Werbung für Bademode hat meist wenig mit der Realität zu tun: Sie zeigt Models, die den gängigen Standards der Branche entsprechen. Die Modekette H&M demonstriert jetzt, dass es auch anders geht – und bekommt dafür viel Zuspruch.
„Bikinis stehen eindeutig für Sommerglück und davon kann man doch niemals genug bekommen!“, heißt es aktuell auf der Facebook-Seite von H&M Deutschland. Der Werbespruch ist recht banal. Doch darunter sind Bilder zu sehen, die – leider – nicht unbedingt unseren Sehgewohnheiten entsprechen.
Ein Model mit Kurven und Dehnungsstreifen
Auf den Fotos posiert ein Model in einem hellblau geblümten Bikini. Und es sieht aus wie viele Frauen außerhalb der Modewelt, die keine Größe 34 oder 36 tragen: mit Kurven, ohne retuschierte Dehnungsstreifen und mit sichtbarer Armbehaarung. Der Clou dabei: Die Bilder stammen nicht aus einer speziellen Plus-Size-Serie, sondern sind Bestandteil der regulären Bademodenkollektion. Hier die Bilder auf Twitter:
So fügt sich das Model im Online-Shop wie selbstverständlich in die Reihe der Models mit konventionellen Maßen ein und präsentiert verschiedene Badeoutfits. Und genau das passiert in der Welt der Mode und der Werbung immer noch selten: gelebte Body Positivity und die ungezwungene Integration von Körpern, die vom vorherrschenden Schönheitsideal abweichen.
Die aus Amsterdam stammende Jill Kortleve, die für die Bilder gecastet wurde, ist zwar ein erfolgreiches Model und stand schon für große Labels vor der Kamera. Doch sie schafft es mit ihrer Natürlichkeit, dass sich mehr Frauen von der Hauptkollektion angesprochen und repräsentiert fühlen.
„Schön, endlich eine Frau mit ‚normaler‘ Figur“
Das zeigen die vielen positiven Reaktionen unter dem Facebook-Beitrag, zum Beispiel: „Wunderschöne Frau“, „Endlich weiß ich dann auch mal, wie der Bikini tatsächlich an mir aussehen würde. Wie oft hab ich schon etwas bestellt und es passte gar nicht zu meinem Körper. Ich hoffe, ihr bleibt dran und andere ziehen nach“ oder „Schön, endlich eine Frau mit ‚normaler‘ Figur in der Mode-Werbung und dann auch noch für Bademoden“.
Und der Modekonzern frohlockt: „Es ist natürlich klasse, dass scheinbar viele von euch sich mit dem hier gezeigten Model identifizieren können. Uns ist es eine Herzensangelegenheit Schönheit in allen Facetten zu zeigen und wir möchten betonen, dass es in unseren Augen kein bestimmtes Schönheitsideal gibt“, kommentiert H&M unter einem der lobenden Posts.
Es gibt auch eine Debatte darüber, was eigentlich „normal“ ist
Unter dem Beitrag findet sich aber nicht nur Zuspruch. Gerade wegen Kommentaren wie „Endlich mal ne normale Frau“ ist auch eine Debatte darüber entbrannt, was eigentlich „normal“ ist – und ob nun „alles andere abartig ist“. Einige weisen darauf hin, dass Body Positivity eben nicht bedeutet, schlanke Models abzuwerten: „#stopbodyshaming Alle Frauen sind normal und echt! An der Figur oder den Körpermaßen sollte das nicht festgemacht werden“ lautet ein Beitrag. Ein anderer: „Wieso kann man nicht jeden Menschen nehmen wie er ist? Auch schlanke Frauen sind normal. Genauso wie kurvige Frauen.“
Utopia meint: Es ist erfreulich, dass H&M hier bewusst vom Schönheitsstandard abweicht und sich bei der Präsentation seiner Mode der Realität seiner Kundinnen anpasst und auf mehr Vielfalt setzt. Aber Body Positivity allein reicht nicht. Wir würden uns wünschen, dass H&M auch konsequent nachhaltig und fair produziert. Solange das nicht der Fall ist, empfehlen wir die zertifizierten Marken und nachhaltigen Modelabels aus unserer Bestenliste.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Reportage: H&M vernichtet Kleidung – und sitzt auf unverkaufter Mode für 3,5 Milliarden Euro
- Mode aus Abfall: Wie nachhaltig ist die grüne H&M-Kollektion wirklich?
- Das ist die Frühlingsmode 2019 von Armedangels, Lanius & Co.
War dieser Artikel interessant?