Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft ordentlich durcheinandergewirbelt. Für viele ist bislang gewohntes Terrain weggebrochen und die Krise bestimmt den Alltag. Doch es gibt Menschen, für die ist Krise Alltag. Jene, die am Rande der Gesellschaft leben und von vielen schnell vergessen werden.
Es gibt Menschen, die Verantwortung zeigen und sich für diese Mitmenschen einsetzen. Diese Weltverbesserer engagieren sich mit ihren Visionen und schenken der Gesellschaft das, was uns Zusammenhalt gibt und zeigen: Gemeinsam geht es besser!
Während der Corona-Pandemie liest und hört man immer wieder, dass der Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft nicht vorhanden sei. Menschen fühlen sich in der Krise alleingelassen. Die Studie „Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt 2020“ zeigt jedoch, das Gegenteil ist der Fall. Entgegen der Vermutungen ist das Gefühl von Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft während der Corona-Pandemie sogar noch gestiegen ist.
Noch im Februar 2020 sahen 46 Prozent den Zusammenhalt in der Gesellschaft als gefährdet an. Dieser Wert, sank bis Mai/ Juni auf 36 Prozent. Auch das Gefühl, dass sich die Mitmenschen nicht umeinander kümmern und Verantwortung übernehmen, sank von 41 Prozent auf 21 Prozent. Eine positive Entwicklung, die zeigt, es ist nicht so wie es manchmal auf den ersten Eindruck erscheint.
Sozial Schwache fühlen sich alleine gelassen
Wie die Studie zeigt, führt die Ausnahmesituation der Pandemie auch dazu, dass die sozialen Unterschiede sichtbarer werden und die Probleme bestimmter Bevölkerungsgruppen deutlicher zum Vorschein kamen.
Zu den sozial Schwachen, die sich von der Politik und der Gesellschaft alleingelassen fühlen, zählen vor allem Menschen mit geringer formaler Bildung, niedrigem ökonomischen Status und Migrationshintergrund. Also genau jene Menschen, die es auch vor der Corona-Krise schon schwer hatten, sich in der Gesellschaft zu behaupten. „Wer vorher schon benachteiligt war, für den stellt sich die Lage in der Krise noch schwieriger dar“, so Kai Unzicker zu den Ergebnissen der Studie.
Ob Menschen mit Behinderung, Langzeitarbeitslose, Geflüchtete, Obdachlose, alte Menschen oder alleinerziehende Mütter und Väter – es stellt sich die Frage, wie es die Gesellschaft schaffen kann, Verantwortung zu übernehmen und diesen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, um sie voll in die Gesellschaft zu integrieren. Hierbei spielt die Chancengleichheit eine große Rolle.
Arbeit und Wohnung als Brücke zur Gesellschaft
Nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) lag die Zahl der wohnungslosen Menschen 2018 in Deutschland bei rund 678.000. Die größten Nöte der Menschen ohne festen Wohnsitz liegen dabei häufig erst mal im sozialen Bereich. Viele der Wohnungslosen fühlen sich unsichtbar und von der Gesellschaft und den Menschen nicht wahrgenommen.
Die Aufgabe der Politik und der Gesellschaft ist hier, Verantwortung zu übernehmen und durch soziale Re-Integration mithilfe von Projekten, den wohnungslosen Menschen einen Zugang in die Gesellschaft zu ermöglichen. Damit verknüpft sind oftmals auch die Möglichkeiten auf eine Rückkehr in ein normales Leben mit einer Erwerbstätigkeit und einem festen Wohnsitz.
Eine ganz andere Art der Unterstützung benötigen Menschen, die sich in der Langzeitarbeitslosigkeit befinden. Viele haben trotz mangelnder Erwerbstätigkeit neben einer Wohnung häufig noch ein intaktes soziales Umfeld.
Obgleich ausgebildete Arbeitskräfte das Rückgrat einer hoch entwickelten Volkswirtschaft sind, haben rund eine dreiviertel Million Menschen im erwerbsfähigen Alter seit mehr als einem Jahr keinen Zugang zu regulärer Erwerbstätigkeit gefunden oder waren als arbeitslos gemeldet (Quelle: Otto Brenner Stiftung). Gerade in Deutschland ist die Erwerbsarbeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes, individuelles Leben. Hier haben es Langzeitarbeitslose häufig schwer. Bedingt durch Alter, mangelnder Qualifikationen und Dauer der Arbeitslosigkeit finden viele Betroffene nur schwer einen Wiedereinstieg. Ausdauer, Förderung und Zeit seitens der unterstützenden Programme und Projekte sind hier notwendig, um den Menschen eine Rückkehr in den normalen Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Chancengleichheit für alle Menschen
Im Jahr 2017 war es bereits 78 Prozent der Deutschen wichtig, dass alle über die gleichen Chancen auf Bildung und Beruf verfügen können. Egal welche soziale Herkunft, Abstammung oder Geschlecht die Personen haben (Quelle: bpd.de).
