Mit der Corona-Pandemie erlebt die Welt eine beispiellose Krise, die das Leben aller in seinen Grundfesten erschüttert. Doch es gibt Menschen, für die bedeutet Krise Alltag. Und es gibt Menschen, die packen genau da an, wo Hilfe nötig ist. Sie engagieren sich und bringen ihre Ideen und Projekten ein, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass Hilfe da ankommt, wo sie akut gebraucht wird.
In Krisenzeiten kommt es mehr denn je auf jeden Einzelnen an, um die Gemeinschaft nachhaltig zu schützen und die Gesellschaft zu stärken. Ob Zurückhaltung innerhalb der eigenen sozialen Kontakte oder das Engagement im Ehrenamt für Projekte wie Suppenküchen, Kleiderkammern oder die Tafel – jeder Mensch, der sich einbringt, zählt. Hilfe ist in vielen Bereichen nötig, doch am häufigsten sind bedürftige Menschen wie Erwerbslose, Menschen ohne Obdach, Kinder und alte Menschen von Krisen betroffen, die es ohnehin schon schwer haben.
Randgruppen sind besonders betroffen
2019 waren in Deutschland 15,9 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet (Quelle: Bundeszentrale Politische Bildung). Damit ist circa jede sechste Person in Deutschland von möglicher Armut betroffen. Das bedeutet ein Einkommen von weniger als 60 Prozent im Vergleich zu einem durchschnittlichen mittleren Einkommen. Besonders häufig trifft die Gefahr der Armut die Gruppe der erwerbslosen Menschen. Sechs von zehn, das sind 58 Prozent, waren 2019 damit gefährdet. Auch für Alleinerziehende und bei Personen ohne Schulabschluss besteht ein deutliches Risiko. Insgesamt galten 2019 43 beziehungsweise 47 Prozent als gefährdet.
Die Zahl der Erwerbslosen lag 2019 bei 5.747.469 Millionen Menschen (Quelle: deutschlandinzahlen.de). Hiermit unmittelbar verbunden ist auch die Tatsache, dass nach Berechnungen für 2020 jedes siebte Kind von Armut und damit gleichzeitig auch von sozialer Ausgrenzung betroffen ist (Quelle: destatis.de).
Laut BAGW (Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe) waren Jahre 2018 circa 678.000 Menschen (Jahresgesamtzahl) in Deutschland ohne Wohnung. „Gegenüber dem Vorjahr 2017 bedeutet dies einen Anstieg bei der Jahresgesamtzahl um 4,2 Prozent“, erklärt Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG Wohnungslosenhilfe. Diese Entwicklung zeigt, dass die Zahlen ansteigen. Hier sind Politik und Gesellschaft gefordert sich einzusetzen.
Kinder und Studenten sind die leidtragenden
Neben mangelnden Chancen in der Krise für alte Menschen, Obdachlose und Menschen mit Migrationshintergrund hat sich mit der Corona-Krise auch die Situation armer Kinder verschlechtert. Laut einer Bertelsmann-Studie sind besonders die Eltern von benachteiligten Kinder und Jugendlichen von den Auswirkungen der Corona-Krise getroffen.
Viele arbeiten in Teilzeit oder in Mini-Jobs und gehören daher zu der Gruppe Menschen, die als erste ihre Jobs verlieren oder nur vergleichsweise wenig oder gar kein Kurzarbeitergeld erhalten. Bertelsmann Vorstand Jörg Dräger fordert hierzu neue sozial- und familienpolitische Konzepte seitens der Politik, um die weitere Zunahme von Kinderarmut zu verhindern.
Auch die Situation der Studierenden zeigt, dass es viele schwer haben. So stammen die Einnahmen von allein wohnenden Studenten zu 37 Prozent aus einer Nebentätigkeit (Quelle: destatis.de). Nebenjobs, die Studenten normalerweise ein finanzielles Einkommen neben dem Studium ermöglichen, sind aktuell aufgrund der Corona-Maßnahmen gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich. So stehen viele junge Menschen ohne Jobs wie Babysitting oder Kellnern vor einem finanziellen Engpass, der die Finanzierung ihres Lebensunterhaltes bedroht.
Soziale Projekte zeigen – gemeinsam geht’s besser!
Viele soziale Projekte entstehen aus der Notsituation anderer Menschen heraus. Häufig werden Unternehmen von Personen gegründet, die sich aktiv für die benachteiligten Menschen engagieren und sehen, wo Hilfe unmittelbar nötig ist.
Ob 2015 in der Flüchtlingskrise oder auch jetzt während der Corona-Pandemie, insgesamt hat sich die ehrenamtliche Beteiligung innerhalb der Gesellschaft erhöht. Laut Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat engagieren sich in Deutschland über 30 Millionen Menschen. (Quelle: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat).
