Egal ob als internationales Unternehmen, als kleiner Betrieb oder einfach nur wir als Individuen: Soziale Verantwortung zu übernehmen, ist ein wichtiger Schlüssel für eine funktionierende Gesellschaft. Doch worum geht es dabei eigentlich?
Hast Du schon einmal achtlos einen Kaugummi auf die Straße gespuckt? Das ist natürlich kein Drama, keine Frage, und irgendwie nicht weiter erwähnenswert. Aber wenn man mal darüber nachdenkt, was das für unser Miteinander bedeutet, sieht die Sache doch etwas anders aus. Etwa, dass das Ding später vielleicht jemanden am Schuh klebt. Oder der festgetretene Kaugummi wird zu einem weiteren dunklen Fleck in der Fußgängerzone. Und am Ende belasten die Reinigungskosten uns alle.
So etwas mitzudenken und entsprechend zu handeln, ist nur ein kleiner Mosaikstein in einem großen Thema, das viel damit zu tun hat, wie eine nachhaltige Gesellschaft funktioniert: Soziale Verantwortung.
Nachhaltiger Blick auf unser Miteinander
Okay, dass klingt etwas theoretisch, aber eigentlich geht es dabei um ziemlich praxisnahe Gedanken. In der Philosophie versteht man unter Verantwortung nämlich eine entscheidende Beziehung des Menschen zu sich selbst und seiner Umwelt. Und da steckt schon drin, was soziale Verantwortung ausmacht. Wie wir mit den potenziellen Auswirkungen unseres Handelns auf die Gesellschaft umgehen.
Soziale Verantwortung hat so auch viel mit Nachhaltigkeit zu tun. Und nicht umsonst titelte der Philosoph Ernst Bloch schon sein 1979 erschienenes Hauptwerk über eine Ethik für die technologische Zivilisation als „Das Prinzip Verantwortung.“ Seine These: Wir Menschen tragen die Verantwortung für unsere Gesellschaft und die Natur – insbesondere in Bezug auf die Vermeidung von Schäden aufgrund von Großtechnologien. Denn die Grundfrage ist doch: In welcher Welt wollen wir (morgen) leben? Und wie können wir dazu beitragen, dass wir diese Welt dahingehend verbessern?
Wie soziale Verantwortung geht und was das konkret für uns als Gesellschaft bedeutet ist eigentlich ganz einfach. Beispielsweise, wenn man etwa an das Beispiel mit dem Kaugummi denkt. Denn soziale Verantwortung beginnt letztlich schon bei uns, also sobald wir als Teil der Gesellschaft handeln. Sich dieser Verantwortung zu stellen ist ein freiwilliges Prinzip, es gibt keine direkten Gesetze oder Regelkataloge dafür. Man könnte es mit etwas Pathos auch so ausdrücken: Der Einzelne für Alle! Und das betrifft sowohl soziale und ökonomische, aber auch ökologische Belange.
Ehrenamt, Spenden und verantwortlicher Konsum
Ob Jugendsport, Mitarbeit in der Flüchtlingshilfe oder temporäre Unterstützung von kranken Nachbarn: Soziales Engagement ist eine wichtige Säule für dieses Prinzip. Wenn wir unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten auch dafür einsetzen, dass gesellschaftliche Probleme gelöst werden oder einfach auch nur anderen damit geholfen wird, schließen wir Lücken im sozialen Miteinander. Im Jahr 2021 waren laut der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) in Deutschland über 16 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig.
Und natürlich geht das auch ohne Zeitaufwand: Nämlich, indem wir Geld an die Menschen spenden, die sich für andere engagieren. Allein in Deutschland gibt es mehr als 600.000 gemeinnützige Organisationen, stellt der unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte ZiviZ-Survey 2017 fest.
Die Macht der Konsument:innen
Wieviel ökologische Belange mit dem Prinzip der sozialen Verantwortung zu tun haben, zeigt zum Beispiel unser Umgang mit Müll. Im großen Bild geht es dabei natürlich um nachhaltiges Handeln für unsere Umwelt, etwa ob wir auf unseren CO2-Fußabdruck achten. Im Kleinen aber eben auch darum, ob wir zum Beispiel unser Altpapier einfach aus Faulheit in die Restmülltonne werfen oder im Supermarkt nach Lebensmitteln in Einwegverpackungen greifen.
Überhaupt: Der Supermarkt. Hier können wir beim Einkauf die ökonomische Dimension in Sachen sozialer Verantwortung wahrnehmen. Denn als Konsument:innen haben wir eine gewisse Macht. Es ist unsere Entscheidung, ob wir Dinge kaufen, die vielleicht unter problematischen Bedingungen produziert wurden – etwa durch Kinderarbeit. Wenn wir also bevorzugt Produkte in den Einkaufskorb legen, die nachweislich fair oder nachhaltig erzeugt wurden, zeigen wir den Hersteller:innen, dass sie anders produzieren sollen. Und übernehmen so Verantwortung für die Menschen, die diese Arbeit machen.
CSR-Leitlinien in Unternehmen und Organisationen
Auf der anderen Seite zeigt aber gerade das Konsumbeispiel auch, dass soziale Verantwortung zwar bei uns allen beginnt, aber dort nicht endet. Vielmehr ist es auch eine zentrale Aufgabe für Unternehmen und Organisationen, sich diesem Thema zu stellen: CSR ist das international geläufige Kürzel dafür und bedeutet Corporate Social Responsibility („Gesellschaftliche Unternehmensverantwortung“ oder auch „Unternehmerische Sozialverantwortung“).
