James Cameron wurde von Tierschützer:innen kritisiert, weil er für seinen Film „Avatar 2: The Way of Water“ einen Werbeauftritt bei einer Delfin-Show absolvierte. Inzwischen hat sich der Regisseur für den Auftritt entschuldigt und eine Erklärung geliefert.
Unpassender hätte ein PR-Stunt nicht sein können: Bei der Japan-Premiere von „Avatar 2: The Way of Water“ fand eine Pressekonferenz statt, die von einer Delfin-Show begleitet wurde. Solche Vorführungen bedeuten für die intelligenten und sensiblen Tiere hohen Stress, weshalb sie im Widerspruch zur Botschaft des Films stehen, der ein Zeichen gegen die Ausbeutung von Tieren (insbesondere von Walen) setzen soll. Regisseur James Cameron, der wie die Stars des Films bei der Veranstaltung anwesend war, das Spiel mitspielte und applaudierte, geriet deshalb in die Kritik.
Auch seine Filmemacher-Kollegen Louie Psihoyos und Brian Skerry waren von Camerons Auftritt vor den Kopf gestoßen. Psihoyos ist Regisseur des oscarprämierten Dokumentarfilms „Die Bucht“ (in Original: („The Cove“), der auf das jährliche massenhafte Abschlachten von Delfinen im japanischen Küstenort Taiji aufmerksam machte. Außerdem drehte er die Veganismus-Doku „The Game Changers“ und wurde dabei maßgeblich von James Cameron unterstützt. Brian Skeery ist Fotograf mit Schwerpunkt auf Meerestiere und arbeitete bei der Dokumentation „Geheimnisse der Wale“ mit dem „Avatar“-Schöpfer zusammen.
Psihoyos und Skerry bekamen einige Tage nach dem Delfin-Show-Debakel eine Mail von James Cameron, in der sich der Blockbuster-Regisseur für den Auftritt entschuldigte und erklärte, wie es dazu kam. Auszüge davon haben die beiden Dokumentarfilmer jeweils via Facebook veröffentlicht. Wir haben die von Psihoyos und Skerry geteilten Passagen ins Deutsche übersetzt und vollständig in den kommenden Absätzen niedergeschrieben.
So erklärt der „Avatar 2“-Macher seinen Delfin-Show-Auftritt
James Cameron beschreibt die Situation in seiner Mail wie folgt:
„Wir befanden uns für ‚Avatar: The Way of Water‘ auf einer wirbelsturmartigen Werbetour durch mehrere Länder und ich wurde von einem Auftritt oder Interview zum nächsten gepeitscht. Für eine Woche führte ich zwanzig bis dreißig Interviews pro Tag. Wir landeten in Tokio. Ich bekam einen Plan, der meine ersten sechs Termine des Tages anzeigte: ein Fan-Event bei einem Aquarium. Das klang okay. Ich stellte mir so etwas wie das Monterey Bay Aquarium vor, mit großartigen Wissenschafts- und Naturschutzprogrammen. Es gab keinerlei Erwähnung einer Delfin-Show.
Dass es eine Delfin-Show gab, fand ich wirklich erst dann heraus, als ich auf die Bühne ging. Wir standen bereits im Rampenlicht und die Fans jubelten. Ich habe am Mikrofon eine abfällige Bemerkung gemacht: ‚Ich bin sicher, die Delfine wurden alle um Erlaubnis gefragt, um bei dieser Show aufzutreten‘, oder so ähnlich. Ich kochte vor Wut.
Aber ich wollte keinen großen öffentlichen Vorfall daraus machen. Rückblickend betrachtet hätte ich es vielleicht tun sollen. Aber mein Instinkt sagt mir, die Leute immer dort abzuholen, wo sie stehen. Der ganze Sinn von ‚Avatar: The Way of Water‘ ist es, das Bewusstsein zu verlagern.
Wenn du diesen Film siehst, dann siehst du, dass es um das Retten der Wale geht, und darum, sie empathisch als gleichwertig zu behandeln. Das ist die zentrale Aussage des Films. Natürlich hätte ich also niemals mein Einverständnis gegeben, mich vor eine Show zu stellen, die auf gefangenen Delfinen basiert. Es war ein Patzer der Werbeabteilung von Disney.
