Naomi Klein hat ein gutes Stück Systemkritik geschrieben. Utopia verrät, ob sich die Kaufentscheidung für das Buch lohnt.
Irgendwie sind wir doch alle Klimaleugner: „Wir schauen kurz hin, dann schauen wir wieder weg“, schreibt Naomi Klein in ihrem neuen Buch „Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima“. Damit meint die kanadische Journalistin zwar auch das Konsum-Verhalten jedes einzelnen, aber es geht ihr um weit mehr. Wie schon der Titel ankündigt, ist sie davon überzeugt, dass wir uns entscheiden müssen: Kapitalismus oder Klimawandel.
In gut marxistischer Tradition sieht Klein den notwendigen Systemwechsel nicht als Bedrohung, sondern als Chance. Warum etwa kann die Abschaffung der Sklaverei ein Vorbild für den Kampf gegen den Klimawandel sein? Die Antwort der Autorin lautet: Soziale Bewegungen haben damals die herrschenden Eliten gezwungen, Praktiken aufzugeben (Sklavenhaltung), mit denen diese ihre Stellung gefestigt haben.
Auch heute bräuchte es einen „Volksschock“ – einen Schlag von unten, der die Gewinner unseres Wirtschaftssystems dazu bringt, ihr klimaschädliches Handeln zu beenden. Damit meint sie vor allem die Unternehmensinteressen der fossilen Industrie.
Der Klimawandel sei „eine historische Chance“, um „eine Politik voranzubringen, die das Leben der Menschen immens verbessert, die Kluft zwischen Arm und Reich schließt (…) und die Demokratie von Grund auf wiederbelebt“.
Aus dem Zusammenhang gerissen klingen diese Sätze vielleicht naiv. Im Kontext des Buches wirken sie motivierend. Denn sie werden von viel Wissen über politische Prozesse und historische Ereignisse gestützt. Die Quellenangaben des Buches allein umfassen satte 130 Seiten.
Inspiration und ein fundiertes Wissen sind insgesamt die großen Stärken des Buchs. Naomi Klein fügt der zentralen, aber nicht neuen These „Kapitalismus ist die Hauptursache der Klimawandels“ so viel hinzu, dass diese nicht langweilt.
Die größte Schwäche knüpft daran an: Das Buch ist einfach zu lang. Vielleicht darf man so etwas gar nicht schreiben: Aber wer liest heute schon 700 Seiten?
Entscheidung: Kaufen oder nicht-kaufen?
„Kapitalismus vs. Klima“ ist kein Buch, mit dem man seinen Nachbarn Max Mustermann davon überzeugt, endlich verantwortungsvoll zu konsumieren. Zulegen sollten es sich Menschen, die sich tiefer mit politischen Prozessen, der Klimaskeptiker-Szene oder fragwürdigen Unternehmensinteressen befassen wollen.
Das Buch ändert wahrscheinlich nicht alles, wie es in großen Buchstaben auf dem Einband geschrieben steht – aber es ist definitiv ein gutes Stück Systemkritik.
Naomi Klein: Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima.
Fischer, 2015. 704 Seiten, 26,99 Euro.
Seit ihrem Buch „No Logo“ (2000) gilt die kanadische Journalistin Naomi Klein als Ikone der Globalisierungskritik.
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