Im weitesten Sinne geht es dabei um ein „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“ So zumindest Definition im 2001 von der Europäischen Kommission veröffentlichten „Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“. Oder kürzer in einem anderen EU-Dokument: „Die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft.“
DIN-Norm als Leitlinie zu Corporate Social Responsibility
Die Diskussion über diese gesellschaftliche Unternehmensverantwortung wurde spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts durchaus geführt. Doch das Prinzip der CSR hat in der Arbeitswelt tatsächlich erst in den vergangenen Jahrzehnten an Fahrt aufgenommen. Heute sind entsprechende Leitlinien in immer mehr Institutionen, Organisationen und Unternehmen fest verankert.
Eine Vorschrift, wie das auszusehen hat, gibt es nicht. Zwar existiert sogar eine eigene DIN-Norm zum Thema: ISO 26000. Dieser „Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung“ ist aber keine Vorschrift, sondern soll Organisationen ein wenig Orientierung geben, wie sie sich gesellschaftlich verantwortlich verhalten können. Definiert sind darin Kernthemen, die einen ganz guten Rahmen für das Feld der sozialen Verantwortung von Unternehmen bilden. Interessant dabei: Sie beziehen sich nicht nur auf das Wirken nach außen, sondern auch auf die Kultur und Arbeitsweise innerhalb der Organisation.
Umgang mit Mitarbeiter:innen, Konsument:innen & Umwelt
Organisationsführung ist tatsächlich eines dieser CSR-Felder aus dem Leitfaden und eigentlich auch der Ausgangspunkt für alle weiteren Bereiche. Hier entscheidet sich, welches Wertesystem für ein Unternehmen gilt und wie konsequent es verzahnt wird. Eng damit verbunden: Die Arbeitspraktiken – also die Verantwortung für Mitarbeiter:innen und die Frage, wie der Umgang in Bezug auf Arbeitsverhältnisse, der Weiterbildung, Bezahlung, aber auch Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gestaltet ist.
Des Weiteren geht es um faire Geschäftspraktiken. Dabei besonders das in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnene Themenfeld Umwelt, und natürlich die Wahrung von Menschenrechten, die gerade international agierende Organisationen als Herausforderung haben. Zum Beispiel, wenn sie verzweigte Geschäftsbeziehung haben oder im Ausland produzieren lassen und dabei die Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern im Blick behalten sollten. Und eben der Blick nach außen, hin zu den Menschen, die als Konsument:innen oder Kund:innen mit dem Unternehmen zu tun haben. Fairness ist hier ein Stichwort, ebenso wie Transparenz und Aufklärung, aber auch ein Punkt wie Datenschutz.
Sehr spannend ist auch das letzte Kernfeld, dass die ISO-Norm skizziert: die Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft. Hier wird tatsächlich noch einmal deutlich, dass auch Organisationen weit über ihren selbst definierten Zweck hinaus eine soziale Verantwortung haben. Es gilt, die Gesellschaft ein Stück weiterzubringen. Das kann zum Beispiel soziales Engagement sein, für das Mitarbeiter:innen in einem definierten Umfang von ihrer Arbeit freigestellt werden, Wohltätigkeitsaktionen, oder vom Unternehmen ins Leben gerufene Initiativen mit dem Ziel sozialer Nachhaltigkeit und Chancengleichheit. (Ein Beispiel von Die Techniker: „Gemeinsam Klasse sein„, ein Projekt gegen Mobbing und Cybermobbing in der Schule.)
Lies dazu auch: Nachhaltigkeit bei der Techniker
Ein gesundes Miteinander in einer gesunden Arbeitswelt
Und klar, je nach Unternehmensausrichtung sehen solche CSR-Richtlinien unterschiedlich aus. Das liegt vor allem daran, da sie meistens auf das eigene Tätigkeitsfeld ausgerichtet sind und eben auch viel mit dem Wertesystem der jeweiligen Organisation zu tun haben. Im Prinzip ist es also eine Frage der Interpretation, in welcher Form Unternehmen am Ende soziale Verantwortung übernehmen und für ein gesundes Miteinander in einer gesunden Arbeitswelt sorgen. Und klar: Wir müssen als Gesellschaft und auch als Konsument:innen immer im Auge behalten, ob Corporate Social Responsibility von einer Organisation nicht nur als Image-Aufbesserung eingesetzt wird, um Missstände zu verschleiern.
Aber es ist eben auch klar: Es gibt eine ethische Rahmung für soziale Verantwortung – und einige konkrete Orientierungspunkte, wie das besonders gut funktionieren kann. Innerhalb dieses Konsenses zu handeln, dürfte die Gesellschaft immer weiter bringen. Und das gilt für uns alle. „Im Prinzip sollte man sich stets hinterfragen: Wie kommt das, was ich für gut und richtig halte, auch in meinem Handeln zum Ausdruck?“, sagt die Philosophin und Buchautorin Dr. Ina Schmidt. „Es geht immer darum, den eigenen Beitrag zu einem System aufs Neue mitzudenken. So kann sich jeder im Alltag für seine Grundhaltung oder Überzeugung einsetzen.“
Und mal ganz ehrlich, das klingt doch nach einem guten Plan.
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