Insgesamt ist die Quote derjenigen die sich engagierenden bei den 60- bis 76-Jährigen hierzulande in den letzten 30 Jahren um knapp elf Prozent auf 33 Prozent gestiegen. Selbst bei den über 77-Jährigen ist mit 23 Prozent fast jede vierte Person ehrenamtlich aktiv.
Doch nicht nur die Älteren bringen sich ein. Beachtlich ist, dass das Engagement besonders bei den Schüler:innen ab 17 Jahren zugenommen hat. Von 1990 mit 27 Prozent stieg die Beteiligung am Engagement auf 46 Prozent im Jahr 2017. Auch unter den jungen Erwachsenen (17 bis 29 Jahre) engagiert sich jeder Dritte. Die höchste Beteiligung macht die Gruppe der 30- bis 59-Jährigen aus (Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.).
Gemeinschaft macht die Gesellschaft stark
Sich einzubringen ist wichtig, denn neben der Politik hat es auch der einzelne Mensch innerhalb der Gesellschaft in der Hand, etwas zu bewegen und etwas zu verändern. Hier gibt es viele soziale Projekte mit beispiellosem Vorbildcharakter. So wie Hanseatic Help e.V., ein Verein, der 2015 in der Flüchtlingskrise in Hamburg gegründet wurde, um etwas zu verändern. Hier kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen, die daran arbeiten, ihre Vision von einer besseren Welt zu verwirklichen, indem sie helfen das Leben für hilfsbedürftige Menschen leichter und besser zu machen.
Wir haben mit Anselm Oppenberg von Hanseatic Help e.V. über ihre Arbeit gesprochen, welcher Antrieb dahintersteckt und auch darüber, wie man die Welt mit ein wenig Engagement und einer großen Portion Enthusiasmus besser machen kann.
Warum tust du, was du tust?
Mir geht es gut. Ich tue das, weil ich es wichtig finde, dass jeder der dazu in der Lage ist, der Gemeinschaft und besonders den schwächeren in der Gesellschaft, etwas zurückgeben sollte.
Was müssen andere tun, damit sich etwas ändert?
Ich würde mir mehr Respekt und Solidarität im alltäglichen Miteinander wünschen. Es muss nicht viel sein, schon ein bisschen mehr soziale Aufmerksamkeit im Alltag, würde diese Welt zu einem besseren Ort machen.
Welche Aufgabe hat eine offene Gesellschaft für dich?
Toleranz zu fördern, neue Ideen einen Raum zu geben, offen auf andersdenkende zuzugehen, sich zu vernetzen und auszutauschen, um gemeinsam etwas zu verbessern.
Seit wann gibt es Hanseatic Help e.V. und wie ist die Idee dazu entstanden?
Der Verein wurde im Oktober 2015 gegründet und hat seinen Ursprung in der Zeit, als im Sommer 2015 viele Geflüchtete u.a. nach Hamburg kamen. Sachspenden, v.a. Kleidung, wurden benötigt und die Hilfsbereitschaft der Hamburger:innen war so groß, dass die Spenden sich bald in der Messehalle türmten.
Viele Spender:innen blieben, um Ordnung in das Chaos zu bringen, ein Logistik-System nebst IT aus dem Boden zu stampfen, die Spenden sinnvoll zu sortieren und zu verteilen und schließlich Hanseatic Help e.V. zu gründen.
Was macht ihr bei Hanseatic Help genau?
Wir sammeln Sachspenden wie Kleidung, Bettwaren, Hygiene- und Schulartikel und leiten diese über die bei uns bestellenden Initiativen und Organisationen an hilfsbedürftige Menschen weiter.
Was in Hamburg nicht benötigt wird, geht mit internationalen Hilfstransporten in Krisengebiete. Wir arbeiten abgestimmt auf die aktuellen Bedarfe, flexibel und auf Augenhöhe. Wie bereits damals in den Messehallen treffen bei uns Menschen mit den unterschiedlichsten Biografien aufeinander und packen zusammen an. Das verstehen wir unter gelebter Integration und Teilhabe.
Wer steckt hinter Hanseatic Help e.V. und wer sind die Helfer, Unterstützer und Mitarbeiter?
Wir sind knapp 100 Vereinsmitglieder, rund 150 Ehrenamtliche, mittlerweile acht Hauptamtliche. Unterstützt werden wir außerdem durch jährlich sechs Bundesfreiwilligendienstleistende, zahlreichen Praktikant:innen und zahlreiche Menschen, die im Rahmen von verschiedenen Projekten zur beruflichen Integration den Weg zu uns finden.
Bei euch kann sich jeder engagieren und einbringen. Wie erlebt ihr die aktuelle Zeit, habt ihr zurzeit mehr Helfer als gewöhnlich oder könntet ihr noch weiter Verstärkung gebrauchen?