Gefangene Delfine beiseite: Laut [der Umweltschutzorganisation] NRDC werden jedes Jahr schätzungsweise 650.000 Delfine und Wale von riesigen Fischereiflotten getötet oder schwer verletzt. Also wenn Leute wirklich die Delfine retten wollen, dann sollten sie das verdammte Thunfisch-Sandwich weglegen. Vielmehr sollten sie komplett damit aufhören, Fisch zu essen, und bei pflanzenbasierten Proteinen bleiben, wie ich es seit zehn Jahren tue.
Ich wollte euch wissen lassen, dass es ein Fehltritt war, der jenseits meiner Fähigkeit lag, ihn vorherzusehen oder zu verhindern, und ich entschuldige mich dafür.“
Seine Kollegen stehen hinter James Cameron
Louie Psihoyos und Brian Keery sind mit der Begründung zufrieden. Letzterer schreibt: „Ich kann nur betonen, dass [James Cameron] sich voll und ganz dem Naturschutz verpflichtet. […] Jims ‚Avatar‘-Filme sind der Inbegriff davon, die Herzen und Köpfe [der Menschen] mit hoch experimentellem, immersivem Filmemachen für Naturschutz zu gewinnen. Ich glaube, dass Jims Verteidigung der Umwelt, seine Erforschungen, dokumentarischen Arbeiten und Filme seine lebenslange Hingabe für Wildtiere und den Planeten demonstrieren.“
Psihoyos weist zudem darauf hin, welch positiven Einfluss James Camerons Arbeit auf Tiere, Menschen und Umwelt hat:
„In den ersten 30 Tagen, als ‚The Game Changers‘ auf Netflix war (ein Deal, den Jim eingefädelt hat), gingen die Google-Suchanfragen für ‚pflanzliche Ernährung‘ weltweit um 350 Prozent nach oben. Der Erfolg von ‚The Game Changers‘ ist untrennbar mit James Cameron verbunden. Es gibt Millionen von Tieren, die wegen seiner Unterstützung kein Leben voller Leid leben müssen. Hinzu kommen die damit verbundenen Einsparungen an Treibhausgasen […] Millionen Liter an Wasserersparnissen, weniger Waldrodung […] und gesündere Menschen.“
Es habe sich zwar wie ein Schlag in die Magengrube angefühlt, als er James Cameron in dem japanischen Delfinarium sah, so Psihoyos, doch es helfe, wenn man die Hintergrundgeschichte kennt.
Utopia meint
James Camerons Erklärung, wie es zum Delfin-Debakel kam, ist glaubhaft. Schließlich setzt er sich wie kaum ein anderer Hollywood-Filmemacher im großen Stil für Tier- und Naturschutz ein. Sicherlich war der „Avatar 2“-Regisseur genauso schockiert wie viele seiner Kritiker:innen, als er bei der Promo-Tour seines Anti-Walfangfilms (!) plötzlich vor einer Delfin-Show stand. In einer solchen Situation spontan richtig zu handeln, ist schwer.
Die Enttäuschung gegenüber James Cameron ist nach dem Delfin-Show-Auftritt verständlich und sabotiert die Botschaft seines Films. Doch dieser eine Fehltritt, der wohl unter sehr unglücklichen Umständen zustande kam, ist kein ausreichender Grund, um nun das jahrelange Naturschutz-Engagement und den guten Willen des Filmemachers grundsätzlich infrage zu stellen.
Schade ist, dass James Cameron bisher noch kein offizielles Statement abgeben hat. Stattdessen erreichte uns seine Erklärung über die Social-Media-Kanäle seiner befreundeten Kollegen. Warum er diesen Weg wählte, ist uns nicht bekannt. Wir können nur spekulieren, dass es dem Regisseur vertraglich untersagt ist, sich öffentlich zu der Delfin-Show zu äußern, und er deshalb eine private Mail an Psihoyos und Skerry schickte – möglicherweise sogar mit der Intention, dass sie auf diese Weise an die Öffentlichkeit gelangt.
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