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Corona und Weihnachten: Jetzt noch eine Booster-Impfung?

Corona und Weihnachten: Jetzt noch eine Booster-Impfung?
Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Nicole Michalou; Marijan Murat/dpa

Die Weihnachtsfeier, das große Familienessen: Dieses Jahr werden die Feiertage wohl wieder geselliger. Wie sinnvoll ist es daher, auf Nummer sicher zu gehen – und sich eine weitere Auffrischungsimpfung gegen Corona zu holen?

Im vergangenen Jahr haben einige Menschen kurz vor den Feiertagen noch eine Auffrischungsimpfung gegen Corona bemüht. Jetzt steht die Adventszeit wieder an – und damit Weihnachtsfeiern, Festessen im großen Kreis, Verabredungen auf dem Weihnachtsmarkt.

Viele Kontakte, viele Chancen für das Coronavirus. Da stellt sich für manche die Frage: Sollte ich dem Virus jetzt mit einer weiteren Auffrischungsimpfung etwas entgegensetzen, um möglichst sicher feiern zu können? Eine Entscheidungshilfe und warum die Coronaschutzimpfung nicht der einzige Piks ist, um den es geht.

Was ist in diesem Jahr überhaupt anders als vergangenes Jahr zur selben Zeit?

„Die Immunkompetenz in der Bevölkerung ist deutlich höher“, sagt Christoph Spinner, Oberarzt und Infektiologe am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. Heißt: Mittlerweile hat nahezu jede:r Antikörper gegen Corona gebildet, ob durch Infektionen oder Impfungen.

In der Immunebridge-Studie, die vom Bundesforschungsministerium gefördert wird, ist von 95 Prozent der Bevölkerung die Rede – deutlich mehr als vor einem Jahr. Damit sei der Großteil der Menschen in diesem Herbst bis Winter moderat bis gut gegen schwere Corona-Verläufe geschützt, heißt es dort.

Aber natürlich ist Immunität keine „Ganz oder gar nicht“-Angelegenheit, sondern lässt viele Abstufungen zu. Nach einer Impfung oder Infektion lässt die Immunität mit der Zeit nach. Bei einigen Menschen langsamer, bei anderen schneller.

Wem genau wird eine vierte Impfung empfohlen?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt derzeit vier Personengruppen eine vierte Impfung gegen Corona. Dazu zählen alle Personen ab 60 Jahren. Auch wer von einer Immunschwäche betroffen ist und damit ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hat, dem rät die Stiko zu einer weiteren Impfung. Das gilt für Erwachsene und für Kinder ab fünf Jahren.

Zudem gilt die Empfehlung für Bewohner:innen von Pflegeheimen und für alle, die in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen tätig sind – insbesondere mit direktem Patient:innenkontakt. Zwischen der Auffrischungsimpfung und der letzten Impfung oder Infektion sollten laut Stiko-Empfehlung mindestens sechs Monate liegen.

Infektiolog:innen werben dafür, dass alle, die unter die Stiko-Empfehlung fallen, diese auch wahrnehmen. Ältere etwa profitieren laut Christoph Spinner gleich doppelt von einer vierten Impfung: „Das Immunsystem von Älteren lernt einfach schlechter Antikörper für Atemwegserreger zu bilden.“ Und ihr Immunsystem verlernt schneller, sich gegen Erreger zu wehren.

Am Ende bleibt es die eigene Entscheidung. Wer sich unsicher ist, sucht am besten das Gespräch mit eine:r Hausärzt:in, rät Prof. Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt der Sektion Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Und wenn ich nicht unter die Stiko-Empfehlung falle?

„Bei allen, die unter 60 sind und keine relevanten Vorerkrankungen haben, sprechen wir von einer individuellen Entscheidung„, sagt Christoph Spinner. Sie müssen also abwägen: Welchen zusätzlichen Nutzen kann eine weitere Impfung für mich persönlich haben?

Julian Schulze zur Wiesch hat dafür einen Tipp: „Die Stiko-Empfehlung lässt sich auch auf das Private beziehen.“ Ein Beispiel: Wenn die Stiko Pflegekräften zu einem weiteren Piks rät, kann der auch angebracht sein, wenn an den Feiertagen die 90-jährige Großmutter mit Vorerkrankungen mitfeiert.

Ein Faktor, der bei der Entscheidung eine zentrale Rolle spielt, ist der Zeitpunkt des letzten Kontaktes mit dem Virus – ob durch Infektion oder Impfung. „Wer im Oktober mit Corona infiziert war, wird sich wahrscheinlich zu den Feiertagen nicht wieder infizieren“, sagt Schulze zur Wiesch. In den ersten vier bis zwölf Wochen nach der Infektion sei die Wahrscheinlichkeit, sich erneut anzustecken, reduziert, so Spinner. Ausgeschlossen ist es aber nicht.

