Stark schwankende Strompreise wie 2022 soll es künftig für Verbraucher:innen in Europa nicht mehr geben. Da sind sich die EU-Länder und das Europaparlament einig – der Strommarkt soll „stabiler, erschwinglicher und nachhaltiger“ werden. Was bedeutet das genau?
Verbraucher:innen in der EU sollen künftig besser vor ausufernden Strompreisen geschützt werden. Unterhändler:innen der EU-Länder und des Europaparlaments einigten sich am frühen Donnerstagmorgen in Straßburg auf eine Reform des europäischen Strommarkts. Neben stabileren Preisen soll mit den Neuerungen der Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Im Folgenden einige Fragen und Antworten:
Wie funktioniert der Strommarkt in der EU?
Der Strommarkt in der EU funktioniert nach dem sogenannten Merit-Order-Prinzip – auch weiterhin. Dies bezeichnet die Einsatzreihenfolge der an der Strombörse anbietenden Kraftwerke. Kraftwerke, die billig Strom produzieren können, werden zuerst herangezogen, um die Nachfrage zu decken. Das sind zum Beispiel Windkraftanlagen. Am Ende richtet sich der Preis aber nach dem zuletzt geschalteten, also teuersten Kraftwerk – oft Gaskraftwerke.
Warum wird der Strommarkt in der EU reformiert?
Wegen extrem gestiegener Strompreise im vergangenen Jahr waren Rufe nach einer Reform des europäischen Strommarktes laut geworden. Grund für die hohen Preise waren unter anderem explodierende Gaspreise wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Auch machte sich bemerkbar, dass zeitweise rund die Hälfte der französischen Atomkraftwerke wegen Defekten oder Wartungen ausfiel. Die Reform ziele darauf ab, den Strommarkt „stabiler, erschwinglicher und nachhaltiger“ zu machen, hieß es vom Europäischen Parlament.
Was gilt für Verbraucher:innen?
Grundlage für die nun gefundene Einigung war ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission aus dem Frühjahr. Dieser sieht vor, Privatleuten ein Recht auf Festpreisverträge als auch auf Verträge mit dynamischen Preisen zu geben. Die Länder sollen der Einigung nach mehr Maßnahmen ergreifen, um schutzbedürftige Kunden zu schützen, wie sie mitteilten. Nach Angaben des Grünen-Abgeordneten Michael Bloss auf der Plattform X (ehemals Twitter) soll es zudem mehr Verbraucherschutz durch transparente Stromrechnungen geben. Stromsperren – also Kund:innen den Strom abzudrehen – sollen ihm zufolge verboten werden.
Im Falle einer Strompreiskrise, die unter bestimmten Bedingungen von den EU-Ländern ausgerufen werden kann, sollen die Strompreise für schutzbedürftige und benachteiligte Kund:innen weiter gesenkt werden können, wie aus der Mitteilung der Länder hervorgeht.
Wie sollen Erneuerbare Energien ausgebaut werden?
Im Mittelpunkt der Reform stehen neue langfristige Verträge zwischen Regierungen und Stromerzeugern, sogenannte Contracts for Difference (CfDs). Mit diesen Differenzverträgen garantieren die Staaten Stromerzeugern einen Mindestpreis für Strom, wenn sie neue Investitionen tätigen. Gelten soll dies für Investitionen in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft und in Kernkraft.
Fällt der Marktpreis unter einen vereinbarten Preis, springt der Staat ein und gleicht die Differenz aus. Liegt der Preis höher, geht der Überschuss an den Staat. Auf diese Weise sollen Anreize für die heimische Erzeugung von sauberem Strom geschaffen werden.
Wie fallen die Reaktionen aus?
Die Fraktion der Grünen im Europaparlament könne die gefundene Einigung nicht unterstützen, sagte der deutsche Abgeordnete Bloss am Donnerstag. Zwar gebe es positive Elemente in der Einigung, etwa Fortschritte auf der sozialen Seite. Aber es seien zu viele Kohlesubventionen möglich. „Einen Tag nach der historischen Einigung bei der Klimakonferenz in Dubai beschließt die EU neue fossile Subventionen für die dreckigsten Kohlekraftwerke. Damit wird die EU komplett unglaubwürdig.“ Mit dieser Einigung könne die EU ihre Auszeichnung als Klima-Vorreiterin gleich wieder abgeben.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Einigung muss noch vom EU-Parlament und den Ländern formell bestätigt werden, bevor die Reform in Kraft treten kann.
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