Die bessere Jeans ist eine Bio-Jeans: Sitzt genauso gut wie eine normale, bringt aber deutlich weniger Gifte in die Umwelt und auf die nackte Haut. Jetzt hat auch Aldi Süd eine Bio-Jeans im Angebot – zum Kampfpreis von 15 Euro. Ist das gut?
Das Angebot von Aldi klingt wirklich super: Unter dem Slogan „So bequem kann Bio sein.“ bietet der Discounter eine Übersicht verschiedenster Produkte, die nachhaltiger sind als konventionelle Ware. Eine kleine Sensation sind Bio-Jeans (für 15€) sowie ein Pullover (10€), ein T-Shirt und ein Achselshirt (5€) sowie zwei verschiedene Sorten von Slips (je 4€).
Knaller! Oder doch nur wieder schwindliges Discounter-Bio?
Keineswegs: Aldi Süd kennzeichnet die genannten Produkte einerseits mit dem verbreiteten und vergleichsweise schwachen Siegel Oeko-Tex 100. Doch zusätzlich besitzen alle diese Produkte auch das GOTS-Siegel: Die GOTS-Richtlinien (Global Organic Textile Standard) gelten als streng und garantieren konsequent ökologische und sozial verträgliche Textilien entlang der gesamten Textil-Kette.
Umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien sind verboten, 70 Prozent der Fasern stammen aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft. Es kommt keine Gentechnik zum Einsatz. Das Siegel verspricht auch eine Abwasseraufbereitung, was bei Baumwolle wichtig ist.
Wie kann es aber dann so billig sein? Das fragen wir uns natürlich auch.
Bio-Jeans bei Aldi – kann so billig noch gut sein?
Zum preislichen Vergleich drei andere Beispiele aus der Discounter-Branche:
- Diese Bio-Jeans für Damen aus der H&M Conscious Collection kostet knapp 40 Euro. Das ist ebenfalls schon billig, jedenfalls im Vergleich zu Markenjeans über 100 Euro. Hier steht aber im Sinne der Nachhaltigkeit nicht die (nicht zertifizierte) Bio-Baumwolle im Vordergrund (23%), sondern das aus Zellulose gewonnene Textil Lyocell (67 Prozent). Ist also nicht direkt vergleichbar, zeigt aber doch, dass man auch für wenig Geld bereits Bio-Jeans bekommen kann.
- Diese Bio-Jeans für Herren von C&A kostet 19 Euro, auch viele der Damen-Jeans auf dieser Seite zu Jeans und Bio-Jeans liegen bei 15 Euro. Das ist deutlich vergleichbarer, allerdings handelt es sich dabei nur um Jeans mit Bio-Baumwolle ohne erkennbare Zertifizierung, ein strenges GOTS-Siegel ist dort für dieses Geld nicht zu haben. Aber: C&A verarbeitet inzwischen zu 40% Bio-Baumwolle und will bis 2020 100% draus machen.
- Diese Bio-Jeans von Tchibo kostet knapp 30 Euro und sind OCS-zertifiziert (OCS 100). Der dort verwendete, eher schwache Organic Content Standard legt allerdings nur den Anteil biologischer Fasern in den Produkten fest, berücksichtigt aber keine Produktionsprozesse oder Chemikalien, kümmert sich nicht um die Wasseraufbereitung und auch die sozialen Kriterien können nicht mit GOTS mithalten.
Das Angebot einer so preiswerten und noch dazu GOTS-zertifizierten Jeans bleibt also unschlagbar günstig.
Aldi hat verschiedenste Möglichkeiten, den Preis niedrig zu halten. So arbeitete die Textilbranche traditionell mit hohen Margen: Teils verdient der Händler 30% bis 60% (punktuell auch mehr) von dem, was das Kleidungsstück den Kunden kostet (was auch erklärt, warum zum Schlussverkauf die Preise so stark sinken können). Als Discounter kann Aldi diese Marge klein halten und dennoch Geld verdienen – einfach mit der schieren Masse. Lockt man damit Kunden in den Laden, ist auch schon ein ziel erreicht.
Auch wird Aldi Süd aufgrund der umgesetzten Warenmenge hier keinen nennenswerten Zwischenhandel mehr haben, sondern ohne Umwege bei einem Produzenten einkaufen können (deklariert ist die Hanson Im- und Export GmbH). Das kann man sogar positiv sehen, weil Sonderwünsche – wie hier offenbar die GOTS-Zertifizierung – wirksam vom Abnehmer (hier Aldi) formuliert werden können. Unser „Aber“: Zwar gehören etwas bessere Arbeitsbedingungen und Mindestlöhne zum GOTS-Siegel, es ist aber vor allem ein Siegel gegen Gifte und Umweltprobleme. Ausgesprochen „fair“ ist es nicht – auch das macht den niedrigen Preis.
Utopia meint: Aldi Süd macht mit GOTS-zertifizierten Jeans und andere Bio-Kleidung einen wichtigen Schritt. Denn jede Jeans, die als Bio-Jeans produziert und verkauft wird, ist im Vergleich die bessere Jeans. Gerade bei der Menge an Waren, die Aldi durchschleust, bewegt der Discounter hier gewiss größere Hebel als so manches engagierte, aber eben kleine Label.
Wir haben die Jeans probeweise gekauft und finden sie sowohl modisch als auch von der Verarbeitung her tadellos. Für den nächsten Schritt wünschen wir uns auch bei Aldi (Süd), dass man sich vermehrt dem Thema Fairness in der Produktion widmet und zusätzlich auf Zertifizierungen wir Fairtrade Certified Cotton oder Fair Wear Foundation setzt. Auch bedrängt Aldi Süd mit seinem Dumping-Angebot zwangsläufig die kleineren Anbieter von Bio-Jeans und Bio-Kleidung – dabei waren sie es, die diesen Markt erst aufgebaut haben.
Was sagt ihr zu dem Angebot von Aldi Süd? Schreibt uns in den Kommentaren!
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