Mit Verbotszonen für Böller und Silvesterraketen wollen sich manche Städte und Gemeinden schützen. Ein Ausschnitt, was in welchen Bundesländern gilt.
Grundsätzlich ist das Böllern an Silvester bislang nicht verboten. Das Feuerwerk zum Jahreswechsel hat für viele Menschen Tradition – aber es ist eben auch nicht überall erlaubt.
In Baden-Württemberg etwa schließt sich Reutlingen mit einer Allgemeinverfügung anderen Städten an, in denen bereits seit einigen Jahren ein kommunales Böllerverbot gilt. In der Reutlinger Altstadt sind somit Böller und Raketen an Silvester tabu.
Oberbürgermeister Thomas Keck reagiert damit unter anderem auf einen Brand im vergangenen Jahr, wie die Stadt Reutlingen mitteilte: „Wir setzen damit ein klares Zeichen für den Schutz und den Erhalt unserer historischen Altstadt.“ Durch den „unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerk“ hatte nach Angaben der Stadt in der Silvesternacht 2022/2023 ein Haus in einer schmalen Gasse der Altstadt Feuer gefangen und benachbarte Gebäude in Mitleidenschaft gezogen.
Böllerverbot soll auch 2023 oft Gebäude schützen
Auch in der Tübinger Altstadt haben Raketen, Schwärmer, Knallkörper und Batterien an Silvester nichts zu suchen, wie eine Stadtsprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte. Seit dem Jahreswechsel 2009/2010 gelte ein striktes Feuerwerksverbot, um das historische Stadtzentrum vor Schäden zu schützen. Auslöser für das Verbot war – ähnlich wie in Reutlingen – der Brand eines Fachwerkhauses, der einen Millionenschaden verursacht hatte. Verstöße gegen das Verbot können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
In Konstanz dürfen nach Angaben einer Sprecherin zum Jahreswechsel ebenfalls seit einigen Jahren keine Feuerwerkskörper in der Altstadt gezündet werden. Die Stadt weist darauf hin, dass außerhalb dieser Zone nur in Deutschland zugelassenes, sicheres Feuerwerk verwendet werden sollte.
Innerhalb des Stuttgarter Cityrings ist auch in der Landeshauptstadt ein Feuerwerksverbot geplant. Auf dem Schlossplatz in Stuttgart finde wieder eine zentrale Silvesterfeier statt, teilte eine Sprecherin mit. In Abstimmung mit der Polizei werde eine Verordnung erlassen, die das Abbrennen und Mitführen von Feuerwerkskörpern in diesem Bereich verbiete. Damit sollen nach Angaben der Sprecherin die Besucher:innen der Innenstadt und des Schlossplatzes geschützt werden. Öffentliche Feuerwerke seien nicht geplant – alternativ läutet eine große Lichtshow auf der Schlossfassade den Jahreswechsel ein.
Verordnung zum Sprengstoffgesetz
Unabhängig von kommunalen Verboten und Einschränkungen gibt es bundesweite Regeln für das Silvesterfeuerwerk: Laut einer Verordnung zum Sprengstoffgesetz besteht ein Verbot für das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen wie Tankstellen.
Über diese bundesweit geltenden Regeln hinaus sind in Freiburg, Ulm, Mannheim, Heidelberg und Heilbronn keine Verbote geplant. Zwar könne die Gemeinde eine Zone festlegen, in der zum Schutz besonders brandempfindlicher Gebäude Feuerwerk verboten werde, teilte eine Freiburger Sprecherin mit. Ein solches Gebiet gebe es in Freiburg aber nicht. Unter anderem der Münsterplatz sei bereits vom bundesrechtlichen Verbot eingeschlossen. „Wie im letzten Jahr appelliert die Stadt aber an Bürgerinnen und Bürger, auf Raketen und Böller zum Jahreswechsel zu verzichten.“
In Karlsruhe gilt nach der bundesweiten Verordnung auf dem Schlossplatz und auf dem Marktplatz ein Böllerverbot, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. Auf dem Schlossplatz gebe es zudem ein böllerfreies Jahreswechselprogramm mit DJ und Lasershow.
Zentrale Feuerwerke sind nach Angaben der Sprecher:innen in keiner der angefragten Städte geplant.
