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Abends günstiger als morgens: So stark schwanken die Preise im Online-Handel

Foto CC0 / Pixabay

Gerade war das Handy im Online-Shop noch für 580 Euro zu haben, plötzlich kostet es 220 Euro mehr. Verbraucherschützer kritisieren jetzt die enorme Preisschwankungen im Online-Handel.

Dass Händler ihre Preise ändern ist nichts Neues. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch normal. Doch in Online-Shops ändern sich die Preise teilweise schneller als wir schauen können. Dass das nicht nur Einzelfälle sind, zeigt eine aktuelle Studie der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB).

Rasante Preisänderungen

Die Experten beobachteten 34 Tage lang die Preise von mehr als 1.100 Produkten bei 16 unterschiedlichen Händlern im Netz. Das Ergebnis: Alle Shops mit nur einer Ausnahme änderten ihre Preise in diesem Zeitraum. Die meisten Preisänderungen gibt es in den Bereichen Elektronik, Apotheke, Autoteile und Mode. Die Untersuchung der Marktwächter zeigt:

  • Bei mehr als jedem dritten Produkt wurde im Beobachtungszeitraum der Preis geändert.
  • Etwa ein Drittel der Preise wurde teils mehr als verdoppelt.
  • Das extremste Beispiel: Der Preis für ein und dasselbe Produkt wurde im Untersuchungszeitraum sage und schreibe 32 Mal geändert.
  • Die meisten Produkte mit Preisänderungen beobachten die Forscher bei Sanicare, gefolgt von Tirendo, Mediamarkt, Doc Morris, Comtech und Zalando.
  • Der einzige Online-Shop, der seine Preise nicht änderte, ist Shop-Apotheke.

Dynamic Pricing: Alles andere als Transparenz

Dynamische Preise kennen wir auch von der Tankstelle: Die Preise für Benzin sind morgens anders als abends, an der einen Tankstelle höher als bei der anderen. Ansonsten kennen wir das sogenannte Dynamic Pricing aber hauptsächlich aus dem Online-Handel. Zwei Beispiele der Verbraucherzentrale Brandenburg:

Schwankende Preise bei Zalando

Ob der Kunde spart oder drauf zahlt, darüber entscheidet der Tag des Kaufes. Das Beispiel einer Hose der Marke G-Star bei Zalando zeigt die Preisunterschiede: Anfangs lag der Preis bei 130 Euro, er ging dann auf 100 Euro runter, wurde dann nochmals auf 80 Euro reduziert, plötzlich wurde er kurzfristig wieder auf 200 Euro erhöht. Kurz darauf lag der Preis erneut bei 80 Euro, zwei Tage später wiederum bei 200 Euro.

Extreme Preisschwankung bei Mediamarkt

Auch beim Online-Händler Mediamarkt wurde der Preis häufig verändert, insgesamt 22 Mal. Der gesamte Preisunterschied betrug 220 Euro. Im günstigsten Fall konnte der Kunde das Smartphone Samsung Galaxy S 8 für 580 Euro kaufen, im ungünstigsten kostete es 800 Euro.

Unterschiedliche Preise zu verschiedenen Tageszeiten

Teilweise folgen die Preisänderungen bestimmten Mustern: In ihrer Untersuchung hat die VZB beobachtet, dass beispielsweise bei ATU die Preise am Vormittag deutlich höher waren als am Nachmittag. Auf Mediamarkt.de wurden die Preise häufig um 18:45 Uhr deutlich gesenkt.

Darüber hinaus gibt es einige Faktoren, die den Preis, der dir online angezeigt wird, beeinflussen: Neben dem Kaufzeitpunkt sind dein persönliches Surfverhalten im Netz, das Gerät, mit dem du online bist und auch dein Wohnort dafür verantwortlich, dass ein und derselbe Online-Shop dir immer wieder andere Preise anzeigt.

So entkommst du der Dynamic-Pricing-Falle

  • Auch wenn das Online-Shopping am besten schnellstmöglich erledigt sein will, gilt schlussendlich doch: Zeit ist Geld! Nimm dir die Zeit, die Preise in Ruhe zu vergleichen. Ein wichtiger Punkt hierbei sind unterschiedliche Tageszeiten.
  • Wenn du dir einen Artikel im Internet mehrfach anschaust, signalisiert das dem Händler ‚hier hat jemand ein Kaufinteresse‘. Die Folge: Der Preis kann steigen. Verwende deshalb am besten einen zweiten Browser, um zu überprüfen, ob du damit einen anderen Preis angezeigt bekommst. „Wichtig ist dabei, dass beim Zweitbrowser keine Cookies gespeichert sind, die ebenfalls zu unterschiedlichen Preisen führen können. Über die Einstellungen lassen sich die Cookies im Browser löschen“, rät die Verbraucherzentrale Brandenburg.
  • Wenn du in Online-Shops stöberst, solltest du das am besten im ausgeloggten Zustand machen.
  • Wenn du verschiedene Geräte zur Verfügung hast, vergleiche die Preise über PC, Tablet und Smartphone. Es kann durchaus sein, dass sich die Preise unterscheiden.
  • Wenn der Händler deine IP-Adresse sieht, kann er daraus ableiten, von welchem Ort du die Seite besuchst. Ist das eine eher wohlhabende Gegend, kann es passieren, dass der Preis steigt. Mit einem VPN-Dienst (Virtual Private Network) wird die Internetverbindung verschlüsselt, deine Daten werden anonymisiert.
  • Für  Online-Käufe gilt eine Widerrufsfrist von 14 Tagen. Innerhalb dieser Frist kannst du als Kunde vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne dafür einen Grund zu nennen.
  • Ein ganz anderer Ansatz: Geh am besten lokal einkaufen – da ändern sich die Preise nicht so schnell.

Fehlende Transparenz mindert Vertrauen

Dynamische Preisanpassungen sind inzwischen Gang und Gäbe, die Preisschwankungen verunsichern die Verbraucher jedoch und werden als unfair empfunden. „Der Kunde kann nicht einschätzen, ob er bei seinem Kauf gerade spart oder draufzahlt“, erklärt Marktwächter-Teamleiterin Kirsti Dautzenberg. „Zudem hat er keinen verlässlichen Referenzpreis mehr, an dem er den Wert eines Produkts bemessen kann.“

Was bedeutet das Dynamic Pricing für uns?

Diese Entwicklung beim Online-Shopping legt den Schluss nahe: Grund genug aufs Online-Shopping zukünftig vielleicht doch zu verzichten oder es zumindest zu minimieren. Sicher keine schlechte Idee!

Wer bei seinen Überlegungen aber auch die CO2-Bilanz im Hinterkopf hat, dem sei gesagt: Auch wenn Retouren berücksichtigt werden und der Paketzusteller mehrmals kommen muss um seine Paket loszuwerden, verursacht Online-Shopping unterm Strich weniger CO2-Emissionen als der Kauf desselben Produkts im Einzelhandel, so eine Studie des Deutschen Clean Tech Instituts (DCTI) im Auftrag der Otto Group und Hermes. Bei der Studie, die auch vom Öko-Institut bewertet wurde, ging es allerdings nur um die durch den Transport verursachten CO2-Emissionen. Nicht berücksichtigt wurden Verpackungen und die Rolle des Einzelhandels für unsere Städte.

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