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Autofahrende sollen auf ÖPNV umsteigen: Letzte Generation will Berlin lahmlegen

Berlin letzte Generation
Foto: Julian Stratenschulte/dpa, CC0 Public Domain- Unsplash/ wal_172619

Die Letzte Generation plant, Berlin auf unbestimmte Zeit lahmzulegen. Die ersten Störungen sollen am Mittwoch beginnen. Autofahrer:innen sollten auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, rät die Gruppe. Die Polizei richtet sich auf die Blockaden ein.

Hunderte Aktivist:innen der Gruppe Letzte Generation wollen Berlin auf unbestimmte Zeit lahm legen, um ihre Forderungen nach einer radikalen Klimawende durchzusetzen. Von Mittwoch an seien zunächst Störungen und Blockaden im Regierungsviertel geplant, ab Montag dann in der ganzen Hauptstadt, erklärte die Gruppe. Sie riet Autofahrer:innen zum Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr, um erwarteten Staus zu entgehen. Die Gewerkschaft der Polizei und die CDU kritisierte die Gruppe scharf. Auch die Grünen sind auf Distanz.

Letzte Generation will Berlin lahmlegen: Fordert Gesellschaftsrat

Die Letzte Generation hatte sich 2021 nach einem Hungerstreik gegründet und blockiert seit Anfang 2022 immer wieder den Verkehr. Meist kleben sich Teilnehmer:innen fest. Autofahrer:innen reagieren oft wütend, in einzelnen Fällen gingen sie auf Aktivist:innen los oder zerrten sie von der Fahrbahn. Hunderte Gerichtsverfahren laufen wegen Nötigung und anderer Delikte. Laut Umfragen lehnt eine Mehrheit die Protestformen der Gruppe ab, auch die Klimabewegung Fridays for Future äußerte daran Kritik.

Die Letzte Generation selbst geht dennoch von großem Rückhalt aus. Sie fordert einen Gesellschaftsrat mit 160 gelosten Mitgliedern, der das Ende der Nutzung von fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle oder Gas in Deutschland bis 2030 planen soll. Wissenschaftler:innen und Politiker:innen sind skeptisch, ob dies so schnell möglich ist. Nötig wäre zum Beispiel das Aus aller Autos mit Verbrenner, aller Gas- und Ölheizungen und aller Gas- und Kohlekraftwerke binnen sieben Jahren.

„Wir werden die Stadt friedlich zum Innehalten bringen“

Zu den geplanten Protesten in Berlin sagte Sprecherin Carla Hinrichs am Dienstag: „Wir werden die Stadt friedlich zum Innehalten bringen“. Was genau wo und wie geplant ist, hält die Gruppe üblicherweise geheim, zumal die Polizei strikt gegen die illegalen Aktionen vorgeht. 800 Aktivist:innen hätten sich angemeldet. Hinrichs bestätigte, dass der Protest unbefristet geplant sei. Die Regierung könne die Blockaden stoppen, wenn sie den Gesellschaftsrat einsetze oder einen Plan zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels vorlege.

Gemeint ist eine globale Erwärmung von nicht mehr als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Mit derzeit geplanten Klimaschutzmaßnahmen steuert die Erde nach Einschätzung von Wissenschaftler:innen auf eine viel stärkere Erhitzung von bis zu 2,8 Grad zu – mit katastrophalen Folgen wie vermehrten Stürmen, Überflutungen, Dürren, Ernteausfällen und Hungersnöten.

Polizei richtet sich auf Blockaden ein

Eine Sprecherin der Berliner Polizei sagte auf Anfrage, man richte sich auf die Blockaden ein, könne aber keine Details zur Einsatzplanung oder zu den erwarteten Orten nennen. Die Polizei hatte in den vergangenen Monaten Mühe, der Blockaden Herr zu werden. Möglich sind in Berlin bis zu 48 Stunden Präventivgewahrsam. Meist werden Ermittlungsverfahren eingeleitet und an die Justiz übergeben.

Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gab es bisher knapp 3.000 Ermittlungsverfahren und 800 Verdächtige. Die Polizei setzte rund 300.000 Arbeitsstunden ein. Die GdP warf den Demonstrant:innen „Guerilla-Aktionen“ und „extremistisches Gedankengut“ vor.

Alle Aktivist:innen seien sich bewusst, dass sie im Gefängnis landen könnten, sagte Hinrichs. Kritik konterte sie mit den Worten: „Wir sind Bürgerinnen, die sich zusammen geschlossen haben, um Widerstand zu leisten gegen eine Regierung, die gerade unsere Verfassung bricht.“ In der Bundespolitik ist kein Wille erkennbar, auf die Forderungen einzugehen.

Dobrindt fordert „Ingewahrsamnahme im Vorfeld“

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte die Aktionen. Im Gegensatz zu Fridays for Future, die etwa in Lützerath gegen den Braunkohletagebau protestiert hätten, richte die Letzte Generation ihre Proteste nicht gegen die Verursacher der besorgniserregenden Klimakrise. „Proteste wie die letzte Generation sie macht, wo sie im Endeffekt den normalen Menschen in ihrem Alltag auf die Nerven gehen, sie behindern, das hat mit Ursache und Wirkung nicht viel zu tun. Das verstehen die Leute auch nicht, und das ist aus meiner Sicht am Ende kontraproduktiv.“

Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, sagte: „Es droht, dass wir die hohe Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen mit solchen Aktionen verlieren. Klimaschutz zu erpressen, ist der falsche Weg.“

Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz kritisierte die geplanten Aktionen in Berlin scharf. In diesem Land dürfe jeder protestieren und demonstrieren, das sei Teil unserer Freiheit. „Aber dieser Teil unserer Freiheit endet da, wo pure Gewalt ausgeübt wird“, sagte er am Dienstag in Berlin. Die Klimaaktivisten seien keine Aktivisten, sondern Straftäter, führte er aus. Er appellierte an die Berliner Polizei, „alles zu unternehmen, um es nicht zu solchen Zwischenfällen kommen zu lassen, wie wir sie hier schon vor einiger Zeit gesehen haben.“ Der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, forderte zudem schärfere Gesetze und härtere Strafen. Gefängnisstrafen sollten öfter ausgesprochen werden und „auch eine Ingewahrsamnahme im Vorfeld solcher Straftaten muss möglich sein, um zu verhindern, dass ein solches Vorgehen weiterhin Blüten treibt“, sagte er.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja nannte die Letzte Generation im Deutschlandfunk „Extremisten“, die Bürger in Geiselhaft nähmen und mit Gewalt ihre Positionen durchsetzen wollten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht jedoch keinen Beleg für Extremismus bei der Letzten Generation. Die Aktivist:innen begingen Straftaten, die geahndet werden müssten, sagte Präsident Thomas Haldenwang Ende März. Die Grundhaltung der Gruppe sei jedoch, auf aktive Gewalt zu verzichten.

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