Rund 800.000 Tonnen Reststoffe fallen jedes Jahr bei der Chicorée-Ernte in Europa an. Forschern ist es jetzt gelungen, daraus einen Rohstoff für die Kunststoffherstellung zu gewinnen. Der hätte gleich mehrere Vorzüge.
Etwa 30 Prozent der gesamten Chicorée-Pflanze macht allein die Wurzel aus. Diese findet bislang kaum Verwendung: sie wird nach der Ernte in der Regel entweder kompostiert oder für die Biogasproduktion eingesetzt. Wissenschaftler der Hochschule Hohenheim haben jetzt einen Weg gefunden, sie für die Kunststoffherstellung einzusetzen. Aus den Wurzeln lässt sich nämlich der Stoff Hydroxymethylfurfural (HMF) gewinnen. Der kann für die Produktion von Nylon, Polyester, Perlon oder auch Plastik eingesetzt werden – und so Erdöl als Rohstoff für die Kunststoffproduktion ersetzen. Theoretisch könnten so also zum Beispiel Strumpfhosen in Zukunft aus sowieso vorhandenem Gemüse-Abfall hergestellt werden anstatt aus knappem Erdöl – potenziell eine riesige Entlastung für Umwelt und Klima.
Die Chicorée-Wurzel würde nicht einfach nur Erdöl im Kunststoff ersetzen: „Sie produziert auch eine höherwertige Chemikalie als das Äquivalent aus Erdöl“, so Professor Kruse von der Hochschule. Damit könnten PET-Flaschen künftig zum Beispiel dünner und leichter werden und so CO2-Emissionen durch den Transport senken.
Noch aber arbeiten die Erfinder an der Umsetzbarkeit des Chicorée-Kunststoffs: Die Problemstellen, an denen aktuell geforscht wird, beziehen sich besonders auf die Qualität der Wurzeln und ihre Lagerung. Die Kunststoffhersteller müssten nämlich kontinuierlich mit Wurzeln gleichbleibender Qualität versorgt werden, damit sich das Verfahren auch wirtschaftlich lohnt. Chicorée wird aber nur saisonal geerntet. Die Forscher der Hochschule zeigen sich zuversichtlich, dass auch diese Probleme noch gelöst werden – dann könnten wir in Zukunft tatsächlich Strumpfhosen aus Chicorée tragen.
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