Böllerverbot 2023: Einschränkungen in deutschen Großstädten
Und auch in anderen deutschen Großstädten gibt es Einschränkungen – unter anderem an zentralen Plätzen und beliebten Feierlocations in Berlin, Hamburg, München, Hannover, Bremen, Nürnberg, Trier, Weimar und Göttingen. Gründe sind auch hier die Sicherheit der Feiernden, der Schutz von Gebäuden und Infrastruktur vor Bränden durch verirrte Böller oder auch – wie in München – der Schutz der Tiere und Umwelt vor Feuerwerkskörpern.
Die Diskussion um mehr Böllerverbote an Silvester in Großstädten betrifft aber auch den Schutz der Einsatzkräfte. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren bewusste Schüsse auf Polizist:innen, Feuerwehren und Rettungsteams – und wenig Chancen, die Randalierer:innen zu fassen.
Hessens Städte rüsten sich ebenfalls für den Jahreswechsel. In einigen Innenstädten mit historischer Bausubstanz ist das Abfeuern von Feuerwerk auch in diesem Jahr verboten – Einsatzkräfte halten sich in Bereitschaft, teils finden verstärkt Kontrollen statt.
In Marburg zum Beispiel ist wegen erhöhter Brandgefahr in der Oberstadt mit ihren schmucken Fachwerkhäusern das Abfeuern von Raketen und Böllern grundsätzlich verboten – und das nicht nur an Silvester, sondern das ganze Jahr über. Das Verbot gelte für die komplette Oberstadt einschließlich Schloss und Schlosspark, für den Lutherischen Kirchhof sowie die Fläche vor der Elisabethkirche, teilte die Stadt auf dpa-Anfrage mit.
Stadt- und Ordnungspolizei seien wie in den vergangenen Jahren einsatzbereit, es werde aber nicht von einer erhöhten Gefahrenlage ausgegangen. Rund um das Landgrafenschloss gebe es außerdem verstärkte Kontrollen von Sicherheitskräften im Auftrag der Marburger Philipps-Universität. Um die Überreste der Böllerei zu beseitigen, werden am Neujahrsmorgen voraussichtlich 25 Mitarbeitende etwa vier Stunden im Einsatz sein. Die Personalkosten einschließlich Fahrzeug- und Entsorgungskosten dürften sich auf etwa 10.500 Euro belaufen.
In Fulda besteht ein Feuerwerksverbot in der gesamten Altstadt. Auch außerhalb der Altstadt gilt das Verbot an Stellen, an denen ein Sicherheitsabstand von acht Metern zu Fachwerkhäusern nicht eingehalten werden kann. Auch auf dem Domplatz dürfen nach Angaben der Stadt keine Böller und keine Raketen abgefeuert werden. Ein eigenes Feuerwerk der Stadt ist nicht geplant.
In Kassel gelten die üblichen Verbote in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Orten. Verbote bestehen zudem in den historischen Parks Karlsaue und Bergpark Wilhelmshöhe. Ein eigenes Feuerwerk plant die Stadt nach eigenen Angaben nicht. Städtische Reinigungsteams werden am frühen Neujahrsmorgen in zentralen Bereichen die Überreste der Silvesternacht beseitigen. Die Kosten dafür betragen den Angaben zufolge rund 5000 Euro.
Ansonsten werden die Bürger:innen gebeten, die Stadtreinigung zu unterstützen und abgebranntes Feuerwerk im Restmüll zu entsorgen, damit der Abfall nicht auf der Straße festfriert.
„Keine pyrotechnischen Gegenstände bei sich tragen“
In Bayern wird zum Jahreswechsel an etlichen Orten das Böllern verboten. In der Landeshauptstadt dürfen Feuerwerkskörper in der gesamten Fußgängerzone vom Münchner Marienplatz am Rathaus bis zum Stachus nicht abgebrannt werden, ebenso wenig am Viktualienmarkt. Das Verbot beruhe auf einer Gefahrenprognose des Polizeipräsidiums und gelte von Silvester 21.00 Uhr bis Neujahr um 2.00 Uhr, berichtete die Stadt. „Auch zum kommenden Jahreswechsel setzt München – wie schon in den vergangenen Jahren – auf den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt vor Feuerwerkskörpern.“
Am Viktualienmarkt soll das Verbot insbesondere Brände an den Marktständen verhindern, im Stadtzentrum geht es um die Sicherheit der Feiernden. Ergänzend gibt es auch ein Böllerverbot im Bereich der Umweltzone des Mittleren Rings in München. Dort geht es aber nur um Knaller, andere Feuerwerkskörper wie Fontänen sind erlaubt. „Wer sich nicht an die Verbote hält, muss mit einem Bußgeld rechnen“, warnt die Verwaltung.
