Der Corona-Notstand wurde vergangene Woche für beendet erklärt. Doch das Virus bleibt gefährlich. Was bedeutet das nun für die Bevölkerung in Deutschland? Diese Bevölkerungsgruppen sollten sich weiterhin impfen lassen.
Am Freitag erklärte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, Corona als internationalen Gesundheitsnotstand für beendet. Die Notstandserklärung 2020 galt vor allem als Alarmsignal für die Bevölkerung. Jetzt hob die WHO diesen Status auf und verwies dabei auf die gestiegene Immunität durch Impfungen und Infektionen, wodurch Infektionszahlen und die Sterblichkeit zurückgehen. Dennoch zeigte sich der WHO-Chef bei der Verkündung nicht in Feierlaune, wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichtet. Demnach mahnte er, die Gefahr sei nicht gebannt, das Virus sei hier, um zu bleiben.
Konkrete Auswirkungen hat die Beendigung des Corona-Notstandes nicht, da dennoch jedes Land für sich die eigenen Schutzmaßnahmen festlegen kann. Wie Victoria Fan vom Center for Global Development dem Nachrichtenportal Vox erklärte, hätten sich bereits viele Länder anderen politischen Prioritäten wie der Inflation oder steigenden Schulden zugewandt. Fan sieht das Ende des Gesundheitsnotstandes als „eine Art kollektives Achselzucken„. Doch diese Einstellung hat WHO-Chef Ghebreyesus laut RND befürchtet. Demnach sei es „das Schlimmste, was ein Land jetzt tun könne“, wenn diese Nachricht dazu führe, dass Systeme abgebaut werden und die Bevölkerung nicht mehr wachsam ist. Stattdessen gehe es jetzt darum, ein langfristiges Pandemiemanagement zu erarbeiten.
Corona-Virus bleibt für einige Menschen gefährlich
Der Virologe Björn Meyer vom Universitätsklinikum Magdeburg sieht die momentane Zeit als „Art Übergangsphase“. Im Gegensatz zur Grippe infizieren sich Menschen nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer mit dem Corona-Virus. Laut dem Experten ist bisher noch unklar, wie lange es braucht, „bis eine Immunität der globalen Bevölkerung die Infektionsdynamik so verändern kann, dass das Virus sich hier primär nur noch in Wintermonaten gut ausbreiten kann.“ Wie das RND ihn zitiert, könne dieser Prozess „schleichend“ erfolgen und „noch einige Jahre“ dauern.
Infektionshochzeiten werden jedoch im Herbst und Winter bleiben, schätzt Epidemiologe Timo Ulrichs von der Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin, wie das RND berichtet. Daher sollten sich Krankenhäuser und Kliniken in diesen Zeiten auf mehr Patient:innen mit Atemwegserkrankungen einstellen. Wie hoch der Ansturm auf die Krankenhäuser sein wird, hänge laut dem Virologen Meyer vor allem damit zusammen, wie stark das Virus in den kommenden Jahren krank machen werde. Gefährlich bleibe es aber dennoch: Einige Menschen – darunter solche mit Vorerkrankungen, Immungeschwächte und Ältere – erkranken nach wie vor schwer. Ebenso komme das Risiko für Long Covid hinzu.
Impfungen gegen das Corona-Virus
Für manche Menschen wird daher eine Impfung als Schutz gegen das Corona-Virus empfohlen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat Ende April in einem Plan beschrieben, wer sich impfen lassen sollte. In erster Linie sind das Risikogruppen. Für Menschen ab 60, Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab einem Alter von sechs Monaten sind in der künftigen Empfehlung jährliche Auffrischimpfungen vorgesehen. Bevorzugter Zeitpunkt ist der Herbst, wie von der Grippeschutzimpfung bekannt. Das soll schweren Krankheitsverläufen vorbeugen. Diese Booster-Empfehlung gilt zudem für Menschen, die in Medizin und Pflege arbeiten und dadurch ein erhöhtes Infektionsrisiko haben.
Für gesunde Erwachsene bis 59 Jahre sind der Stiko zufolge zunächst keine weiteren Auffrischimpfungen geplant. Menschen aus dieser Gruppe sollten eine Basisimmunität aufgebaut haben: durch mindestens zwei Impfungen plus Auffrischimpfungen oder Infektion.
Wird Corona zum Grippevirus 2.0.?
In Zukunft könnte das Corona-Virus durch die Impfung ähnlich wie die Grippe behandelt werden. Martin Stürmer, Virologe und Leiter des IMD Labor Frankfurts, sieht es dennoch nicht als Grippevirus 2.0. Denn die Krankheitsschwere und die Sterblichkeit sei höher als bei der Grippe, zitiert ihn das RND. Es sei noch schwer abzuschätzen, ob das Coronavirus künftig eher ein „unauffäliger Alltagsbegleiter“ sein wird oder doch „anstrengend, nervig und fordernd“. Das hänge damit zusammen, wie sich das Virus weiter entwickelt. Zuletzt wurde die Coronavirus-Variante XBB.1.16 auf die Beobachtungsliste genommen. Auch in Deutschland wurde die Variante, auch bekannt unter dem Namen Arcturus, nachgewiesen.
Durch wenige Infektionen kann die Entwicklung des Virus ausgebremst werden. Laut dem Epidemiologen Ullrichs könne es theoretisch noch einmal eine Variante mit einem pandemischen Potenzial geben. Aber je länger die aktuelle Lage mit geringen Infektionsraten anhalte, desto unwahrscheinlicher werde eine solche Variante.
Mit Material der dpa
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