Eine Veränderung und eine Verbesserung können nur erreicht werden, wenn Politik und Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich gleichermaßen einbringt. Soziale Unternehmen setzen sich mit ihrer Arbeit für das Wohl der Gesellschaft ein und damit gegen das Vergessen von sozial benachteiligten Menschen.
Diese Projekte engagieren sich mit ihren Ideen für eine bessere Welt. Ob nachhaltig produzierte Lebensmittel, Kleiderkammern für Obdachlose, der Zugang zu humanitärer Versorgung oder der Möglichkeit an einem Ort zusammenzukommen – all diese Ideen übernehmen Verantwortung und leisten mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die offene Gesellschaft.
Sie wenden sich aktiv an diejenigen, die von der Gesellschaft oftmals vergessen werden und unterstützen sie dabei besser durch harte Krisenzeiten zu kommen. Was all diese Visionäre gemein haben, ist der Wunsch durch ein gemeinsames Miteinander die Welt zu verändern und zu verbessern.
So erging es auch Jan Schierhorn. Unter dem heimischen Apfelbaum sitzend kam er auf die Idee, mithilfe von „vergessenen“ Menschen aus „vergessenem“ Obst Säfte und Schorlen ohne Zusätze herzustellen. Die Idee zu Das Geld hängt an den Bäumen war geboren.
Wir haben mit ihm über sein Projekt gesprochen und auch darüber, was sein Antrieb hinter seiner Arbeit ist, mit „Das Geld hängt an den Bäumen“ Verantwortung zu übernehmen und Arbeitsplätze für Menschen zu schaffen, die in der Gesellschaft ansonsten nur wenige Chancen haben:
Warum tust du, was du tust?
Weil für mich Verantwortung nicht da aufhört, wo das eigene Sichtfeld endet.
Was müssen andere tun, damit sich etwas ändert?
Mitdenken, Mitfühlen, Mitreden, Mitmachen. Einmischen. Dranbleiben. Und immer mal wieder über Grenzen latschen. Stören. Sonst wird sich nicht verändern.
Welche Aufgabe hat unsere offene Gesellschaft?
Zuhören und versuchen auf den anderen zuzugehen. Erst recht, wenn die andere Position unerreichbar erscheint. Heute habe ich z.B. eine Mail an sehr gute Freunde geschrieben und uns alle dazu aufgefordert endlich die persönlichen Muster endlich verdammt nochmal über Bord zu werfen. Und dann geht es daran gesellschaftliche Muster zu hinterfragen. Und sie dann zu ändern. Ausreden zählen nicht mehr.
Ihr sammelt, mit gesellschaftlichen Randgruppen „vergessene“ Ressourcen, meist aus privaten Gärten oder Streuobstwiesen ein. Wie funktioniert das genau?
Wir haben viele Spender: vom alten Resthof, Ausgleichsflächen der Stadt Hamburg, Golfclubs, Privatgärten. Die Liste ist lang. Diese ernten wir mit eigenen Mitarbeitern und einer sehr großen Schar von Freunden unserer Firma, Firmen und anderen Ehrenamtlichen ab. Die Ernte wird dann von einer traditionell arbeitenden Familienmosterei zu sensationellen Säften und Schorlen „geadelt“.
Außer durch private Obstspenden und gelegentliche Zukäufe bei regionalen Händlern bewirtschaftet ihr mittlerweile eigene Pachtflächen und Streuobstwiesen mit über 1500 Bäumen aus überwiegend historischen Sorten. Wie kam es dazu?
Unsere Idee ist als Wort oder als Saft in aller Munde…man spricht über uns. Und so haben wir beispielsweise einen alten Bio-Hof als Pachtfläche erhalten, der sonst einfach ungenutzt bliebe. Da haben wir gemerkt, dass uns diese Arbeit unseren Mitarbeitern gut gefällt und sehr viele Lern-Erlebnisse entstehen: Gehölzschnitt, Mäharbeiten, Baumpflege usw.
Jetzt pflanzen wir regelmäßig z.B. mit interessierten Firmen Bäume, die meist aus historischen Sorten bestehen, die längst vergessen sind. Allerdings richtig lecker schmecken. Und auch ohne jede Form von Dünger oder Pestiziden auskommen. Und das schmeckt man auch.
