20 Minuten in der Luft: Waren diese Flüge der EM-Mannschaften wirklich nötig? Von Ellen Schneider Kategorien: Mobilität & Verkehr Stand: 3. Juli 2024, 16:27 Uhr Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ John McArthur Nicht nur die Leistung der EM-Teams steht aktuell im Fokus – auch ihre An- und Abreisen sorgen für Trubel. Denn statt auf den Zug setzen viele Teams auf Kurzstreckenflüge. Eine Mannschaft setzte sich für nur 20 Minuten in den Flieger, für die deutsche National-Elf flog eine Maschine sogar viermal leer durchs Land. Vor dem Start der Fußball-Europameisterschaft der Herren kündigte die UEFA die nachhaltigste EM aller Zeiten an. Auch die Deutsche Bahn wurde in die Pläne einbezogen, für Fans stellt sie sogar Rabatte bereit. Es ist zwar die Anreise der Zuschauer:innen, die für die meisten Emissionen sorgt – dennoch irritiert das Flugverhalten der Spieler, die viele als Vorbilder sehen. Besonders dann, wenn sie die Strecken auch problemlos per Zug oder Bus zurücklegen könnten. https://utopia.de/news/statt-mannschaftsbus-diese-em-mannschaft-ist-mit-fahrrad-und-bahn-unterwegs_698362/ Ein Beispiel dafür ist der Flug der französischen Nationalmannschaft von Paderborn nach Düsseldorf. Die 124 Kilometer legte das EM-Team laut der Flugplattform Aero Telegraph per Flugzeug zurück und war somit gerade einmal 20 Minuten in der Luft. Ein Blick in die Bahn-App zeigt: Mit dem ICE wäre die Mannschaft innerhalb von zwei Stunden am Ziel gewesen, ebenso wie mit dem Mannschaftsbus. Auch das türkische Team sorgte jüngst für Wirbel. Die Spieler flogen in 25 Minuten 150 Kilometer von Hannover nach Hamburg – mit dem ICE hätten sie nicht einmal eine Stunde länger gebraucht. Vier Leerflüge beim Transport der deutschen Nationalmannschaft Nicht nur die Kurzstreckenflüge sind problematisch – teilweise müssen Maschinen für den Transport der Mannschaften auch leer fliegen. Dem Spiegel zufolge war das bei der deutschen Mannschaft der Fall. Für den Transport von Nürnberg nach Dortmund zum deutschen Achtelfinalspiel der EM flog das Flugzeug insgesamt viermal ohne Passagiere durch die Luft, wie das Magazin berichtete, und nur zweimal mit den Spielern an Bord. Das erklärt der Spiegel so: Das Flugzeug wird auch für Linienflüge eingesetzt, fliegt aber weder Nürnberg noch Dortmund normalerweise an. Darum musste das Flugzeug zuerst ohne Passagiere von München nach Nürnberg fliegen. Dort stieg die Nationalmannschaft zu und wurde nach Dortmund transportiert. Anschließend folgte ein weiterer Leerflug zurück nach München. In der Zwischenzeit wurde das Flugzeug nämlich für den normalen Linienbetrieb eingesetzt. Nach dem Spiel flog die Maschine erneut ohne Passagiere nach Dortmund, von wo aus es mit der Mannschaft im Gepäck zurück nach Nürnberg ging. Von Nürnberg zurück zu ihrem Einsatzort München flog die Maschine abermals leer. Eine Ausnahme vom strengen Nachtflugverbot, das eigentlich in Dortmund gilt, sei außerdem extra für die Nationalmannschaft genehmigt worden. https://utopia.de/news/dfb-koch-verraet-so-ernaehren-sich-die-nationalspieler-waehrend-der-em-v2_698197/ Kritik für unnötige Flüge Auch Umweltverbände äußerten sich bereits zu dem Flugverhalten der Mannschaften während der EM. Als „völlig unnötig“ bezeichnete Werner Reh, Verkehrsreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), den Kurzstreckenflug der türkischen Mannschaft gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa). „Der DFB inszeniert ein absurdes Flug-Hopping für die Nationalmannschaft und verspielt mit dieser ganzen Reihe an Ultrakurzflügen jeden Nachhaltigkeitsanspruch der EM“, sagte Marion Tiemann, Verkehrsexpertin von Greenpeace, im Gespräch mit dem Spiegel. Auf Kurzstreckenflüge innerhalb Deutschlands zu verzichten, müsse im Jahr 2024 möglich sein, kritisierte auch Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe gegenüber dem Deutschlandfunk. Mannschaftsbus ist das beliebteste Verkehrsmittel bei EM Allerdings ist das Flugzeug nicht das beliebteste Fortbewegungsmittel der EM-Mannschaften. Eine Erhebung des Deutschlandfunks zeigt: In der Gruppenphase sind die Teams mehr als 130 Mal zu einem Spiel an- und abgereist. In 61,5 Prozent der Fälle wurde dafür der Mannschaftsbus genutzt, 25,9 Prozent der Reisen erfolgten mit dem Flugzeug und 12,6 Prozent mit der Bahn. Die EURO 2024 GmbH – ein Gemeinschaftsunternehmen von UEFA und DFB – gab laut Deutschlandfunk an, dass die Anzahl der Flüge bereits deutlich reduziert wurde. Bei der EM 2016 in Frankreich sei das Flugzeug demnach noch das beliebteste Verkehrsmittel zur An- und Abreise gewesen: 75 Prozent der Reisen wurden demnach damit absolviert. Utopia meint: Kurzstreckenflüge sind vor allem deshalb so unnötig, weil das Umsteigen auf Bus und Bahn oft keine große Mehrbelastung mit sich bringt. Flüge hingegen belasten das Klima massiv und stoßen große Mengen an CO2 aus. Trotzdem sind Kurzstreckenflüge bei den Mannschaften beliebt. Das wird gerne damit gerechtfertigt, dass lange Fahrten die Leistungen der Spieler zu sehr beeinflussen könnten. Das Argument wäre verständlich, würde eine zehnstündige Nachtbusfahrt zur Debatte stehen – allerdings nicht, wenn die Zugreisen in manchen Fällen nur eine Stunde mehr beanspruchen würden als die Reise mit dem Flugzeug. Eine Bahnfahrt dürfte an den Leistungen der fitten Profi-Sportler wohl kaum etwas ändern. Natürlich entstehen die meisten CO2-Emissionen woanders, nämlich bei der An- und Abreise der internationalen Fans. Dennoch spielt auch das Flugverhalten der Nationalmannschaften eine Rolle. Denn die Spieler haben eine Vorbildfunktion und sollten sich dieser auch bewusst sein. Würden sie bewusst auf Kurzstreckenflüge verzichten, könnte das ein starkes Signal an die Fans senden. Verwendete Quellen: Spiegel, Deutschlandfunk, Aero Telegraph, dpa ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 9 5 Vielen Dank für deine Stimme! HOL DIR DEN UTOPIA NEWSLETTER Leave this field empty if you're human: