanderzusetzen, bevor man sich im Detail mit dem Datenschutz beschäftigt. Zum Beispiel sollte sich alle, die einen Computer oder Smartphone verwenden, zumindest oberflächlich mit Updates, Backups oder sicheren Passwörtern auseinandersetzen.

Klingt pragmatisch, doch dein Interesse geht über die persönliche Ebene hinaus, oder?

Laut Edward Snowden ist es fast unmöglich, sich einer Überwachung zu entziehen, wenn es ein Geheimdienst auf dich abgesehen hat. Solange du nicht ins Visier von Behörden kommst, ist das allerdings ziemlich unwahrscheinlich (lacht). Nein, viel wichtiger ist, dass wir uns als Kollektiv Gedanken um den Datenschutz machen müssen. Ich vergleiche das gerne mit dem Umweltschutz.

Wie meinst du das?

Global gesehen macht es keinen großen Unterschied, wenn du deine Plastiktüte auf die Straße und nicht in den Mülleimer wirfst. Du selbst wirst unmittelbar in deinem Alltag keinen Unterschied bemerken. Abgesehen vom berechtigten negativen Feedback anderer Menschen. Die Plastiktüte verschwindet aus deinem Blickfeld. Die Konsequenzen sind aber dennoch beträchtlich. Ähnlich ist es auch mit dem Datenschutz. Das die GAFA-Unternehmen (Google, Apple, Facebook und Amazon, Anm. d. Red.) im Hintergrund deine Daten auswerten, macht für dich im Alltag keinen Unterschied, der direkt bemerkbar ist. Ganz im Gegenteil: Du bekommst dafür Programme und Apps, die deine Daten bequem auf allen Geräten synchronisieren. Daher ist bei den meisten Menschen die Motivation so niedrig, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Wenn man so will, ist das ein negativer Lerneffekt.

Welche Rolle spielen die exponentiell wachsenden Datenmengen, die wir täglich produzieren?

Durch Big Data entstehen viele Probleme für uns als Gesellschaft. Selbst, wenn unsere Namen anonymisiert werden, können Persönlichkeitsprofile, ein Beispiel wäre der Cambridge-Analytica-Skandal, erstellt werden, die uns als Gemeinschaft, durchschaubar, vorhersehbar und somit manipulierbar machen. Anhand des Sozialkredit-Systems in China können wir das etwa schon heute sehen. Angefangen von der Internetaktivität über das Einkaufsverhalten bis hin zu Gesichtserkennung wird das System mit sämtlichen Daten gespeist. Wer Bio-Gemüse kauft, bekommt Pluspunkte, wer den ganzen Tag Videospiele spielt und Pornos schaut, Minuspunkte. Das Rating sollen dann nicht nur die Regierung, sondern ebenfalls Arbeitgeber*innen, Versicherungen oder Vermieter*innen bekommen. Somit kann jede*r einsehen, ob man ein*e „gute*r“ oder „schlechte*r“ Bürger*in ist. Dieses Punktesystem soll in den kommenden Jahren für alle chinesischen Bürger*innen verpflichtend werden.

Daten werden damit die zentrale Kontrollinstanz.

Ein Argument von vielen Menschen ist, dass sie nichts zu verstecken haben und daher keine Privatsphäre brauchen. Das ist polemisch und schlichtweg falsch. Jede*r hat etwas zu verstecken und das ist auch gut so. Ansonsten gäbe es kein Bankgeheimnis, keine verschließbaren Türen oder keine Vorhänge. Zum anderen sollten wir die Privatsphäre als Grundrecht nicht als selbstverständlich hinnehmen. Edward Snowden bringt das mit der folgenden Aussage sehr gut auf den Punkt: Zu argumentieren, dass man sich nicht um das Recht auf Privatsphäre kümmern müsse, weil man nichts zu verbergen habe, sei nichts anders als zu sagen, dass einem die freie Meinungsäußerung egal sei, weil man nichts zu sagen habe.

Lena und du, ihr betreibt beide den Blog nebenbei, habt andere Jobs. Wie finanziert ihr euch?

Ich kümmere mich um die Texte, Lena um das Marketing. Wir recherchieren zudem oft gemeinsam. Mittlerweile haben wir 15 000 User*innen im Monat. Unsere Betriebskosten decken wir nicht über Werbung, sondern über sogenannte Affiliate-Links. Wenn über einen unserer Texte ein User auf ein Produkt, etwa eine Cloud-Lösung, aufmerksam wird und diese kauft, erhalten wir eine Provision.

Gibt es noch weitere Infoseiten, die du gerne liest und empfehlen kannst?

Ich bin ein großer Fan vom Kuketz-Blog. Der Autor geht nochmal deutlich mehr ins Detail, als wir das tun. Das führt allerdings dazu, dass es oft sehr technisch wird, was abschrecken kann. Auch bei Heise gibt es viele interessante Artikel zum Datenschutz und der Privatsphäre. Wer weniger technisches Hintergrundwissen will und stattdessen einfach nur nach Alternativen zu den Diensten wie Google sucht, dem empfehle ich die englische Seite PrivacyTools.io. Außerdem schaue ich gerne bei Restore Privacy vorbei. Auch hier findet man viele interessante Artikel, die nicht zu technisch sind, wie etwa zu den besten Google-Alternativen.

Interview: Jan Scheper

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