Ihr investiert eure Erlöse direkt wieder in das Projekt, zieht im Team mit über 20 Personen alle an einem Strang und lasst eure Säfte in einer Slow-Food-Mosterei keltern. Was ist euch im sozialen Miteinander besonders wichtig?
Wir sind mittlerweile 25 Personen und die Slowfood-Mosterei Engelmann ist leider zu klein geworden. Daher arbeiten wir seit zwei Jahren mit einer Familienmosterei an, die nach alt-ehrwürdiger Tradition arbeitet. Hier lässt man sich noch Zeit. Nicht nur für uns, denn manchmal sind wir eben etwas langsamer, auch für den Saft und die Schorlen lässt man sich Zeit. Und das finden wir gut. Eines ist geblieben: ALLE unsere Produkte kommen ohne irgendeinen Zusatz aus.
Das Schönste an unserem Saftladen ist für mich die Abwesenheit von Diplomatie und Politik. Hier ergibt eine erstaunlich hohe Anzahl freier Radikale ein wunderbares Ergebnis. Fast alles, was wir machen fühlt, sich meistens gut an. Ach ja: schmecken tut es natürlich auch fantastisch.
Ihr bietet seit mehr als 10 Jahren Team-Events an, bei denen Gruppen einen Tag selbst erleben können wie so ein Saftladen funktioniert. Wann ist die Idee dazu entstanden und warum?
Wir befinden uns mittlerweile bereits im 13. Jahr. Der Hintergrund ist ganz einfach: Wir alle tragen Bilder mit uns herum, fühlen uns mit diesem verbunden, mit jenem nicht. Diese Bilder verfestigen sich und es entstehen Vorurteile.
Solche Social Days dienen dazu, diese Vorurteile wieder aufzulösen. Menschen mit und Menschen ohne Behinderung arbeiten an solchen Tagen Hand in Hand. Äpfel werden geerntet oder Bäume gepflanzt.
Viele Arbeiten gehen zu zweit besser von der Hand, andere sind alleine gar nicht möglich. So wird eine potenzielle Einschränkung (auf beiden Seiten) zur Nebensache.
Als gemeinnützige GmbH finanziert ihr euch unter anderem auch aus Spenden. Wie erlebt ihr die aktuelle Zeit und was kann jeder tun, um euch bei dieser Herausforderung zu unterstützen?
Als gemeinnützige GmbH dürfen wir keine Reserven bilden. Wir sind es gewohnt mit herausfordernden Situationen umzugehen und diesen mit Kreativität zu begegnen.
Die aktuelle Verwerfung ist beispiellos und schlägt bei uns voll durch. Daher sind wir so dankbar, dass der Kreis an Menschen, die unsere Arbeit wertschätzen immer weiterwächst. Und alle geben das, was sie haben, bzw. geben können oder wollen. Das kann Arbeitskraft, Netzwerk-Kontakte, Ideen, Zuspruch oder Geld sein. Aktuell benötigen wir allerdings immer wieder Geld. Wenn dies also jemand liest….
Ihr bietet Apfelsaft, drei verschiedene Schorlen und Mischsäfte an. Neben einer Paul-Schrader-Sonderedition-Kiste kann man als Geschenk auch eine Kiste Apfelsaft mit passendem Punschgewürz und Supporter-Shirts und Hoodies bestellen. Was plant ihr als Nächstes?
Unser süßestes Kind wurde vergessen: Unser eigener Honig von unseren eigenen Bienenvölkern gesammelt.
Da wir ein offenes System haben, was alle Mitarbeiter:innen auf ihre Art bereichern können, liegen alle paar Wochen neue Ideen bei uns auf dem Tisch. Eine davon ist der FAME FOREST, der zwar nicht in unseren Räumen entstanden ist, aber der gleichen Idee folgt: jeder Star, der in der Barclaycard Arena in Hamburg spielt, erhält seinen eigenen Baum.
So entsteht Künstler für Künstler und Baum für Baum ein eigener Wald, der FAME FOREST. Dieser wird natürlich von Mitarbeitern von Das Geld hängt an den Bäumen angelegt, das versteht sich von selbst.
Auch hier steht der ökosoziale Gedanke im Fokus. Am 30. Oktober 2020 hatte der FAME FOREST übrigens seinen ersten Geburtstag gefeiert. An dem Tag haben wir auch die erste Auflage unsere FAME FOREST Schorle herausgebracht… Wir werden sicher immer mal wieder von uns reden machen. Und wenn nicht, dann pflanzen wir einfach weiter Bäume.
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