Rund um die staatlichen Schlösser und Burgen im gesamten Freistaat dürfen am 31. Dezember und 1. Januar keine Raketen gezündet werden. Es bestehe erhöhte Brandgefahr, betonte die Schlösserverwaltung. „Raketen, Böller und Funkenflug gefährden die historischen Gebäude erheblich.“
Die Stadt Augsburg hat bereits seit etlichen Jahren ein generelles Feuerwerksverbot im Zentrum. Dabei ist nicht nur das Zünden von Böllern und Raketen verboten: „Wer in der Innenstadt unterwegs ist, darf auch keine pyrotechnischen Gegenstände bei sich tragen“, betont die Stadt. Auch Glasflaschen und Dosen seien an Silvester dort nicht erlaubt.
In Regensburg wird heuer wieder die historische Steinerne Brücke über der Donau für alle Fahrzeuge und auch Fußgänger gesperrt. Zudem gilt in der Altstadt ein weiträumiges Feuerwerksverbot. Auch in der Oberpfälzer Welterbestadt ist schon das Mitnehmen von Böllern und Raketen untersagt.
In Nürnberg gibt es rund um die Burg ein strenges Verbot. Dort wird ein Sicherheitsdienst an Silvester auch Taschen kontrollieren, damit kein Feuerwerk mitgenommen wird. In weiteren Gegenden der Altstadt ist zwar nicht verboten, wenn man Pyrotechnik dabei hat, die Nutzung ist aber untersagt. „Schilder kennzeichnen alle Verbotsbereiche, die Polizei kontrolliert“, betont die Stadtverwaltung.
In Nordrhein-Westfalen haben sich Kommunen und Städte Böllerverbotszonen vorbehalten. In Köln etwa wird erstmals eine großflächige Böllerverbotszone zwischen Rhein und den Ringen entstehen, schreibt die Rheinische Post (RP). Demnach sind auch rund um den Kölner Dom gar keine Feuerwerkskörper erlaubt.
In der Düsseldorfer Altstadt gilt eine Allgemeinverfügung. Sie sieht laut RP ein „Mitführ- und Abbrennverbot“ für Feuerwerksraketen und Böller vom 31. Dezember (20.00 Uhr) bis zum 1. Januar 2024 (6.00 Uhr) vor.
Münster schränkt das Silvesterfeuerwerk insofern ein, als dass am Domplatz, auf dem Prinzipalmarkt und auf dem Bahnhofsvorplatz nicht geböllert werden darf.
In Bochum soll es zum Jahreswechsel eine Böllerverbotszone in der Innenstadt geben. In Krefeld gibt es eine Schutzzone rund um den Zoo, heißt es.
Zwischen Eigenverantwortung und Umweltbedenken
In Sachsen-Anhalt dürfen die Menschen auch in diesem Jahr in der Silvesternacht an den meisten Orten Feuerwerkskörper zünden. Nur etwa in der Nähe von Krankenhäusern oder Fachwerkhäusern gibt es wie in den vergangenen Jahren ein Böllerverbot, wie eine Umfrage der dpa unter den Kommunen im Land zeigt.
Unter anderem in der Innenstadt von Quedlinburg ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern verboten. Dadurch sollen die historischen Fachwerkhäuser geschützt werden. Denn in der Nähe von brandempfindlichen Anlagen wie Fachwerkhäusern gilt nach Angaben der Stadt ein gesetzliches Verbot. Die Altstadt von Quedlinburg steht seit 1994 auf der Liste des Weltkulturerbes. Gleiches gilt für die Innenstadt von Wernigerode mit ihren Fachwerkhäusern.
Auch in anderen Städten von Sachsen-Anhalt gibt es entsprechende Regelungen etwa in Bitterfeld-Wolfen um und auf dem Bitterfelder Bogen. In den meisten Kommunen ist ein Böllerverbot jedoch kein Thema. Man habe als Einheitsgemeinde dafür seit der Gründung keinen Grund gehabt, hieß es etwa aus Gerbstedt (Mansfeld-Südharz). Die Menschen sollten selbst entscheiden, teilte die Stadt Braunsbedra (Saalekreis) mit.
