Kann die Welt der eskalierenden Klimakrise etwas entgegensetzen? Sie will es immerhin versuchen. Ab heute kommen Zehntausende für diese Herkulesaufgabe zusammen – die Klimakonferenz (COP28) findet ausgerechnet in einem Ölstaat statt.
Zum Ende des Jahres, das wohl das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird, berät die Weltgemeinschaft über ihre Zukunft. Staats- und Regierungschefs – ja sogar der Papst und König Charles III. – ringen um die Frage: Was tun wir, damit es nicht noch sehr viel heißer wird und der Klimawandel weitaus drastischere Schäden anrichtet? Rund 70.000 Unterhändler:innen, Journalist:innen, Aktivist:innen und Fachleute treffen sich ab dem 30. November zwei Wochen lang zur UN-Weltklimakonferenz in Dubai. Vor allem der Verkauf von Erdöl hat die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) reich gemacht.
Ein Überblick, worum es dabei geht und was auf dem Spiel steht.
Die anstehende Klimakonferenz – auch COP28 genannt – ist schon das 28. Treffen dieser Art. Was soll das Ganze also eigentlich noch?
Zweifel daran, dass die Krise auf diesen Konferenzen gelöst wird, sind berechtigt. Die Prozesse sind schwerfällig, die Vereinbarungen oft freiwillig. Und doch: Allein die Tatsache, dass sich Vertreter von rund 200 Staaten zusammenfinden, ist nicht selbstverständlich. Alle beteiligten Staaten, selbst China oder Russland, erkennen damit de facto an: Wir haben ein gemeinsames Problem.
COP28 – Kommt denn dabei irgendetwas heraus?
Immerhin: In Paris haben sich die Staaten 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad – besser 1,5 Grad – zu begrenzen. Die meisten Staaten haben dieses Abkommen ratifiziert, sich also dazu verpflichtet, ihre Klimapolitik damit in Einklang zu bringen. Das galt damals als Durchbruch. Allerdings: Seitdem ist längst nicht genug passiert. „Das taucht auch regelmäßig in den Beschlüssen der Klimakonferenzen auf, aber Papier ist bekanntermaßen geduldig. Passieren tut hinterher viel zu wenig“, hält Jan Kowalzig, Experte für Klima-Diplomatie bei Oxfam, fest. Da viele Staaten weiterhin stark abhängig von Kohle, Öl und Gas sind, ist es bislang etwa nicht gelungen, sich auf den Klimagipfeln klar zum Ausstieg aus den fossilen Energien zu bekennen.
Und das soll nun ausgerechnet in Dubai klappen?
Die Erwartungen in diesem Bereich sind gedämpft, zumal die Präsidentschaft dabei kaum Ambitionen erkennen lässt. Der Gastgeber der Konferenz, Sultan al-Dschaber, ist gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, der zahlreiche neue fossile Projekte plant. „Da hat man den Bock zum Gärtner gemacht“, meint Greenpeace-Chef Martin Kaiser. Stattdessen soll in Dubai ein ehrgeiziges neues Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien vereinbart werden. Außerdem geht es um einen Finanztopf für Schäden und Verluste, und es steht erstmals seit Paris eine offizielle Bestandsaufnahme auf der Agenda: Ist die Welt auf Kurs bei der Eindämmung der Krise?
Sind die Staaten denn auf Kurs?
Nein, sie sind weit davon entfernt, wie aktuelle Analysen belegen. Statt auf 1,5 Grad steuert der Planet derzeit nach Angaben der Vereinten Nationen bis zum Ende des Jahrhunderts auf fast drei Grad zu – und auch das nur, wenn alle Zusagen der Staaten eingehalten werden, wonach es aktuell nicht aussieht. Eine entscheidende Frage der COP28 wird sein, wie diese Lücke geschlossen werden soll.
Ist der Klimawandel dann überhaupt noch zu stoppen?
Zu stoppen nicht, aber zu begrenzen. „Jedes Zehntelgrad zählt“, ist auch die Devise von UN-Klima-Chef Simon Stiell. Schon heute sorgt der Klimawandel in aller Welt für heftigere und längere Hitzewellen, verheerende Überschwemmungen, Stürme und Dürre – und das schon bei rund 1,2 Grad Erwärmung. Je heißer, desto größer die Klimaschäden.
Sind die Klimakonferenzen dann sinnlos?
Kowalzig, ist wie viele andere Fachleute der Meinung, dass die Konferenzen zwar viel zu wenig erreichen, aber es ohne sie noch schlechter aussähe. Zwar sei man noch weit von den Pariser Zielen entfernt. „Aber immerhin laufen wir derzeit auf eine Erwärmung von etwas unter 3 Grad zu, vor zehn Jahren sah es noch nach über 4 Grad aus“, so Kowalzig. „Damit darf man sich keinesfalls zufriedengeben, denn auch 2 Grad oder 3 Grad bedeuten gewaltige Umwälzungen in vielen Ländern, katastrophale Ernteschäden, absaufende Inselstaaten, langfristig unbewohnbare Landstriche – und die Erosion der Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen.“
Ukraine-Krieg, Gaza-Krieg, fehlendes Geld – sind da überhaupt noch gemeinsame Fortschritte beim Klimaschutz denkbar?
Die Weltlage nimmt die Aufmerksamkeit von Politik und Medien stark in Anspruch. „Wieviel politisches Investment man in den Klimaprozess stecken kann, hängt eben auch von den übrigen Themen der Weltlage ab“, hält Experte Kowalzig fest. Gleichzeitig kann Klimaschutz aber auch ein gemeinsamer Nenner sein, wenn man sich sonst bei vielem uneins ist. So gingen etwa von den großen Klima-Verschmutzern USA und China zuletzt positive Signale aus: Kurz vor dem Gipfel zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping haben sich beide Länder zu einer verstärkten Zusammenarbeit im Kampf gegen die globale Erderwärmung verpflichtet. Man wolle diese verstärken, teilten die Länder Mitte November gemeinsam mit – die Klimakrise sei „eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“.
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