Das Jahr 2020 ist für uns, wie für viele andere auch, ein Jahr der Herausforderungen. Wir können jede helfende Hand gebrauchen und erfahren auch sehr viel Zuspruch. Auf der anderen Seite wollen und müssen wir einen Beitrag zur Kontaktreduzierung und Pandemieeindämmung leisten.
Darum können wir derzeit keine neuen Ehrenamtlichen einarbeiten und auch unsere Spendenannahme nicht regulär öffnen. Wir hoffen, dass es im neuen Jahr bald wie gewohnt weitergehen kann und freuen uns dann über alle, die bei uns in der Halle mit anpacken möchten beim Spenden sortieren, verpacken und weiterleiten.
Mit eurem Engagement wollt ihr die Situation von Hilfsbedürftigen verbessern und interessierten Menschen gleichzeitig den Einstieg in ein soziales Engagement ermöglichen. Wie erlebt ihr das Miteinander und was ist euch im Umgang miteinander wichtig?
Wir erleben in unserer Halle tagtäglich ein harmonisches Miteinander der unterschiedlichsten Menschen. Das erfüllt uns mit Freude und auch mit Stolz, dass Hanseatic Help nach wie vor ein Ort der Begegnung auf Augenhöhe geblieben ist.
Grundlegend dafür ist der Respekt füreinander und die gegenseitige Wertschätzung. Auf dieser Basis können wir gemeinsam viel erreichen, voneinander lernen und einen entscheidenden Schritt gehen hin zu einem besseren Miteinander in der gesamten Gesellschaft.
Ihr habt viele Projekte, die helfen. Vom „Fairen Schulstart für alle Kinder“ über „Hamburg packt’s zusammen“ bis hin zu Projekten die Wohnraum für Obdachlose ermöglichen oder überschüssige Spenden zu denen bringen, die sie auch brauchen – ihr seid wirklich schwer aktiv. Wie viele Helfer habt ihr, um das alles zu bewerkstelligen?
Viele! Wie bereits oben erwähnt, helfen uns rund 150 Ehrenamtliche. Wir sind darüber hinaus mit anderen Vereinen und Initiativen in der Stadt vernetzt und gut befreundet und setzen so auch mal gemeinsam Projekte um. In der Obdachlosenhilfe z.B. mit GoBanyo, für Hilfstransporte nach Griechenland mit dem Hamburger Hilfskonvoi u.v.m.
Ihr habt gemeinsam mit Freund:innen ein Malbuch konzipiert, das auch in den Soli-Tüten der Aktion „Hamburg packt’s zusammen“ steckt. Wie seid ihr darauf gekommen?
Der „Lockdown“ ist besonders für Kinder schwer. Unserer ehrenamtliche Helferin Frauke kam daher die Idee für das Malbuch: Sie wollte so nicht nur eine schöne Ablenkung für Kinder schaffen, sondern auch künstlerisch begabten Erwachsenen die Möglichkeit geben, sich aktiv einzubringen.
Die Pandemie trifft schließlich alle, und Abwechslung und sinnvolle Aufgaben sind da hilfreich. Nach dem Aufruf haben viele Menschen Malbuchskizzen gespendet – das war toll! Der Druck konnte über unser Projekt „Hamburg packt’s zusammen“ finanziert werden. Die Malbücher packen wir auch in unsere Soli-Tüten. Wir hoffen, so etwas Abwechslung in den November- / Dezember-Lockdown zu bringen.
Aktuell könnt ihr aufgrund der Corona-Maßnahmen keine Spenden entgegennehmen. Was kann man dennoch tun, wenn man helfen möchte?
Wir freuen uns jederzeit auch über eine Geldspende, die uns helfen unser Logistiksystem am Laufen zu halten und bedarfsgenau Mangelartikel zuzukaufen.
Im Dezember haben wir außerdem immer samstags von 12 bis 18 Uhr eine Sonder-Spendenannahme vor unserer Halle, wo Artikel abgegeben werden können, die im Winter besonders dringend gebraucht werden. Das sind Schlafsäcke, Isomatten, Zelte, Winterjacken und –Schuhe für Männer, Hoodies und Jogginghosen für Männer, Handschuhe, Woll- und Fleece- Decken sowie Hygieneartikel in Reisegrößen.
Was wünscht ihr euch von der Gesellschaft in Bezug auf ein gesundes Miteinander?
Wir stellen fest, dass die Menschen in besonderen Situationen zusammenrücken. Das war 2015 so, als viele Tausend Geflüchtete zu uns kamen und das stellen wir auch in diesem Jahr mit Blick auf die Corona-Pandemie fest. Viele Menschen zeigen in diesen Phasen ein besonders hohes Maß an Solidarität und Hilfsbereitschaft und es wäre toll, wenn sich das zu einem dauerhaften Zustand entwickeln würde.
Was sind eure Pläne für Hanseatic Help e.V. sobald es weitergehen kann?
Wir packen weiter an, getreu unserem Motto #einfachmachen und helfen, wo Hilfe gebraucht wird.
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