Die Stadt Wernigerode (Landkreis Harz) plant nach eigenen Angaben über das gesetzliche Verbot in der Innenstadt hinaus keine weiteren Verbotszonen. Derartige Vorstöße werden aber aus ökologischen Gesichtspunkten unterstützt, wie eine Stadtsprecherin sagte. Schließlich werde durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern die Umwelt zusätzlich belastet.
In Naumburg soll dem Gemeinderat im kommenden Jahr ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der ein Verbot von Feuerwerkskörpern rund um das Unesco-Weltkulturerbe Naumburger Dom vorsieht sowie für die Kuranlagen in der Stadt Bad Kösen.
Es bleibt vielerorts beim Appell, auf das Feuerwerk zu verzichten
In Thüringen sehen große Kommunen dem Böllern in der Silvesternacht gelassen entgegen. Insbesondere in Altstädten dürfen Böller und Raketen vielerorts ohnehin nicht gezündet werden.
„In Jena gibt es keine Notwendigkeit von Einschränkungen oder Verboten“, sagte etwa Stefanie Braune von der Stadtverwaltung Jena. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die Lage durch Feuerwehr und Rettungsdienst immer beherrschbar gewesen sei. Auch aus Umwelt-, Naturschutz- oder Immissionsschutzgründen ließen sich derzeit keine harten Gründe für etwaige Verbote ableiten. Die Stadt beschränke sich deshalb darauf, die Bevölkerung über ihre Social-Media-Kanäle zu sensibilisieren und zur gegenseitigen Rücksichtnahme aufzurufen.
Auch die Stadt Eisenach belässt es bei einem Appell zum Verzicht. Ähnlich sieht die Strategie in der Landeshauptstadt aus. Die Erfurter Stadtverwaltung werde in diesem Jahr lediglich mit einer Kampagne an die Bürger:innen appellieren, auf das Silvesterfeuerwerk zu verzichten, sagte Sprecherin Heike Dobenecker. In der Waffenstadt Suhl gibt es während der gesetzlich festgelegten Böllerzeit keine weiteren Einschränkungen.
Klare Verbote gibt es etwa in Mühlhausen: Dort besteht in der gesamten Altstadt ein Abbrennverbot für Böller und Raketen, wie eine Sprecherin sagte. Die Mühlhäuser Altstadt sei das zweitgrößte Flächendenkmal im Freistaat. „Aufgrund der engen Bebauung, der erschwerten Zugänglichkeit und der Beschaffenheit der Gebäude ergeben sich sowohl ein deutlich erhöhtes Risiko zur Entstehung eines Brandes als auch ein sehr großes potentielles Schadensausmaß im Brandfall.“
Was spricht noch gegen Böller an Silvester?
Insbesondere Tierschützer:innen appellieren seit vielen Jahren an alle Feiernden, an Silvester generell auf Pyrotechnik zu verzichten. Denn viele Haustiere müssen sogar mit Medikamenten ruhiggestellt werden, weil sie sonst panisch werden. Auch Wildtiere leiden unter dem Spektakel. „Für viele Menschen bedeutet das Feuerwerk zu Silvester Spaß, für Tiere dagegen oft Stress“, betont der Deutsche Tierschutzbund.
Die Deutsche Umwelthilfe fordert von der Bundesregierung, „den privaten Kauf und Gebrauch von Pyrotechnik zu Silvester dauerhaft zu beenden“. Die Böller und Raketen seien nicht nur gefährlich, sie sorgten auch für Umweltverschmutzung. „Am 1. Januar ist die Luft vielerorts mit Feinstaubwerten belastet, die die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Grenzwerte deutlich überschreiten“, heißt es in einem Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Auch die Umwelthilfe verweist darauf, dass es die Tierwelt besonders schlimm treffe, weil die Vierbeiner die Knallgeräusche nicht einordnen könnten. „Für Haus-, Wild- und sogenannte Nutztiere bedeutet die Knallerei Stress, Panik und häufig auch Todesangst.“ Den offenen Brief haben online mittlerweile mehr als 180.000 Personen unterzeichnet. Die Umwelthilfe strebt die Unterstützung von 300.000 Menschen an.
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