Laut Spinner ergibt es bei jungen Menschen ohne relevante Vorerkrankungen wenig Sinn, früher als sechs Monate nach dem letzten Kontakt mit dem Virus ein weiteres Mal zu impfen. Liegt der Kontakt so kurz zurück, werde eine Impfung kaum zusätzlichen Nutzen bringen.

Bei jungen und gesunden Menschen, deren Immunsystem sich leichter stimulieren lässt als bei älteren, kann es bei einer zu frühen Impfung sogar dazu kommen, dass die Immunantwort schwächer ausfällt, als wenn man die Impfung erst später verabreicht hätte.

Was ist eigentlich mit der Grippeschutzimpfung?

In diesem Winter könnte es eine besonders starke Grippewelle geben. Nach Beobachtungen des Robert Koch-Instituts hat sie in dieser Saison früher eingesetzt als in vergangenen Jahren.

„Zwei Jahre Maske, Abstand und Hygieneregeln haben dafür gesorgt, dass die Immunität gegenüber Influenza und anderen Atemwegserregern in der Bevölkerung zurückgegangen ist, weil sich weniger Menschen damit infiziert haben“, sagt Spinner. Deshalb hat es die Grippe gerade besonders leicht.

Er rät vor allem den Über-60-Jährigen zur Grippeschutzimpfung, „denn auch die Influenza kann eine todbringende Krankheit sein“.

Und Jüngere? Spinner empfiehlt ihnen, die Möglichkeit von Impfungen, beispielsweise über den Arbeitgeber, zu prüfen. „Wer die Möglichkeit zur Grippeschutzimpfung hat, kann das tun – es gibt viele gute Gründe dafür. Wer möchte schon eine Woche krank zu Hause liegen?“

Wann ist der perfekte Zeitpunkt für die Impfung, wenn ich an den Feiertagen gut geschützt sein will?

Wenn es um den Booster gegen Corona geht: „Am besten drei bis vier Wochen vor der Feier„, sagt Julian Schulze zur Wiesch. Allerspätestens Mitte Dezember sollte man seinen Impftermin im Kalender stehen haben, wenn man vom vollständig aufgebauten Impfschutz an den Feiertagen profitieren will.

Allerdings: „Wenn man eine Indikation hat, sollte man auf keinen Fall auf etwas warten“, sagt Schulze zur Wiesch. Natürlich besteht auch vorher schon ein gewisses Infektionsrisiko.

Und gerade bei der Influenza kann es sinnvoll sein, den Impftermin nicht allzu lange hinauszuzögern. „Einfach, weil die Wahrscheinlichkeit gerade so groß ist, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Restaurants auf Menschen mit Atemwegserkrankungen zu treffen“, sagt Spinner.

Wo bekomme ich überhaupt eine weitere Auffrischungsimpfung?

Anlaufstellen sind Hausärzt:innen. Dort findet auch Beratung, wer sich bei der Entscheidung noch unsicher ist. In einigen Bundesländern gibt es weiterhin Impfzentren oder Impfaktionen. Einen Überblick bietet das Bundesgesundheitsministerium.

Auch Apotheken dürfen Impfungen anbieten. Über das Portal mein-apothekenmanager.de findet man Apotheken, die gegen Corona, aber auch gegen die Grippe impfen.

Wo man sich nun auch den nächsten Piks abholen möchte: Am besten prüft man vorab, ob die Praxis, das Impfzentrum oder die Apotheke nur diejenigen impft, die unter die Stiko-Empfehlung fallen oder auch alle anderen, die sich dafür entscheiden.

Impfung bei Kindern im Alter bis zu vier Jahren

Einige Wochen nach der Zulassung eines niedriger dosierten Corona-Impfstoffs für Kleinkinder in der EU empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) dessen Einsatz nur bei Risikofaktoren. Die Impfempfehlung werde für vorerkrankte Kinder im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren ausgesprochen, teilte das Expert:innengremium am Donnerstag mit. Auch Frühgeborene, die das zweite Lebensjahr noch nicht vollendet haben, trügen ein erhöhtes Risiko und sollen nach Stiko-Auffassung geimpft werden. Bereits in den vergangenen Wochen war die noch nicht finale Empfehlung in Medien thematisiert worden.

Nach Prüfung der verfügbaren Daten spreche man im Augenblick keine generelle Impfempfehlung für die Gruppe der kleinen Kinder aus, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens. Die Kinder von sechs Monaten bis vier Jahren seien mit ihrem noch in Entwicklung befindlichen Immunsystem eine besondere Altersgruppe: Man könne sie nicht als „kleine Erwachsene“ betrachten. Dem Virologen zufolge wertet die Stiko die Erkenntnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit des Vakzins in der Altersgruppe als noch begrenzt. In der Begründung zur Empfehlung heißt es, dass Kinder bis zu vier Jahren „als besonders sensibel für Effekte von Arzneimittelnebenwirkungen angesehen“ würden.

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