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1,5 Prozent der Weltbevölkerung vertrieben: Kriege, Konflikte und ein weiteres Problem

Klimapass für Geflüchtete
Foto: CC0 Public Domain / pexels - Ahmed akacha

So viele Menschen wie nie zuvor sind aktuell auf der Flucht – das geht aus dem neuen Bericht des Flüchtlingshilfswerks UNHCR hervor. Gewalt und Kriege sind jedoch nicht die einzigen Gründe dafür.

Es ist ein trauriger Rekord: Mehr Menschen denn je sind aktuell auf der Flucht vor Gewalt, Krieg, Konflikten und Verfolgung. Im Mai waren es 120 Millionen, fast zehn Prozent mehr als vor einem Jahr, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Donnerstag in Genf berichtete. Es war der zwölfte Anstieg der Zahlen in Folge. Knapp 1,5 Prozent der gesamten Weltbevölkerung ist damit aus ihrer Heimat vertrieben, wie aus dem neuen Weltflüchtlingsbericht hervorgeht. „Hinter diesen drastischen und steigenden Zahlen verbergen sich unzählige menschliche Tragödien. Dieses Leid muss die internationale Gemeinschaft dazu veranlassen, dringend zu handeln und die Fluchtursachen zu bekämpfen“, sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi laut einer Mitteilung des UNHCR.

Der zahlenmäßig höchste Anstieg betrifft die Menschen, die innerhalb ihres eigenen Landes auf der Flucht sind – 68,3 Millionen Personen sind das, wie der UNHCR mitteilte. Dem Internal Displacement Monitoring Centre zufolge ist dieser Wert in den vergangenen fünf Jahren um fast 50 Prozent gestiegen. 43,4 Millionen Menschen brauchen mittlerweile internationalen Schutz. Die meisten dieser Menschen fliehen in Nachbarländer, da sie auf eine baldige Rückkehr in ihr Heimatland hoffen. Das sind jedoch oft Länder, die selbst relativ arm sind.

Deutschland hat nach den USA die meisten Asylgesuche

Bei den Menschen, die keine Chance auf baldige Rückkehr sehen, standen die USA und Deutschland hoch im Kurs: Die USA verzeichneten mit Abstand die meisten Asylanträge, insgesamt 1,2 Millionen. Danach folgte mit großem Abstand Deutschland mit rund 330.000 Anträgen, vor Ägypten, Spanien und Kanada.

Die Zahlen sind von Jahr zu Jahr nur bedingt vergleichbar, weil die Datenlage in manchen Ländern besser wird und die Erhebungsmethoden sich teils ändern. Rekorde beziehen sich auf den Zeitraum seit 1951, als das UNHCR erstmals Flüchtlingszahlen ermittelte.

Auf der Flucht: Die größten Vertreibungen 2023 

Der Machtkampf zwischen Armee und Milizen im Sudan und der israelische Krieg gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen gehören zu den Katastrophen, die 2023 Millionen Menschen ins Elend gestürzt haben. Große Vertreibungen gab es zudem in Myanmar und in der Demokratischen Republik Kongo.

Die Zahlen kompakt

120 Millionen Vertriebene weltweit, Stand Mai 2024. Der Bericht bezieht sich in seinen Analysen allerdings immer auf das Kalenderjahr 2023. Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren es 117,3 Millionen Vertriebene, acht Prozent mehr als Ende 2022. 68,3 Millionen suchten im eigenen Land Zuflucht. Diese Zahl ist 50 Prozent höher als vor fünf Jahren. Deutschland ist das Land mit der viertgrößten Flüchtlingsgruppe. Das UNHCR nennt die Zahl 2,6 Millionen, hinter dem Iran (3,8 Millionen), der Türkei (3,3 Millionen) und Kolumbien (2,9 Millionen). 

  • Sudan: seit April 2023 mehr als neun Millionen Vertriebene, darunter 1,9, die ins Ausland flüchteten.
  • Gazastreifen: 1,7 Millionen Vertriebene, rund 75 Prozent der Bevölkerung.
  • Myanmar: 2,6 Millionen Vertriebene durch die Kämpfe der Militärdiktatur gegen Aufständische, doppelt so viele wie ein Jahr zuvor.
  • Syrien: bleibt mit 13,8 Millionen Vertriebenen im In- und Ausland die größte Flüchtlingskrise weltweit.
  • Afghanistan: 10,9 Millionen Vertriebene, davon gut 6,4 Millionen im Ausland. Damit sind Afghanen die größte Gruppe von Flüchtlingen im Ausland.
  • Ukraine: 9,7 Millionen Vertriebene, rund 6 Millionen davon im Ausland.

Klimakrise verschärft Lage für Menschen auf der Flucht

Regionen, die durch Konflikte, Armut, Hunger und schlechte Regierungsführung geprägt sind, liegen auch dort, wo die Klimakrise besonders spürbar ist, heißt es in dem Bericht: „Ende 2023 lebten fast drei Viertel der gewaltsam Vertriebenen in Ländern, die hohen bis extrem hohen klimabedingten Gefahren ausgesetzt waren.“ Dazu gehörten die Demokratische Republik Kongo, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen. 

Der Kampf um Ressourcen in Zufluchtsländern, die vom Klimawandel stark betroffen sind, könne weitere Fluchtbewegungen auslösen, etwa dort, wo das Trinkwasser schon knapp ist, oder Dürre immer mehr Ernten vernichtet und Vieh mangels Wasser und Nahrung verendet. „Es ist höchste Zeit, dass die Kriegsparteien die grundlegenden Bestimmungen des Kriegsrechts und des Völkerrechts insgesamt respektieren. Ohne eine bessere Zusammenarbeit und gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung von Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und der Klimakrise werden die Vertreibungszahlen weiter steigen und weiteres Leid sowie kostspielige humanitäre Maßnahmen verursachen“, betonte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi.

Zusätzlich verwendete Quellen: UNHCR

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